Hamburg. Unternehmen wie Budnikowsky, Edeka und Ikea, Rewe, Aldi und ECE bereiten sich auf den Winter vor. Was Hamburgs Einzelhändler planen.
Die Energiekrise wirft ihre Schatten voraus und lässt vor allem die Politik kreativ werden. Angesichts des drohenden Notstands beim Gas hat Hamburgs rot-grüner Senat entschieden, dass Klimaanlagen öffentliche Gebäude nur noch bis auf 26 Grad herunterkühlen dürfen, zudem fließt schon heute in vielen Teeküchen und Sanitäranlagen kein warmes Wasser mehr aus dem Hahn. Behörden und Denkmäler sollen nicht mehr beleuchtet werden, die Alsterfontäne wird am 15. September abgestellt.
Nach einem aktuellen Verordnungsentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums soll zudem ab September das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren in Geschäften verboten sein. Und Werbung darf von 22 bis 6 Uhr nicht mehr leuchten. In Spanien geht die Regierung noch weiter. Seit kurzem dürfen in dem südeuropäischen Land Kaufhäuser, Geschäfte oder Büros ihre Räumlichkeiten auf nicht weniger als 27 Grad abkühlen. Im kommenden Winter wird man die Innenräume auf höchstens 19 Grad beheizen dürfen, hieß es aus Madrid.
Einzelhandel Hamburg: Budni-Chef will abgestimmte Energiesparpläne
Angesichts der Gaskrise kam vergangene Woche auch ein Vorschlag aus der Hamburger Kaufmannschaft, das Thema gemeinsam anzugehen. „Wann endlich denkt der Einzelhandel über reduzierte Öffnungszeiten nach? Thema Energiekosten und Fachkräftemangel!“, hatte Cord Wöhlke in den sozialen Medien gefragt. Der geschäftsführende Gesellschafter der Drogeriekette Budnikowsky, der sich seit langem auch in der Handelskammer engagiert, bringt diese Anregung in die Branche, um sie zu einem abgestimmten Handeln zu motivieren. „So etwas geht immer nur in der Gemeinschaft, etwa in bestimmten Straßen“, argumentiert Cord Wöhlke. Es schaue immer ein Geschäft auf das andere, hier seien auch die nationalen Ketten gefragt.
Zustimmung zu der Idee kommt von Andreas Bartmann, Präsident des Handelsverbands Nord: „Es zeichnet sich eine breite Entwicklung ab, die Öffnungszeiten nachhaltig zu reduzieren“, sagte Bartmann, der auch Geschäftsführer des Outdoor-Ausrüsters Globetrotter ist. Die Umsetzung des Vorschlags scheint bisher aber an der Herausforderung zu scheitern, sich über gemeinsame Zeiten abzustimmen.
Energiesparen: Das plant Hamburgs Einzelhandel
Was kommt auf die Hamburger nun künftig beim Shoppen zu? Nach einer Umfrage des Abendblatts im Handel zeigt sich, dass hierzulande die Pläne zum Sparen noch nicht so weit greifen, dass die Kunden beim Einkaufen im Sommer schwitzen und im Winter frieren werden. Die Maßnahmen im Überblick:
ECE-Einkaufscenter setzen auf niedrigere Temperatur
„Wir werden in der Heizperiode die Temperatur strikt an den gesetzlichen Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung sowie den vertraglichen Vereinbarungen ausrichten und somit die minimalen Anforderungen erfüllen“, heißt es von dem Betreiber von Einkaufscentern wie der Europapassage, der Hamburger Meile, dem AEZ oder EEZ. „Zudem unternehmen wir alles“, sagt ein ECE-Sprecher, „um die Nebenkosten möglichst gering zu halten“.
Die Einsparungsmaßnahmen umfassten die geringere Kühlung der Center oder die Reduzierung der Beleuchtung an Stellen, wo dies nicht unbedingt erforderlich sei. Einzelheiten nannte ECE dazu nicht, eine pauschale Aussage oder konkrete Zahl, um wie viel Grad die Temperatur im Gebäude geringer ausfalle, sei leider nicht möglich. Zudem sei man in den gasbetriebenen Centern von der Gasumlage betroffen. „Aufgrund der sehr individuellen Situation und Maßnahmen in den Centern können wir momentan jedoch noch keine Summen benennen“, hieß es.
Durch den vorausschauenden strategischen Einkauf der benötigten Strom- und Gasmengen spare die ECE: „Derzeit liegen wir bei den Preisen für Strom und Gas für die Center etwa 85 Prozent unter den aktuellen Marktpreisen“, sagte Sprecher Lukas Nemela.
ECE will Mietern kostenlosen Solarstrom anbieten
Grundsätzlich engagiert sich die ECE für die Nachhaltigkeit an den einzelnen Standorten: „Um unsere Mieter zu entlasten, werden wir bis 2024 in einem ersten Schritt Photovoltaik-Anlagen auf 50 ECE-Einkaufszentren installieren“, kündigte Nemela an. Die Investitionskosten von rund 30 Millionen Euro für die Anlagen trügen die Eigentümer, die den gewonnenen Solarstrom kostenlos an ihre Mieter weitergäben, was ihre Nebenkosten monatlich um 20 Cent pro Quadratmeter Mietfläche entlaste – insgesamt drei Millionen Euro pro Jahr.
