Hamburg. Die Elbphilharmonie macht den Klangkörper des NDR zwar zum Prestige-Platzhirsch. Aber ist er auch der beste? Ein Vergleich.

Es wäre toll, wenn ein Orchester – egal mit welchem Dirigenten – jede Art von Repertoire gleich gut beherrschte, es ist aber, erst recht in der strikt durchgetakteten Wirklichkeit des tariflich geregelten Konzertbetriebs, ein sehr frommer Wunsch. Kunst ist ja nicht nur die pauschal zusammengelötete Summe vieler Einzelteile, sie entsteht erst jenseits des Berechenbaren. Oder eben nicht.

Elbphilharmonie interaktiv: Videos, Rundtour, Drohnenflug

Ein guter Dirigent – jemand mit Gespür für Details, Lust am Risiko und Sinn fürs Besondere – kann mit wenig Aufwand viel mehr aus einem schlechteren Orchester herausholen: Klangfarben und Ausdrucksmöglichkeiten, von denen dieses Orchester womöglich zuvor gar nicht ahnte, dass sie überhaupt vorhanden sind. Ein schlechter Dirigent wiederum kann mühelos nicht entdecken, was er während des Konzerts verspielt, weil er nur stumpf Dienst nach Vorschrift spielen lässt. Richtige Noten sind richtige Noten, aber deswegen noch längst nicht die richtige Musik.

Worauf es bei Orchestern ankommt

Orchester, die sich im Laufe ihrer Spielzeiten zu sehr auf die Musik einer bestimmten Epoche konzentrierten (oder konzentrieren mussten, weil ihr Chefdirigent an anderen Dingen nicht interessiert war), fremdeln verständlicherweise, wenn sie mehr oder weniger von jetzt auf gleich Stil-Expertise für ganz andere Werke entwickeln sollen. Das beginnt – insbesondere bei Alter Musik – bei praktischen spieltechnischen Fragen und hört bei philosophischen Fragestellungen über Sinn, Tonsprache und Ziel dieser Kompositionen noch längst nicht auf. Spezialisten-Ensembles, die vieles besser wissen und fast alles besser können, erhöhen als Vergleichsgrößen den Erfolgsdruck auf die Allrounder.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die innere Gruppendynamik, die Kondition und die Haltung des Klangkörpers. Nicht ohne Grund bestehen Chefdirigenten darauf, bei der Auswahl der Musiker ein wichtiges Wort mitzusprechen, denn sie sind es schließlich, die aus den vielen Zutaten vor ihrem Taktstock ein Menü komponieren müssen, Probe für Probe, Konzert für Konzert. Junge, frische, ehrgeizige Musiker, die sich noch beweisen wollen und müssen, gehen womöglich mit einem ganz anderen Engagement an jeden einzelnen Einsatz als ein auf seinem Stuhl gereifter Instrumentalist, der schon vieles gehört und vieles überstanden und ausgesessen hat.

