Hamburg. Ticketpreise erstmals erhöht. Plaza-Eintritt wieder auf der Agenda. Das Defizit des Konzerthauses wird sich mindestens verdoppeln.
Erst Corona, jetzt steigende Energiekosten und die Folgen des Krieges gegen die Ukraine: Die Elbphilharmonie in Hamburg befindet sich nach wie vor in extrem schwierigen Zeiten – sogar die Existenz des Konzerthauses ist offenbar bedroht, wie aus der aktuellen Berichtsdrucksache der Kulturbehörde an die Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) hervorgeht.
In dem Schriftssatz heißt es: "Die derzeitigen Entwicklungen bei den Energiekosten drohen zu einer existenziellen Belastung für die ELBG (Anm.d.Red. Elbphilharmonie und Laeiszhalle Betriebsgesellschaft mbH) zu werden." Aktuell betragen die Energiekosten in beiden Konzerthäusern eine Million Euro.
Elbphilharmonie: Defizit wird sich wegen Energiekosten verdoppeln
"Sollten sich die ohnehin schon hohen Energiekosten so entwickeln, wie zum Teil prognostiziert, dürfte sich das Defizit der ELBG von derzeit circa 2,6 Millionen Euro mindestens verdoppeln", heißt es weiter. Es erscheine unwahrscheinlich, dass in diesem Szenario das Defizit über ein entsprechendes Anheben des Plaza-Eintritts und der Vermietungspreise kompensiert werden könne.
Jedoch wird nicht nur die Elbphilharmonie von den steigenden Energiekosten bedroht, wie Kulturbehördensprecher Enno Isermann dem Abendblatt am Sonnabend sagte. "Das gilt für alle Einrichtungen in Hamburg – und auch nicht nur im Kulturbereich." Es gebe derzeit bereits Gespräche mit dem Bund, ob man diesen in die Pflicht nehmen könne.
Elbphilharmonie: Brosda – "Kultur in der Krise nicht alleine lassen"
Auch Kultursenator Carsten Brosda (SPD) teilte am Sonnabend via Twitter mit, dass alle Kultureinrichtungen von dem Problem betroffen sind. "Jetzt geht es darum, Energie zu sparen und Vorsorge zu treffen. Da sind wir bei", so Brosda. "Wir werden die Kultur in der Krise nicht alleine lassen. Denn wieder einmal gilt: Gerade jetzt sind Kunst und Kultur wichtig."
Bereits Anfang der Woche hatte Brosda in einem Tweet betont, dass Krisenzeiten Zeiten seien, "in denen wir künstlerische Intervention und kulturelle s Erleben ganz besonders brauchen".
Elbphilharmonie: Hohe Inflation könnte Nachfrage beeinflussen
Nicht nur die steigenden Energiekosten sind ein Problem für das Konzerthaus an der Elbe. Hinzu kommen die Beeinträchtigungen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage durch den Krieg gegen die Ukraine. "Die hohe Inflation wird mutmaßlich auch das Nachfrageverhalten beeinflussen", heißt es vonseiten der Kulturbehörde. Und auch Corona sorge in der kommenden Saison weiterhin für Unsicherheiten, was die Ticket-Nachfrage angeht. "Zudem lässt sich die epidemiologische Entwicklung aufgrund möglicher Virus-Varianten nicht prognostizieren", heißt es in dem Bericht.
Eine erste Konsequenz wurde bereits gezogen: Wer ein Konzert in der Elbphilharmonie besuchen möchte, muss künftig tiefer in die Tasche greifen. "Die Ticketpreise werden erstmalig seit der Aufnahme des Spielbetriebs um durchschnittlich 4,5 Prozent erhöht", teilte die Kulturbehörde in ihrem zehnten Bericht an den Haushalts- und Kulturausschuss über die Entwicklung der Betriebskosten der Elbphilharmonie mit.
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Elbphilharmonie: Plaza-Besuch könnte doch Eintritt kosten
Aus der aktuellen Berichtsdrucksache der Kulturbehörde geht auch hervor, dass der Plaza-Eintritt kommen soll – wann, ist jedoch unklar. "Die Geschäftsführung beabsichtigt, über die Einführung eines generellen Plaza-Eintritts eine neue Einnahmequelle zu erschließen, um die Kostensteigerungen und rückläufigen Erträge zu kompensieren ", heißt es zum Punkt "Wirtschaftsplanung 2022/23".
Wie das Abendblatt berichtete, wird bereits seit Mai dieses Jahres diskutiert, den Besuch der Plaza grundsätzlich kostenpflichtig zu machen. Ein Eintrittsgeld für die Plaza war ursprünglich bereits ab 2018 vorgesehen.
Elbphilharmonie: Folgen des Krieges nicht in Kalkulationen abgebildet
Doch erst Anfang der Woche konnten die Hamburger zunächst aufatmen. Ein allgemeines Eintrittsgeld für den Besuch der Elbphilharmonie-Plaza soll es vorerst nicht geben, wie aus einem Petitum der Abgeordneten von SPD- und Grünen-Fraktion im Ausschuss für Kultur und Medien am Dienstag hervorging. Demnach wird der Senat ersucht, das erwartete Defizit der ELBG in der laufenden Spielzeit durch zusätzliche, befristet in 2022 zur Verfügung stehende Liquiditätshilfen und durch eine einmalige Entnahme von Mitteln aus der Rücklage der Gesellschaft zu decken.
Die im Februar 2022 erstellte Wirtschaftsplanung geht von einem durchgehenden und unbeschränkten Spielbetrieb in der Elbphilharmonie in der nächsten Saison aus. "Sie legt bei den Eintrittserlösen eine Absenkung der Auslastung auf durchschnittlich 85 Prozent (gegenüber 95 Prozent aus Vor-Corona-Zeiten) zugrunde, um Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Nachfrageverhalten der Kunden abzubilden." Mögliche Auswirkungen des Ukraine-Krieges und die hohe Inflation sind in den Kalkulationen jedoch "noch nicht vollumfänglich" abgebildet.