Die Meinungen über den Eklat um die NS-Tätowierungen des russischen Bassbariton Evgeny Nikitin gehen weit auseinander. Die einen kritisieren die Haltung in Bayreuth, die anderen, wie Dirigent Christian Thielemann, betonten ein “Hakenkreuz geht nie, nicht nur in Bayreuth“.
Bayreuth/Berlin. Nach dem Eklat um NS-Tätowierungen des russischen Bassbariton Evgeny Nikitin gehen die Meinungen über die Entscheidung der Bayreuther Festspielleitung in der Musikwelt weit auseinander. Während der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler, die Haltung in Bayreuth scharf kritisierte, betonte Dirigent Christian Thielemann, ein "Hakenkreuz geht nie, nicht nur in Bayreuth“.
Nikitin war für die Titelrolle in Richard Wagners Oper "Der fliegende Holländer“ vorgesehen. Nach Berichten über seine Tätowierungen mit nationalsozialistischen Symbolen bat ihn die Festspielleitung zum Rapport. Nikitin sagte daraufhin seinen Auftritt ab.
"Ich sehe in der Causa Nikitin zunächst mehr ein Problem Bayreuths und der Wagner-Familie als eines des Sängers“, teilte Bachler am Montag in München mit. Er halte es für verlogen, dass die "Torheit eines 16-jährigen Rocksängers, der diese längst bereut und versucht hat, ungeschehen zu machen, ausgerechnet von der Wagner-Familie geahndet wird“.
Der Staatsopernintendant betonte weiter, man zeige offenbar "mit dem Finger auf jemanden anderen, weil man mit der eigenen Geschichte ein Problem hat“. Nikitin habe in seinen Aussagen den Vorfall aus seiner Zeit als Schlagzeuger in einer Heavy-Metal-Band nicht nur bedauert, sondern auch Reue gezeigt. "Eine Reue, die ich von der Familie Wagner in den letzten 50 Jahren nie vernommen habe“, fügte Bachler in Anspielung auf die Geschichte des "Grünen Hügels“ während der NS-Zeit hinzu.
Die Staatsoper in München will an dem Sänger festhalten. Nikitin soll wie geplant am 11. November im Münchner Nationaltheater die Rolle des Friedrich von Telramund in Wagners "Lohengrin“ singen.
Thilemann, erster Kapellmeister in Bayreuth, zeigte sich über die Tätowierungen Nikitins hingegen empört. Der Sänger habe die Frage des Regisseurs, ob er ein Hakenkreuz-Tattoo habe, verneint. "Was natürlich nicht stimmt. Er hätte sagen müssen: Ja, da war mal eins, das ich mir in einem Anfall von Idiotie stechen ließ. Jetzt ist es übermalt“, sagte Thielemann der Berliner "BZ“ (Monatagausgabe). Zudem kritisierte er Nikitins Management: "Wie kann man einen Sänger so ins Messer laufen lassen?“ Der Sänger hätte besser geschützt werden müssen.
Für Nikitin springt nun der Südkoreaner Samuel Youn ein. "Er hat am Samstag die 'Holländer'-Generalprobe gesungen, und ich war platt, wie toll das war“, sagte Thielemann. Bis zur Premiere habe die Regie jetzt noch ein paar Tage Zeit, um mit ihm zu proben.
Die Festspiele werden am kommenden Mittwoch (25. Juli) mit dem "Fliegenden Holländer“ eröffnet.
(abendblatt.de/dapd)