Lesen Sie hier alle wichtigen Informationen zu der Debatte um den Verkauf des autonomen Kulturzentrums im Hamburger Schanzenviertel.
Wem gehört die Rote Flora?
Der Hamburger Immobilieninvestor Klausmartin Kretschmer, 55, hat die Rote Flora am 26. März 2001 von der Stadt für 370.000 Mark gekauft, was damals als Verkehrswert galt. Mit dem Kauf trat er laut Vertrag in das bestehende Nutzungsverhältnis mit dem Verein Flora e.V. ein. Die Vereinbarung regelt, dass „alle Um-, Aus- und Erweiterungsbauten sowie dekorative Herrichtungen“ der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Stadt bedürfen. Kretschmer hat sich verpflichtet, das „Gebäude ausschließlich zu gemeinnützigen Zwecken, und zwar zum Betrieb eines gemeinnützigen Stadtteilkulturzentrums“ zu nutzen oder durch Träger nutzen zu lassen. Innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf hätte Kretschmer die Flora nur mit Zustimmung der Stadt weiterveräußern dürfen.
Warum gibt es jetzt Ärger?
Kretschmer spricht seit dem Ablauf der Zehnjahresfrist 2011 davon, dass er die Flora verkaufen will. Mehrere seiner anderen Immobilien standen zwischenzeitlich zur Zwangsversteigerung. Den Kaufpreis von 1,1 Millionen Euro, den ihm die Stadt anbot, lehnte er ab. Verschärft wurde die Situation, als Kretschmer am 3. Oktober 2013 beim Bezirksamt Altona einen Vorbescheidsantrag für den Bau eines Veranstaltungszentrums mit großem Saal, Gastronomie- und Einzelhandelsflächen einreichte. Das ist kein Antrag auf Baugenehmigung, sondern eine unverbindliche Anfrage. Seine Baupläne sowie die Räumungsdrohung vor Weihnachten haben die Floristen buchstäblich auf die Barrikaden getrieben.
Was hat die Stadt bisher unternommen?
Nachdem erste Verkaufsverhandlungen zwischen Kretschmer und der Stadt 2011 abgebrochen wurden, hat der Bezirk Altona den Bebauungsplan Sternschanze 7 auf den Weg gebracht, der am Freitag rechtsgültig wird. Die Flora samt Grundstück wird darin als „Fläche für den Allgemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Stadtteil-Kulturzentrum“ dauerhaft festgelegt. Eine andere Nutzung, selbst ein Um- oder gar Neubau, ist dann nicht mehr möglich. Ein Anspruch auf Entschädigung besteht laut Bezirksamt nicht, weil das Gebäude bereits als ein solches Zentrum genutzt wird. Kretschmer sieht darin aber eine „kalte Enteignung“ und will den Plan per Klage zu Fall bringen.
Kann Kretschmer die Flora räumen?
Dass die Rote Flora nicht gemietet, sondern besetzt ist, macht nach Einschätzung von Mietrechtsexperten kaum einen Unterschied. Beides sei eine sogenannte Gebrauchsüberlassung, einmal gegen Geld und einmal ohne Zahlung. Eine Räumung wäre daher nur nach längerer gerichtlicher Auseinandersetzung möglich – wenn überhaupt.
Was hat der Senat jetzt vor?
Der Senat macht geltend, dass Kretschmer mit seinen Bauplänen, die im Bauvorbescheidsantrag zum Ausdruck kommen, gegen das Bauverbot im Kaufvertrag verstoße, und setzen ihm eine Frist, um die Anträge zurückzunehmen und das Gebäude an die Stadt für 1,1Millionen Euro zu verkaufen. Tatsächlich räumt der Vertrag der Stadt unter Punkt 12 das Recht ein, das Grundstück zurückzukaufen, falls Kretschmer gegen die Vereinbarungen verstößt. Als Kaufpreis legt der Vertrag die ursprüngliche Summe von 2011 fest.
Ist die rechtliche Position des Senats tatsächlich so klar wie von ihm behauptet?
Das scheint nicht sicher. Die Stadt hat ihr Wiederkaufsrecht im Grundbuch eintragen lassen, sich im Vertrag aber verpflichtet, den Eintrag nach zehn Jahren zu löschen. Das ist am 28.März 2011 passiert. Aus Sicht Kretschmers war das Wiederkaufsrecht auf zehn Jahre befristet. Nach Auffassung der Stadt besteht die vertragliche Regelung unabhängig von der Löschung des Grundbucheintrags weiter.