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„Dadurch können schätzungsweise 16 Millionen Kilowattstunden Energie und damit rund 7500 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden, die sonst anderweitig produziert werden müssten“, bilanzierte der Sprecher. Zu einem möglicherweise abgestimmten Vorgehen, wann die Geschäfte öffnen und schließen, sagte Nemela: „Wir sind dazu gerade in der Abstimmung mit den Mietern und den Eigentümern der Center, um gemeinsam eine gute Lösung bei den Öffnungszeiten zu finden – diese steht aber noch nicht fest.“
Ikea will 100 Prozent erneuerbare Heiz- und Kühltechnik
Momentan entwickle bei Ikea Deutschland eine entsprechende Taskforce alle in Betracht kommenden Szenarien und Maßnahmen zum Energiesparen, unter Berücksichtigung der geltenden Vorschriften und Gesetze, hieß es. An einzelnen Standorten seien die Gebäude bereits besonders ressourcenschonend ausgerüstet, etwa mit Geothermie in Lübeck oder Abwasserwärmenutzung in Berlin-Lichtenberg.
Ikea Karlsruhe hat sich für eine nachhaltige Beheizung an das bestehende Fernwärmenetz der Stadtwerke angeschlossen. Grundsätzlich hat sich Ikea zum Ziel gesetzt, ab 2030 klimapositiv zu sein. „Wir streben in allen unseren Gebäuden eine 100 Prozent erneuerbare Heiz- und Kühltechnik an“, sagte Ikea-Sprecherin Tamara Breuer. „So werden beispielsweise alle Gasheizungen durch energieeffiziente Wärmepumpensysteme in Kombination mit Geothermie-Anlagen und Photovoltaik ersetzt“.
Rewe will mit "Energiebeauftragten" Sparmöglichkeiten finden
Anlagen effizient betreiben und Energie im Markt einsparen – dies sei das Gebot der Stunde, um einen Beitrag in der momentanen Versorgungslage und -perspektive zu leisten, heißt es von der Lebensmittelkette. Die meisten Rewe-Märkte beschäftigen so genannte „Energiebeauftragte“, die in regelmäßigen Abständen Sparmöglichkeiten prüfen und gegebenenfalls die Kolleginnen und Kollegen im Geschäft für das Thema Energiesparen sensibilisieren.
In vielen Supermärkten sind beispielsweise Bewegungsmelder für Licht in den Nebenräumen installiert, ergänzte Rewe-Sprecher Thomas Bonrath, Zudem würden die Beleuchtungszeiten im Außenbereich verkürzt und die Helligkeit an die Tageszeit angepasst. Außerdem würden Zeitschaltungen für Heizungen angebracht. „Selbstverständlich haben alle Energiesparmaßnahmen zum Ziel, keine Einschränkungen für Kunden zu erzeugen“, ergänzte Bonrath. Was das im Detail heißt, blieb offen.
Bei Edeka entscheiden die Kaufleute selbst über Maßnahmen
In der Genossenschaft entscheiden die selbstständigen Kaufleute über die Temperaturregelung in den Märkten. „Diese wird individuell in Anbetracht der aktuellen Wetterlage vor Ort vorgenommen“, heißt es von der Edeka Handelsgesellschaft Nord.
Der Energieverbrauch werde in den Märkten durch LED-Beleuchtung, geschlossene Kühlgeräte oder Wärmerückgewinnungsanlagen reduziert. So könne mit der Abwärme der Kühlanlagen der Markt geheizt werden.
Aldi "prüft laufende weitere Einsparpotenziale"
Nicht erst seit Beginn des Ukraine-Krieges, sondern grundsätzlich „im Zuge unserer Nachhaltigkeitsbemühungen“ setzt der Discounter „zahlreiche Effizienzmaßnahmen um und prüft laufend weitere Einsparpotenziale“, heißt es von Aldi. Das Unternehmen möchte Einzelheiten zu Sparmaßnahmen jedoch nicht nennen. „Näher können wir jedoch derzeit leider nicht auf dieses Thema eingehen“.
Einzelhandel Hamburg: Budni skeptisch bei Öffnungszeiten
„Wir versuchen beständig, die Klimatisierung zu optimieren und verbrauchsärmer zu gestalten“, sagte Geschäftsführer Christoph Wöhlke. Man halte sich dabei aber genauso an rechtliche und gesetzliche Vorgaben, die zum Schutz der Mitarbeiter und der Ware verpflichtend seien. Es würden derzeit nochmals alle Geräte, die Energie verbrauchen, hinsichtlich Abschaltung, Reduzierung, Austausch und richtige Nutzung überprüft. „Darüber hinaus haben wir mittlerweile alle Filialen mit sparsamen LED-Beleuchtungen ausgestattet“, so Wöhlke über die Maßnahmen in den Geschäften der Drogeriekette.
Der Vorschlag, in Hamburg einheitliche und vor allem kürzere Ladenöffnungen einzuführen, trifft bei Budnikowsky auf ein verhaltenes Echo. „Es gibt keine grundsätzlichen Überlegungen die Öffnungszeiten flächendeckend zu reduzieren“, sagte Christoph Wöhlke. „Wir orientieren uns grundsätzlich immer daran, wann der Kunde einkaufen möchte und ob wir dies wirtschaftlich, hinsichtlich Frequenz und Umsatz, sinnvoll darstellen können“, beschreibt der Chef des 1912 in Hamburg gegründeten Unternehmens. Und weiter: „In dem Fall in dem sich maßgebliche Kostenstrukturen dauerhaft verändern oder die Kunden ihr Verhalten verändern, passen wir wie schon immer unsere Öffnungszeiten individuell an“.