Lüneburg. Drei denkmalgeschützte Häuser im Wasserviertel sind stark beschädigt, 39 Menschen ohne Wohnung. Doch es gibt erste gute Nachrichten.

Die Stimmung ist ruhig, fast gespenstisch: In den Fenstern stehen Blumen in kleinen Vasen, im ersten Stock ist ein Wäscheständer aufgeklappt, im zweiten sind die Fenster zum Lüften geöffnet. Ein Fahrrad parkt vor dem Hauseingang und sieht aus, als habe es jemand vergessen.

Das ganz normale Leben scheint sich in den Wohnhäusern rund um die Nummer 5 am Reichenbachplatz in Lüneburg abzuspielen. Doch das Bild trügt. Ein verheerender Brand hat am frühen Sonntagmorgen das Leben von 39 Menschen, die hier lebten, jäh gestört. Ein junger Mann kam bei dem Feuer ums Leben, zwei weitere Bewohner mussten im Krankenhaus behandelt werden. Doch es gibt auch erste gute Nachrichten aus dem Wasserviertel.

Großfeuer in Lüneburg: Drei Häuser in der Altstadt sind nicht mehr bewohnbar

Am Tag danach sind die Spuren natürlich sichtbar. Ein paar Meter von den liebevoll dekorierten Fenstern der drei denkmalgeschützten Häuser flattert rot-weißes Band zwischen den Absperrgittern der Polizei. Die Haustüren sind mit gelbem Klebeband versiegelt, auf der Straße liegen verkohlte Reste des abgebrannten Dachgeschosses herum.

Dachstuhlbrand in Lüneburger Altstadt
In einer Dachgeschosswohnung entdeckten die Einsatzkräfte am Sonntag eine Leiche. © DPA Images | Philipp Schulze

Feuer, Rauch und Löschwasser haben große Teile der drei Mehrfamilienhäuser unbewohnbar gemacht. Alle Bewohner konnten vorübergehend bei Freunden oder Verwandten unterkommen. Zudem können zwei verletzte Personen voraussichtlich auch am Montag das Krankenhaus wieder verlassen. Wann sie wieder in ihre Wohnungen ziehen können, ist noch nicht absehbar.

Am Montagnachmittag kam jedoch ein erster Lichtblick aus dem Rathaus mit dieser Nachricht: Zumindest die Eigentümer und die Mieter der beiden äußeren Häuser, Nummer 4 und 5a, können die Gebäude wieder betreten. Bauaufsicht und Polizei haben keine Bedenken bezüglich der Sicherheit mehr. Die Absperrung muss aber zunächst größtenteils bestehen bleiben, da nach Angaben einer Stadtsprecherin noch Dachziegel herabfallen können.

Im Nachbarhaus haben zwölf Therapeuten und Coaches ihre Praxisräume

Direkt neben dem nun gesperrten Häuserensemble am Reichenbachplatz liegt das Haus Nummer 3. Hier haben ein Dutzend Therapeuten, Coaching-Experten und Ärzte ihre Räume. Sie behandeln und unterstützen Kinder mit Lernschwierigkeiten, Menschen mit Traumata oder Erwachsene mit ADHS.

Nach dem Brand sind drei Häuser unbewohnbar. Die Dekoration in den Fenstern erinnert daran, dass hier bis vor Kurzem ganz normaler Alltag herrschte.
Nach dem Brand sind drei Häuser unbewohnbar. Die Dekoration in den Fenstern erinnert daran, dass hier bis vor Kurzem ganz normaler Alltag herrschte. © Lena Thiele | Lena Thiele

„Wir haben großes Glück gehabt“, sagt Thomas Stammwitz, der im Erdgeschoss unter anderem einen Sportraum an Yoga-, Ballett- und Tanz-Trainerinnen vermietet. Auch Fitnesskurse der Polizei werden hier angeboten. Die Brandschutzmauer habe dafür gesorgt, dass das Haus nicht vom Feuer beschädigt wurde. Alle Angebote könnten wie gewohnt weitergehen, berichtet Stammwitz.

Brandschutzmauer zwischen denkmalgeschützten Häusern erfüllt ihren Zweck

Dennoch sind die Menschen im Haus Nummer 3 von dem Unglück betroffen. „Das Ganze ist tragisch“, sagt Thomas Stammwitz. „Unser Mitgefühl gilt unseren Nachbarn.“

Auf der anderen Seite, im Haus Nummer 7, ist ein Laden für Handyreparaturen. Auch hier ist man froh, dass die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle bekommen hat. Sie hätten erst aus der Zeitung von dem Feuer erfahren, sagt der Verkäufer. „Wir waren ja am Sonntag nicht hier. Gut, dass es den Laden nicht getroffen hat.“

Feuer in Lüneburg: Ermittler der Polizei untersuchen die abgesperrten Wohnhäuser

Der Brand war am Sonntag gegen 4.45 Uhr im Obergeschoss des mittleren Hauses ausgebrochen. Der Qualm zog über die Altstadt und war noch mehrere Kilometer entfernt zu riechen. Die Ermittlungen zur Ursache dauern an. Am Montag untersuchten Polizisten und Statiker die betroffenen Gebäude, auch Zeugen wurden befragt.

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Bisher gebe es keine Hinweise auf vorsätzliche Brandstiftung, sagt ein Sprecher der Polizeidirektion Lüneburg. Ein technischer Defekt oder fahrlässiges Verhalten der Bewohner können dagegen noch nicht ausgeschlossen werden.  

„Mein tiefes Mitgefühl ist bei den Angehörigen und Freunden der Opfer“, sagte Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch nach dem Brand. „Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft in diesen Tagen.“ Ein Brand in der Altstadt berge aufgrund der engen Bebauung besonders große Gefahren. Durch den schnellen Einsatz der Feuerwehr sei noch Schlimmeres verhindert worden.

Schon wieder brennt es in der Lüneburger Altstadt – schon wieder kostet das Feuer ein Menschenleben

Erst am vergangenen Mittwoch war bei einem Brand in Lüneburg ein Mensch ums Leben gekommen. Mehrere Wohnungen in einem Haus im Stadtteil Zeltberg waren nach dem Feuer unbewohnbar. Von den 14 Menschen, die dort wohnten, konnten einige bei Bekannten unterkommen, die meisten brachte die Stadt im Familienobdach unter.