Für die gesamte Opposition in der Bürgerschaft steht fest: Der SPD-Senat ist mitverantwortlich für die schweren Krawalle der vergangenen Wochen. Bürgermeister Scholz klagt indes über die Medien.
Hamburgs SPD-Senat ist nach Ansicht der Bürgerschafts-Opposition für die jüngsten Krawalle mitverantwortlich. „Seit Monaten entwickelt sich eine Gewaltspirale mit den schwersten politischen Krawallen seit über 20 Jahren“, sagte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich am Donnerstag in einer hitzigen Aktuellen Stunde.
Doch statt zu handeln, heize Innensenator Michael Neumann mit mangelnder Sensibilität die Lage noch an, während Bürgermeister Olaf Scholz (beide SPD) fast gar nicht in Erscheinung trete. Nach Ansicht der Linken-Innenexpertin Christiane Schneider ist das wirkliche Problem in dieser Stadt „ein Senat, der alles großartig zu managen meint und Kritik nicht einmal versteht“. Der Senat habe einen großen Anteil an der Eskalation der vergangenen Wochen und Monate, betonte sie.
Bürgermeister Scholz wies die Vorwürfe zurück, verwies vielmehr auf die Medienberichterstattung der vergangenen Wochen: „Es ist ein Bild gezeichnet worden, das mit der Wirklichkeit Hamburgs nichts zu tun hat.“ Hamburg sei eine liberale, soziale Stadt. Und dass das so bleibe, dafür engagiere sich der Senat. Scholz nannte als Beispiele den Wohnungsbau oder die Ausländerpolitik. Er verneinte, dass eine Rettung der maroden Esso-Häuser an der Reeperbahn die Gewalt am 21. Dezember verhindert hätte. „Die Tatsache, dass viele aus ganz Deutschland angereist (...) sind, ist der sicherste Hinweis dafür, dass es keinen solchen Zusammenhang gibt – und dass wir uns das als Demokraten in dieser Stadt auch nicht gefallen lassen dürfen.“
In den vergangenen Wochen war es in der Hansestadt zu zahlreichen Ausschreitungen gekommen, wobei sich die schlimmsten Krawallen mit vielen Verletzten am 21. Dezember bei einer Demonstration für den Erhalt des linksautonomen Kulturzentrums „Rote Flora“ ereigneten. Da es danach laut Polizei zu weiteren Übergriffen auf Polizisten und Reviere kam, wurde am 4. Januar ein Gefahrengebiet in großen Teilen St. Paulis, des Schanzenviertels und Altonas eingerichtet – was zu neuerlichen Protesten führte. Nach neun Tagen hob die Polizei die zwischenzeitlich verkleinerten Sonderzonen wieder auf. Insgesamt hatte sie nach eigenen Angaben fast 1000 Mal Bürger kontrolliert.
Alle Fraktionen waren sich in der Aktuellen Stunde einig, dass Gewalt kein Mittel der Politik sein dürfe. „Es gibt in Deutschland keine Situation, in der es gerechtfertigt ist, einem Polizisten einen Stein ins Gesicht zu schlagen“, sagte Wersich. Gleichzeitig verlangte er „ein klares Signal gegen die Verharmlosung linksextremer Gewalt und für unsere Hamburger Polizei“. Innensenator Neumann nannte die Attacken auf Polizisten Angriffe auf die Gesellschaft. „Das dürfen wir Demokraten nicht zulassen.“
Gleichzeitig beklagte sich Neumann, dass eine gemeinsame Erklärung aller Fraktionen zur Gewalt gescheitert sei – die CDU wollte die verletzten Polizisten in den Vordergrund stellen, Grüne und Linke auch die verletzten Demonstranten nennen. Er sei enttäuscht. „Dass dieses Thema nun von verschiedenen Seiten als politischer Streitgegenstand missbraucht wird, ist kein gutes Zeichen für die politische Kultur dieses Hauses“, sagte der Innensenator – was die Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn mit dem Wort „Unverschämtheit“ quittierte. Sie warf dem Senat vor, Polizisten Probleme lösen lassen zu wollen, die sie gar nicht lösen könnten.
Niemand wolle das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen, sagte die Grünen-Innenexpertin Antje Möller. Gleichwohl dürfe das aber nicht bedeuten, dass jede Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Polizeieinsätzen verboten sei. Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschefin Katja Suding. Die Ausübung des Gewaltmonopols benötige eine strenge Kontrolle. Außerdem müsse der Senat endlich ein Konzept gegen linke Gewalt vorlegen – so wie es dieses gegen rechte Gewalt schon längst gebe.