“Wir sind nicht nur Spaßgesellschaft, wir engagieren uns auch.“ Das gilt für alle jungen Bertini-Preisträger, die im Ernst-Deutsch-Theater für ihre bewegenden Projekte geehrt wurden.

Hamburg. Seit elf Jahren ist sie ein fixer Termin am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus: die Verleihung des Bertini-Preises, die in diesem Jahr schon zum achten Mal über die große Bühne des Ernst-Deutsch-Theaters ging. Auf der es manchmal ganz schön eng wurde, denn 154 Hamburger Jugendliche (alle Namen s. unten) sind mit dem Bertini-Preis 2009 ausgezeichnet worden.

Der Preis wird verliehen an junge Hamburgerinnen und Hamburger, die sich im Sinn des Preis-Mottos engagiert haben: "Hinschauen, wenn andere wegsehen. Sich einmischen, wenn andere schweigen. Erinnern, wenn andere vergessen. Eingreifen, wenn andere sich wegdrehen. Unbequem sein, wenn andere sich anpassen." Sie erinnern an die Opfer der Verbrechen des Nationalsozialismus und an Unmenschlichkeiten anderswo in der Welt (diesmal im Folterlager Guantanamo) und wenden sich gegen Ausgrenzung, etwa von Aids-Infizierten. Der Bertini-Preis ist benannt nach dem autobiografischen Roman "Die Bertinis" des aus Hamburg stammenden Schriftstellers Ralph Giordano. Er war ebenso anwesend wie die Vizepräsidentin der Bürgerschaft, Barbara Duden (SPD), die amerikanische Generalkonsulin Karen E. Johnson, die Autorin Peggy Parnass und eine ganze Reihe ehemaliger Opfer der Nazi-Verfolgungen.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL) gratulierte den Preisträgerinnen und Preisträgern. Sie erinnerte an den Zusammenhang zwischen Bildung, Aufklärung und einem toleranten Miteinander und ermutigte sie, in ihrem Engagement nicht nachzulassen, "denn unsere Demokratie braucht Menschen mit Zivilcourage, sie braucht euch".

Ralph Giordano, der den Preis seit seiner Entstehung im Jahr 1998 begleitet und ihn als eine Krönung seines Lebens bezeichnet, sprach in einem bewegenden Schlusswort zum ersten Mal darüber, was ihn dazu getrieben hat, selbst keine eigenen Kinder zu wollen. Er erzählte von der Gestapo-Folter, die er am eigenen Leib durchlitten hatte - und dass ihm das den bitteren Gedanken eingab: "In diese Welt setzt du keine Kinder." Und dass er diesen Gedanken heute für falsch hält: "Die Nazis haben mir vieles angetan. Aber dass sie mich zu dieser Verweigerung gebracht, dass sie mir den Mut zu eigenen Kindern genommen haben, das ist von all ihren Verbrechen das größte. Ich musste alt werden, um es zu erkennen und bekennen." Dafür gab's Standing Ovations, wie für seinen Dank an die Preisträger.

NDR-Moderatorin Julia-Niharika Sen präsentierte die Preisträger und ihre Projekte - mit je einem kleinen Filmbeitrag, der Laudatio eines Paten aus dem Kreis der Förderer des Preises und einigen Interview-Fragen. Die Jury hatte unter 18 eingereichten Projekten sechs mit einem Bertini-Preis bedacht - jedes Projekt bekam ein Preisgeld in Höhe von 1500 Euro, dazu jeder Mitwirkende eine Urkunde und ein vom Autor signiertes Exemplar der "Bertinis"; bei den beiden Initiatoren eines Buches mit Erinnerungen von Zeitzeugen legte Preis-Pate und Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz "angesichts von so viel Professionalität" noch ein Praktikum beim Abendblatt drauf. Und Ralph Giordano erinnerte bei der Preisvergabe an das Theaterstück über Guantanamo daran, dass es die USA waren, die als erstes Land die Menschenrechte in ihre Verfassung schrieben und die mit hohem Einsatz an der Befreiung Deutschlands von den Nazis mitwirkten.

Bildungssenatorin Christa Goetsch sagte dem Abendblatt nach dem Ende der Veranstaltung, sie wolle jetzt dafür sorgen, dass die preisgekrönten Schülerarbeiten in den Hamburger Schulen größere Verbreitung finden.


Alles über den Bertini-Preis finden Sie unter www.abendblatt.de/kultur sowie unter www.bertini-preis.de