Elbphilharmonie: Die grandiose Eröffnung

Elbphilharmonie: Die grandiose Eröffnung

Der Konzertsaal der Elbphilharmonie
Der Konzertsaal der Elbphilharmonie © dpa | Christian Charisius
Die Eröffnung der Elbphilharmonie
Die Eröffnung der Elbphilharmonie © Thorsten Ahlf/www.ta-caps.com
Guck mal nach oben! Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), (2.v.r.), ihr Ehemann Joachim Sauer (r.), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, 3.v.r.), seine Frau Britta Ernst (4.v.r.), Bundespräsident Joachim Gauck (5.v.r.), seine Lebensgefährtin Daniela Schadt (6.v.r.), sowie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU, 7.v.r.)
Guck mal nach oben! Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), (2.v.r.), ihr Ehemann Joachim Sauer (r.), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, 3.v.r.), seine Frau Britta Ernst (4.v.r.), Bundespräsident Joachim Gauck (5.v.r.), seine Lebensgefährtin Daniela Schadt (6.v.r.), sowie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU, 7.v.r.) © dpa | Christian Charisius
Bundespräsident Joachim Gauck, seine Lebensgefährtin Daniela Schadt (l.), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU, 2.v.l.), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) (3.v.l.), ihr Ehemann Joachim Sauer (2.v.r.), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, r) und seine Frau Britta Ernst (3. v.r.)
Bundespräsident Joachim Gauck, seine Lebensgefährtin Daniela Schadt (l.), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU, 2.v.l.), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) (3.v.l.), ihr Ehemann Joachim Sauer (2.v.r.), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, r) und seine Frau Britta Ernst (3. v.r.) © dpa | Daniel Reinhardt
Die Journalistinnen Anne Will und Miriam Meckel
Die Journalistinnen Anne Will und Miriam Meckel © dpa | Daniel Reinhardt
Innensenator Andy Grote und Ehefrau
Innensenator Andy Grote und Ehefrau © Andreas Laible | Andreas Laible
Elbphilharmonie Eröffnung
Elbphilharmonie Eröffnung © Thorsten Ahlf/www.ta-caps.com
Hannelore und Nina Hoger
Hannelore und Nina Hoger © Andreas Laible | Andreas Laible
Architekt Jacques Herzog
Architekt Jacques Herzog © REUTERS | POOL
Der frühere Bundespräsident Christian Wulff (r) und seine Ehefrau Bettina
Der frühere Bundespräsident Christian Wulff (r) und seine Ehefrau Bettina © dpa | Christian Charisius
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) und seine Ehefrau Martina
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) und seine Ehefrau Martina © dpa | Daniel Reinhardt
Gäste stehen bei der Eröffnung der Elbphilharmonie im Gebäude
Gäste stehen bei der Eröffnung der Elbphilharmonie im Gebäude © dpa | Christian Charisius
Torsten Albig mit Partnerin Bärbel Boy
Torsten Albig mit Partnerin Bärbel Boy © Andreas Laible | Andreas Laible
Sternenklar, die Elphi ist spitze: Dieter Zetsche (Daimler Benz) mit Ehefrau
Sternenklar, die Elphi ist spitze: Dieter Zetsche (Daimler Benz) mit Ehefrau © Andreas Laible | Andreas Laible
Bundespräsident Joachim Gauck
Bundespräsident Joachim Gauck © dpa | Christian Charisius
Katharina Fegebank und Matthias Wolff
Katharina Fegebank und Matthias Wolff © Andreas Laible | Andreas Laible
Blick vom Löwenzelt auf der Südseite der Elbe zur Elbphilharmonie
Blick vom Löwenzelt auf der Südseite der Elbe zur Elbphilharmonie © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig
Wow! Barbara Schöneberger bei der Moderation der Eröffnung der Elbphilharmonie
Wow! Barbara Schöneberger bei der Moderation der Eröffnung der Elbphilharmonie © Screenshot NDR
Der Akustiker Yasuhisa Toyota
Der Akustiker Yasuhisa Toyota © dpa | Christian Charisius
Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube mit seiner Ehefrau, TV-Köchin Cornelia Poletto
Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube mit seiner Ehefrau, TV-Köchin Cornelia Poletto © dpa | Daniel Reinhardt
NDR-Intendant Lutz Marmor und seine Freundin Christina-Maria Peukert
NDR-Intendant Lutz Marmor und seine Freundin Christina-Maria Peukert © dpa | Daniel Reinhardt
Michael Otto und Ehefrau Christl
Michael Otto und Ehefrau Christl © Andreas Laible | Andreas Laible
Albert und Edda Darboven
Albert und Edda Darboven © Andreas Laible | Andreas Laible
Ein Mann betrachtet bei der Eröffnung der Elbphilharmonie ein Bild mit dem Gebäude
Ein Mann betrachtet bei der Eröffnung der Elbphilharmonie ein Bild mit dem Gebäude © dpa | Christian Charisius
Klaus von Dohnanyi und Ulla Hahn
Klaus von Dohnanyi und Ulla Hahn © Andreas Laible | Andreas Laible
Justus Frantz mit Ehefrau
