Hamburg. Der auf Bayreuth abonnierte Tenor Klaus Florian Vogt kam mit einem Wagner-&-Co.-Programm in die Elbphilharmonie.

Das Pensum dieses Wagner-und-umzu-Konzerts, überschaubar anstrengend, singt ein bayreuthgestählter Heldentenor wie Klaus Florian Vogt wahrscheinlich locker auf einem Stimmband ab und geht danach ernsthaft üben. Erstaunlicher war bei Vogts Auftritt am Freitag in der Elbphilharmonie eher, wie weit unterhalb dieser Augenhöhe die Symphoniker Hamburg und erst recht deren Gastdirigent Christoph Gedschold mit der Akustik und der Binnenbalance zu rangieren hatten, bevor alles halbwegs wie gedacht ineinandergriff. Immerhin ist Gedschold ansonsten Musikdirektor der Oper in Wagners Geburtsstadt Leipzig.

Das „Meistersinger“-Vorspiel jedenfalls ist ein sehr anständiges und sehr diffiziles Stück, das man tunlichst nicht so breit, wackelnd, breiig und desinteressiert abfertigen sollte, dass es allerhöchstens nach unkonzentrierten Gesellensingern klingt. Vogt war danach clever genug, um sich für Stolzings „Fanget an“ seitlich hinter dem Orchester zu positionieren, diese erste Kostprobe seiner leuchtstarken Stimmgeschmeidigkeit versprach dort noch, was spätere Arien souverän halten sollten.

Elbphilharmonie: Vogt und Wagner? Eine Traumkombination

Auch in Webers „Freischütz“-Ouvertüre kam das Tutti über gediegenes und geheimnisreduziertes Mittelmaß kaum hinaus; der deutsche, romantische, finster bewaldete Schauer ließ sich nicht im Klangbild blicken. So schön Vogt auch das „Durch die Wälder, durch die Auen“ kredenzte, sein Trostpreis-Aroma in der Nachbarschaft von Wagner wurde dieses Repertoire, dem Vogt mittlerweile entwachsen ist, nicht los.

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Die drei satt orchestrierten Strauss-Lieder, beginnend mit dem Zugaben-Hit „Zueignung“, waren lediglich ähnlich, aber letztlich nur anders löblich: Sie zeigten eine Facette seiner gestalterischen Möglichkeiten, die man von dieser unverdunkelten Tenorstimme sicher gern auch mal hört, aber nicht unbedingt, um jeden Preis erleben will. Weil es letztlich so viel überwältigender und stimmiger ist, wenn er seinen Schwan sattelt und sich in Lohengrin verwandeln kann oder, wie kürzlich in Dresden beim Rollen-Debüt, sogar in Tristan.

Klaus Florian Vogt als Tannhäuser in Tobias Kratzers Bayreuther  „Tannhäuser“-Inszenierung. Kratzer tritt 2025 sein Amt als Intendant der Hamburger Staatsoper an.
Klaus Florian Vogt als Tannhäuser in Tobias Kratzers Bayreuther „Tannhäuser“-Inszenierung. Kratzer tritt 2025 sein Amt als Intendant der Hamburger Staatsoper an. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Enrico Nawrath

Nach der Pause folgte feines Bayreuther Allerlei auf Autopilot deluxe. Orchester und Dirigent bemühten sich wacker, beim „Walkürenritt“ im Sattel zu bleiben. In Siegmunds „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ aber war er dann, wie auf Knopfdruck und mit der ersten Silbe voll da, dieser Zauber dieser Stimme, mit dieser Musik. Selbst Gedschold wurde davon inspiriert und traute sich anschließend tapferer ins „Lohengrin“-Vorspiel zum 1. Aufzug. Dass man dort immer noch sehr gut heraushörte, wie feinschimmernd und ätherisch das Streicherflirren zu sein hat und wie sich Unsicherheiten auswirken, wenn ein Dirigent die Lautstärke der Bläser nicht in den Griff bekommt, all das machte Vogt singend, glänzend, ritterlich strahlend wieder wett.

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Lohengrins „Höchstes Vertraun“? Schon toll. Die Gralserzählung, das Herzstück dieser Märchenoper? Überhaupt nicht überraschend ganz toll, mit einer effektsicher besungenen Taube und der geradezu überirdisch leuchtenden Grals-Nennung. Textklarheit und -intensität, da macht Vogt bei dieser Partie so schnell niemand mehr etwas vor. Und nach dem angenehm knackigen Vorspiel zum 3. Aufzug sang Vogt Lohengrins tragischen Abschied derart anrührend, dass jedem im Saal klar war, warum bewundernde Stoßseufzer seit der Uraufführung anno 1850 gern mit „Mein lieber Schwan!“ enden.

Aktuelle Einspielung: Schubert „Die schöne Müllerin“ Klaus Florian Vogt, Ensemble Acht (cpo, CD ca. 20 Euro)