Hamburg. Warum die Trägerin des Rita Tanck-Glaser Schauspielpreises sich irre freut – und sich trotzdem nicht so gern dafür bedankt.
Man muss sich Catrin Striebeck an diesem Dienstagabend im Nachtasyl unter dem Dach des Thalia Theaters, als eine glückliche Preisträgerin vorstellen: strahlend, lachend, fröhlich. Soeben hat sie den Rita Tanck-Glaser Schauspielpreis 2023 erhalten. In Form einer Statue, die, so hatte es Gesa Engelschall, geschäftsführender Vorstand der Hamburgischen Kulturstiftung, zu Beginn der Feierstunde erläutert, die Thalia-Werkstatt aus altem Bühnenparkett gestaltet hat. Vielleicht glitzert sie nicht ganz so wie andere Preise, aber sie hat Gewicht. Genau wie diese Auszeichnung.
„Ich habe mich noch nie so sehr über etwas gefreut, was ich von einer Lehrerin bekommen habe“, so Catrin Striebeck mit ihrem erfrischenden Humor. 1996 hatte die theaterliebende Oberstudienrätin Rita Tanck-Glaser den Preis ins Leben gerufen, der Hamburger Schauspielerinnen und Schauspieler mit herausragenden Leistungen ehren sollte. Nach ihrem Tod 1999 vermachte sie einen Teil ihres Vermögens der Hamburgischen Kulturstiftung mit der Auflage, den Preis weiter in ihrem Namen zu verleihen.
Thalia Theater Hamburg: Catrin Striebeck ist einfach eine Klasse für sich
Die Entscheidung der fünfköpfigen Jury aus Franziska Autzen, Stefan Forth, Ulrike Maack, Barbara Müller-Wesemann und Stephan Schad fiel einstimmig auf die 1966 in Wien geborene Catrin Striebeck. Die Preisverleihung gerät zur fröhlichen Feier auch für die zahlreich erschienene Familie und viele Freunde. „Catrin, du bist einfach eine Klasse für sich“, sagt Thalia-Ensemblemitglied und Laudatorin Christiane von Poelnitz, eine enge Freundin und Weggefährtin am Wiener Burgtheater von 2009 bis 2016, bevor Striebeck – nach Erfolgsjahren in den Ensembles vom Schauspielhaus Bochum, der Volksbühne Berlin und im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg – den Sprung in die Selbstständigkeit wagte.
Ihre Rede ist eine bewegende, ungeheuer warmherzige Liebeserklärung an die enge Freundin. „Du hast eine so ungeheure Präsenz und jede deiner Figuren bleibt einem im Gedächtnis haften“, so von Poelnitz. „Wenn du spielst, verwandelst du dich, aber du verstellst dich nie.“
Catrin Striebeck: „Man kann doch auch sagen, toll, dass ihr mich im Ensemble habt!“
In ihrer Dankesrede begründet dann Catrin Striebeck sehr überzeugend – obwohl sie sich irrsinnig freue („ja geil!“) – warum sie eigentlich nicht mehr „danke“ sagen wolle. Als Schauspielerin werde einem sehr oft suggeriert, dass man dankbar zu sein habe. Auch ihr haben viele Intendanten und Regisseure gesagt, wie dankbar sie sein könne für diese oder jene prominente Rolle. „Man kann doch auch sagen, toll, dass ihr mich im Ensemble habt, dass ihr das besetzen könnt“, so Striebeck.
Selbstbewusst, aber auch spontan und humorvoll präsentiert sich die Künstlerin an diesem Abend. Die Dotierung mit 10.000 Euro ermögliche ihr, wie sie sagt, weiterhin wählerisch zu sein. Denn das ist sie. Sie ist kein Gesicht, das einem aus jeder Vorabendserie entgegenlächelt. Striebeck sucht sich ihre Projekte aus, und das können dann eben auch so unterschiedliche Arbeiten sein wie die Rolle als Gretchen in Christoph Marthalers „Faust 1 und 2“, ihre mehrjährige Zusammenarbeit mit René Pollesch etwa in www.slums.de (1991 bis 2004), ihre Glanzleistung in Fatih Akins frühem Meisterwerk „Gegen die Wand“ (2004) oder im Kontrast dazu auch einige Staffeln im anarchischen Serienhit „Die Discounter“.
Thalia Theater: Catrin Striebeck könne gern häufiger auf Hamburgs Bühnen sehen
Ja, man würde sie gerne wieder häufiger auf Hamburgs Bühnen sehen. So wie zuletzt an den Hamburger Kammerspielen in „Die Vodkagespräche“. Die Chancen dafür stehen gut, denn Catrin Striebeck hat ein neues Projekt in Arbeit. Gemeinsam mit dem Pianisten Jonas Landerschier und dem Saxofonisten Lieven Brunckhorst entwickelt sie einen Abend über den Jazz-Musiker Thelonious Monk und die denkwürdige Rolle, die die einflussreiche New Yorker Baroness Pannonica de Koenigswarter in seiner Karriere spielte. Die ehemalige Diplomatengattin aus dem Hause Rothschild war Jazz-Liebhaberin und wurde in den 1950er-Jahren eine wichtige Förderin für die damalige Jazz-Szene. Derzeit verfasst der Autor Klaus Pohl einen Text aus dem von Striebeck recherchierten Material.
Eine kleine Kostprobe gibt sie an diesem Abend im Nachtasyl zum Besten und wie immer würde man ihr gern noch länger zuhören. Gleiches gilt für die famos aufspielenden Musiker Landerschier und Brunckhorst, die die komplexen, exzentrischen Soundstrukturen Monks erstaunlich sicher meistern. Auf die fertige Performance kann man sich jetzt schon freuen.
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Catrin Striebeck reiht sich ein in eine hochkarätige Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger des Rita Tanck-Glaser Schauspielpreises: Elisabeth Schwarz (1998), André Jung (2000), Peter Kurth (2004) und Norman Hacker (2006) zählen unter anderem zu den bereits Geehrten. Zuletzt gab es bedingt durch organisatorische und stiftungsrechtliche Gründe eine 13-jährige Pause. Künftig soll sich die Reihe aber alle zwei Jahre weiter fortsetzen.