Justus Frantz mit Ehefrau © Andreas Laible | Andreas Laible
Gruner + Jahr Vorstandschefin Julia Jäkel
Gruner + Jahr Vorstandschefin Julia Jäkel © dpa | Daniel Reinhardt
Der Konzertsaal der Elbphilharmonie
Der Konzertsaal der Elbphilharmonie © dpa | Christian Charisius
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle,  Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant der Elbphilharmonie
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant der Elbphilharmonie © dpa | Daniel Reinhardt
Dorothee Stapelfeldt mit Ehemann
Dorothee Stapelfeldt mit Ehemann © Andreas Laible | Andreas Laible
Journalisten am Roten Teppich
Journalisten am Roten Teppich © dpa | Christian Charisius
Günther Netzer mit seiner Frau Elvira
Günther Netzer mit seiner Frau Elvira © dpa | Daniel Reinhardt
Die Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron
Die Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron © dpa | Daniel Reinhardt
Vorfahrt für die VIPs
Vorfahrt für die VIPs © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Hannelore Kraft (SPD), Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen
Hannelore Kraft (SPD), Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen © dpa | Daniel Reinhardt
ARD-Tagesthemen-Moderatorin Caren Miosga mit ihrem Mann Tobias Grob
ARD-Tagesthemen-Moderatorin Caren Miosga mit ihrem Mann Tobias Grob © dpa | Daniel Reinhardt
Modeltrainer Jorge Gonzales
Modeltrainer Jorge Gonzales © dpa | Daniel Reinhardt
Der Mond über der Elbphilharmonie
Der Mond über der Elbphilharmonie © REUTERS | FABIAN BIMMER
G20-Gegner an der Elbphilharmonie
G20-Gegner an der Elbphilharmonie © dpa | Bodo Marks
Passanten bei der Eröffnung der Elbphilharmonie
Passanten bei der Eröffnung der Elbphilharmonie © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Er setzte das Projekt auf: Der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust
Er setzte das Projekt auf: Der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust © dpa | Daniel Reinhardt
Gefragt: Olaf Scholz
Gefragt: Olaf Scholz © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Durch diese Gasse gehen die Gäste
Durch diese Gasse gehen die Gäste © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Polizisten stehen am Zugang zur Elbphilharmonie
Polizisten stehen am Zugang zur Elbphilharmonie © dpa | Bodo Marks
Die Elbphilharmonie am Eröffnungsabend
Die Elbphilharmonie am Eröffnungsabend © REUTERS | FABIAN BIMMER
Der Mond an der Elbphilharmonie
Der Mond an der Elbphilharmonie © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig
Auf der Brücke zu dem ehemaligen Segelschulschiff Rickmer Rickmers steht am Hafen ein Schild mit der Aufschrift „Bitte Brücke freihalten“.
Auf der Brücke zu dem ehemaligen Segelschulschiff Rickmer Rickmers steht am Hafen ein Schild mit der Aufschrift „Bitte Brücke freihalten“. © dpa | Bodo Marks
Die Elbphilharmonie
Die Elbphilharmonie © dpa
Abendblatt Gold Edition: Elise Fleer aus Bramfeld mit einem Exemplar
Abendblatt Gold Edition: Elise Fleer aus Bramfeld mit einem Exemplar © Andreas Laible | Andreas Laible
Elbphilharmonie Eröffnung: Die Architekten Pierre de Meuron, Jacques Herzog Ascan Mergenthaler, Intendant Christoph Lieben-Seutter, Bürgermeister Olaf Scholz, Joachim Knuth Programdirektor NDR, Tobias Rempe, Geschäftsführer Ensemble Resonanz
Elbphilharmonie Eröffnung: Die Architekten Pierre de Meuron, Jacques Herzog Ascan Mergenthaler, Intendant Christoph Lieben-Seutter, Bürgermeister Olaf Scholz, Joachim Knuth Programdirektor NDR, Tobias Rempe, Geschäftsführer Ensemble Resonanz © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Kleiner Saal
Kleiner Saal © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Der Blick von der Plaza der Elbphilharmonie
Der Blick von der Plaza der Elbphilharmonie © picture alliance / R. Goldmann | dpa Picture-Alliance / Ralph Goldmann
Elbphilharmonie Eröffnung im Kleinen Saal
Elbphilharmonie Eröffnung im Kleinen Saal © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Pressekonferenz zur Eröffnung
Pressekonferenz zur Eröffnung © dpa | Christian Charisius
Kleiner Saal
Kleiner Saal © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Die Elbphilharmonie von den Landungsbrücken aus
Die Elbphilharmonie von den Landungsbrücken aus © dpa | Bodo Marks
Elbphilharmonie Eröffnung: Der Zugang zum Haus
Elbphilharmonie Eröffnung: Der Zugang zum Haus © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Aufmerksame Journalisten bei der Elbphilharmonie Eröffnung
Aufmerksame Journalisten bei der Elbphilharmonie Eröffnung © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
1/58

