Hamburg. Der „Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares“ wurde auf Kampnagel gleich neunmal vergeben. Jana Schiedek spricht über Gleichbehandlung.
Preisverleihungen leben meistens von ihren Stars. In Hamburgs Theaterszene gibt es eine ganze Reihe davon, obwohl sie sich selber nicht so sehen. Theaterschauspieler sind in der Regel bescheiden und zurückhaltend. Auch Charly Hübner. Doch er ist ein Künstler, dessen Aura weit über Hamburg und das Deutsche Schauspielhaus hinaus strahlt, an dem er Mitglied des Ensembles ist.
Hübner ist im Kino und im Fernsehen präsent, populär in der Rolle des grantelnden Rostocker Kommissars Bukow im „Polizeiruf 110“. Am Donnerstag wurde Hübner mit dem Rolf-Mares-Preis (eigentlich: „Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares“) für seine Rolle des Mörders Fritz Honka in „Der goldene Handschuh“ geehrt – wieder einmal höchste Schauspielkunst von Hübner.
Ein Thema beim Theaterpreis: Gleichbehandlung
Aber beim Mares-Preis geht es nicht nur um die großen Protagonisten und die Staatstheater mit ihren spektakulären Produktionen. Kultur-Staatsrätin Jana Schiedek (SPD) kam in ihrer Ansprache auf das Thema „Gleichbehandlung“. „Bei der heutigen Preisverleihung geht es um die Gleichberechtigte Behandlung von ungleichen Dingen und Aufgaben, Gleichbehandlung von großen und von kleinen Bühnen, von Möglichkeiten völlig ungleicher Etats und sicher auch von Männern und Frauen“, sagte Schiedek.
Wobei der Mares-Preis im Geschlechterverhältnis seiner Preisträger seit 2006 ganz gut abschneidet. Es wurden 67 Frauen und 89 Männer ausgezeichnet. Bei der Moderation herrschte übrigens Gleichstand: Kampnagel-Chefin Amelie Deuflhard gestaltete den Abend mit Norbert Aust, dem Vorsitzenden vom Verein Hamburger Theater, der den Preis seit 2006 vergibt.
Weil das „Prinzip Gleichbehandlung“ gilt, konnte diesmal das Monsun Theater eine von zwei Auszeichnungen in der Kategorie Regie gewinnen. Figurenbauerin Cora Sachs wurde für das Stück „Wenn wir tanzen, summt die Welt“ geehrt. Die Jury unter Vorsitz von Inge Volk lobte die präzise und empathische Inszenierung, in der mit der Form des Maskentheaters ein Stück über die Würde des Alterns auf der Studio-Bühne in Ottensen präsentiert wurde.
„Ohne Teamwork funktioniert Theater nicht“
Auch die zweite Regie-Auszeichnung ging an eine kleine Produktion: In der Opera Stabile brachte Paul-Georg Dittrich die Oper „I.th.Ak.A.“ von Samuel Penderbayne zur Uraufführung. Stellvertretend für viele Preisträger widmete Dittrich den Preis dem ganzen Team der Oper. „Ohne Teamwork funktioniert Theater nicht“, sagte auch Cora Sachs. Auch Marius Adam ist an keinem der großen Theater angestellt. Der Bariton bescherte dem Publikum im Allee-Theater in der Rolle des Don Pomponio Storione in Rossinis „La Gazetta“ ein virtuoses Hörerlebnis und gewann einen Darsteller-Preis.
Schon oft haben Bühnenbilder im Ohnsorg-Theater Beifall bekommen, nachdem der Vorhang aufgegangen und bevor überhaupt ein Wort gesprochen war. Derartigen Applaus bekam auch Beate Zoff für ihr poetisches Bühnenbild und ihre Kostüme zu „Romeo und Julia“. Shakespeares Tragödie um das berühmteste Liebespaar der Welt spielte in einer Zirkusmanege. Außerdem wurde Marius Kob in der Kategorie geehrt. Er hatte für „Frankenstein“ die Titelfigur gebaut. 2,50 Meter groß war das Monster, das in einer Staatsopern-Produktion über die Kampnagel-Bühne geisterte und durch die drei Puppenspieler erst ihre besondere Magie entfalten konnte.
Ein Sonderpreis für einen Tausendsassa
Die Mares-Preise für die Darstellerinnen gingen an Lisa Hagmeister und an Jele Brückner. Hagmeister hatte im Thalia Gaußstraße die erblindende Selma in „Dancer In The Dark“ nach Lars von Triers Film mit enormer Eindringlichkeit gespielt. Brückner überzeugte in „Maria Stuart“ am Ernst Deutsch Theater in der Rolle der englischen Königin. Sie zeigte Elisabeth I. als Figur, hin- und hergerissen zwischen Menschlichkeit und Staatsräson, die als Machtfrau ihr Innerstes offenbart.
Auch der Sonderpreis für außergewöhnliche Leistungen wurde vergeben: an Erik Schäffler. Der Schauspieler, Regisseur und Autor war 25 Jahre lang als Teufel in der „Jedermann“-Inszenierung in der Speicherstadt zu erleben, führte dort auch Regie. Er hat das freie Theater Triebwerk gegründet, inszeniert mit der Gruppe Axensprung historische Stück auch auf Plätzen – mithin ein Tausendsassa des Theaters.