Die Situation in Hamburg ist nicht weniger komplex und eigen als in anderen Großstädten mit mehreren Orchestern, aber sie ist so wie nirgendwo sonst. Mit den drei großen Orchestern – NDR Elbphilharmonie Orchester, Philharmoniker, Symphoniker – steht die Hansestadt ähnlich da wie München mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Staatsopernorchester und den dortigen Philharmonikern. Berlin, größer und mit anderen Finanzierungsstrukturen und -möglichkeiten ausgestattet, verfügt über sieben große Orchester (drei Opern-, zwei städtische, zwei Rundfunkorchester), hat andere Stärken und andere Probleme.

Gerade erst schrieb die „Frankfurter Allgemeine“, dass Hamburg bei den Auslastungszahlen des regionalen Publikums in den vergangenen Jahren eher in der Nähe der roten Laterne zu finden war als in der Spitzengruppe, mit ausbaufähigen 70 Prozent, während Berlin sich zwischen 80 und 90 Prozent bewege. Eine Statistik, in die insbesondere die nun eröffnete Elbphilharmonie flott und forsch Bewegung bringen soll.

Ansprüche ans NDR-Orchester stark gestiegen

Ein weiterer Aspekt, der in der Debatte mitschwingt, wurde jetzt vor allem von Münchner Journalisten hin und her gewendet. An der Isar will man seit vielen Jahren einen neuen Konzertsaal, um sich vom akustischen Elend des Gasteigs zu erlösen. Einen Top-Saal, der so gut sein soll, wie es die dortigen Top-Orchester sind. Man konnte sich aber seit ebenso vielen Jahren weder über den Standort noch die Form und erst recht nicht über die Kostenfragen einigen. Mittlerweile zeichnet sich zwar eine Idee ab, und schon weil momentan alle Augen und Ohren auf die Neuigkeiten aus Hamburg gerichtet sind, muss sich insbesondere München derzeit daran erinnern, dass es leuchten kann und will.

Prestige-Platzhirsch in Hamburg ist derzeit das NDR Elbphilharmonie Orchester, das vor einigen Monaten, der neuen Heimat oberhalb der Elbwellen wegen, einen neuen Namen angenommen hat. Bereits 2005 unterzeichneten der NDR und die Stadt einen Vertrag, der dem Rundfunkorchester für den Zeitraum von zehn Jahren nach der Eröffnung (damals dachte man, es würde nicht mehr lange dauern ...) den Status des „Residenzorchesters“ verlieh.

Die Eckdaten zum NDR Elbphilharmonie Orchester

Ein Job mit vielen Rechten bei der Programmgestaltung, aber auch vielen Pflichten bei der Bespielung des neuen Konzerthauses, zu bezahlen mit einer jährlichen Summe „deutlich unterhalb einer Million Euro und fair ausgehandelt“, so viel zumindest verriet der damalige NDR-Intendant Jobst Plog. Dafür erhielt das Orchester aber auch eine Luxus-Immobilie zur Nutzung: Das Hausen in den schwierigen, weil geradezu antiken Backstage-Bereichen der Laeiszhalle hat nun ebenso ein Ende wie das ständige Proben-Pendeln zwischen dem Rolf-Liebermann-Studio auf dem NDR-Gelände an der Rothenbaumchaussee und dem Konzerthaus am Johannes-Brahms-Platz.

In der Elbphilharmonie genießt das NDR-Orchester einen Sechs-Sterne-Komfort hinter der Bühne. Bei „Spiderman“ heißt es: „Mit großen Kräften kommt große Verantwortung.“ Für Chefdirigent Thomas Hengelbrock heißt das, jetzt mehr als je zuvor: Er muss liefern und das Hamburger Rundfunkorchester – schon auf nationaler Ebene nur im soliden Mittelfeld – so sehr verbessern, dass es dem internationalen Wahrnehmungsgrad der Elbphilharmonie gerecht wird. Und mit ihm mithalten kann. Die Berliner Philharmoniker waren bereits eines der besten Orchester der Welt, als Hans Scharoun ihnen einen revolutionär guten Weinberg-Saal in die Nähe des Potsdamer Platzes baute.

Philharmoniker leben mit Doppelbelastung

Eine Ausschreibung, einen Wettbewerb gar für die Prestige-Stelle „Elbphilharmonie-Residenzorchester“ hatte es damals nicht gegeben. Dass das nicht städtisch finanzierte Rundfunkorchester den Zuschlag bekam und nicht die 1828 in Hamburg gegründeten Philharmoniker, hatte wohl vor allem mit dem Talent von Rolf Beck für hartnäckiges Verhandeln zu tun.

Beck war sowohl NDR-Klangkörper-Manager als auch Intendant des Schleswig-Holstein Musik Festivals und in dieser Doppelfunktion ein Strippenzieher, an dem man unbeschädigt kaum vorbeikam. Simone Young hatte damals ihr Doppelamt als Generalmusikdirektorin und Opern-Intendantin angetreten, die Australierin war noch ziemlich neu in der Stadt, zu neu und zu schwach, um die langfristigen Pläne zugunsten der Philharmoniker zu beeinflussen.

Die Eckdaten zum Philharmonischen Staatsorchester

Schicksal der Philharmoniker ist es zudem, zwei Seelen in einer Brust zu tragen: Sie sind einerseits das gut ausgelastete Opernorchester an der Dammtorstraße, andererseits aber auch Konzertorchester mit eigenen Abo-Reihen. Das war nicht immer so, sondern erst, seit die NS-Machthaber 1934 zwei eigenständige Ensembles fusionierten. Doch weil es so ist, wird diese Doppelbegabung und -belastung ins Feld geführt, wenn es darum geht, welches Hamburger Orchester denn nun wirklich die erste Geige spielt.

In den ersten Elbphilharmonie-Tagen wurde es beim Vergleich von NDR und Philharmonikern unerwartet spannend. Hengelbrock hatte sich, quasi wie ein Minenhund, ins unkartierte Gelände vorarbeiten müssen. Seit September probte er im Großen Saal der Elbphilharmonie für das kräftezehrende Riesenprogramm der ersten Spielzeit (rund ein Drittel Konzerte mehr als bislang). Dazu kamen die wichtigen ersten Justierungsarbeiten auf der Bühne: Wie müssen Instrumentengruppen postiert werden, wer hört sich wo wie gut oder womöglich schlecht? Eine enorme Herausforderung, verstärkt durch den Druck der heranrasenden Eröffnung vor offenen Kameras und Mikrofonen aus aller Welt.

Sein Philharmoniker-Kollege Kent Nagano wiederum hatte seine erste Probe im Neubau fünf Tage vor dem ersten Einsatz, mit einem Konzertergebnis, das im Umgang mit den noch so neuen Tücken des Großen Saals überzeugender schien als die NDR-Auftritte.

Video: Kent Nagano über die Elbphilharmonie

Ehrenvolle Aufgabe für die Symphoniker

Drittes großes Orchester: die Symphoniker. Es ist weder Rundfunk- noch Stadtorchester. Lange Jahre klare Nummer drei, immer wieder mal knapp an der Pleite vorbeigeschrammt, zuletzt erst 2013. Auch sie sehen sich, wenig überraschend, als das einzig wahre musikalische Aushängeschild der Hansestadt.

Die Eckdaten zu den Symphonikern

Während NDR und Philharmoniker sich vor allem in und mit der Elbphilharmonie profilieren wollen und sollen, wurden die Symphoniker unter ihrem derzeitigen Chefdirigenten Sir Jeffrey Tate zum Residenzorchester der Laeisz­halle ernannt. Ein auf den ersten Blick nicht ganz so glamouröser Posten. Doch das täuscht. In dem neobarocken Bau aus dem Jahre 1908 ist die Akustik durch die Existenz der Elbphilharmonie keinen Deut schlechter geworden.

Wenn das Gesamtkonzept „Musikstadt Hamburg“, das wohl wichtigste kulturpolitische Vermächtnis der im Oktober verstorbenen Kultursenatorin Barbara Kisseler, aufgehen soll, darf die immer noch gute Laeiszhalle nicht ins qualitative Hintertreffen geraten. Diese Tradition zu pflegen ist die durchaus ehrenvolle Aufgabe, auf die sich die Symphoniker, das ihnen und dem Ort angemessene Repertoire spielend und pflegend, im Konzert der hiesigen Orchester zu konzentrieren haben.

Mitarbeit: Verena Fischer-Zernin