Lütjensee. Seit die Stellplätze an der Großenseer Straße gesperrt sind, weichen die Badegäste in Wohnstraßen aus. Ein Halteverbot wird ignoriert.
Der Nordstrand des Großensees ist bei Badegästen von nah und fern beliebt. Der einstige Geheimtipp ist mittlerweile weit über die Kreisgrenzen hinaus bekannt und auch bei Hamburgern ein beliebtes Ausflugsziel. Besonders reizvoll: Im Unterschied zum Freibad am Südstrand des Großensees zahlen Gäste keinen Eintritt. Denn eigentlich handelt es sich beim Nordstrand überhaupt nicht um eine offizielle Badestelle.
Parkplatzchaos verärgert Anwohner des Nordstrandes des Großensees
Das Ufer und die angrenzenden Waldgebiete sind Teil eines Flora-Fauna-Habitat-Gebiets (FFH) zum Schutz der dortigen Tier- und Pflanzenwelt. Das Baden ist hier zwar erlaubt, doch der große Besucherandrang ist eigentlich nicht erwünscht. Um die Badetouristen abzuschrecken, haben die Gemeinde Lütjensee und die Revierförsterei Bergedorf, die Eigentümerin des Nordstrandes und des umliegenden Waldes ist, 2015 den zuvor von vielen Gästen genutzten Parkplatz an der Großenseer Straße gesperrt – mit mäßiger Wirkung.
Das Parkaufkommen hat sich in die Wohnstraßen verlagert
„Die Gäste kommen trotzdem, nur hat sich das Parkaufkommen in die Wohnstraßen verlagert“, sagt Annegret Jaath. Die Lütjenseerin wohnt am Strandweg in unmittelbarer Nähe des Nordstrandes. Trotz absoluten Halteverbots stellten die Badegäste ihre Fahrzeuge hier ungeniert ab. An Sommerwochenenden gebe es oft kein Durchkommen. „Es gab Tage, da bin ich mit meinem Auto nicht zu meinem Grundstück gekommen“, sagt Jaath und fragt: „Was ist, wenn mal der Rettungswagen oder die Feuerwehr hier durch müssen?“
Mehr als 60 Menschen unterstützen die Interessengruppe
Jaath ist nicht die Einzige, die den aktuellen Zustand für untragbar hält. Im Sommer hat sich eine Interessengruppe aus Anwohnern des Strandweges, Lütjenseern aus anderen Teilen des Ortes, aber auch Erholungssuchenden von außerhalb gebildet, die die Wiedereröffnung des Parkplatzes an der Großenseer Straße fordert. 20 Mitglieder sind aktiv dabei, mehr als 60 Menschen unterstützen die Gruppe nach eigenen Angaben.
In den sozialen Medien wird für die kostenlose Bademöglichkeit geworben
„Die Sperrung des Parkplatzes war von Beginn an eine hilflose Reaktion“, sagt Wolfgang Gudowski von der Initiative, die den Namen „Pro Nordstrand“ trägt. „Es ist doch keine Lösung, einfach zu sagen, dass wir nicht wollen, dass die Leute kommen.“ Im Internet, in den sozialen Medien, werde der Nordstrand als Naherholungsgebiet beworben. „Wir glauben nicht, dass die Leute durch eine Wiedereröffnung des Stellplatzes angelockt werden“, meint der Lütjenseer.
Verkehrsaufsicht sträubte sich zunächst gegen ein Halteverbot
Gleichzeitig müsse das Halteverbot im Strandweg stärker kontrolliert werden. Es war erst im vergangenen Jahr auf Drängen der Anwohner eingerichtet worden. Die Verkehrsaufsicht des Kreises hatte sich zunächst gesträubt, die entsprechende Beschilderung der Straße zu genehmigen. „Es hieß, die sei nicht notwendig, weil das Parken ohnehin nur da erlaubt sei, wo eine Fahrbahn mit 3,05 Meter Mindestbreite frei bleibe“, sagt Gudowski. Der Strandweg sei dafür zu schmal. „Aber auf den ersten Blick erkennt das doch keiner“, sagt er.
Das Bußgeld nehmen viele Badegäste einfach in Kauf
Doch auch die Schilder werden ignoriert. „Zum einen mangels anderer Parkmöglichkeiten“, sagt Gudowski. „Zum anderen, weil das Bußgeld nicht abschreckend ist.“ Das Amt Trittau hat zwar inzwischen eine Kraft zur Überwachung des ruhenden Verkehrs eingestellt. „Aber die 15 Euro Bußgeld nehmen viele einfach in Kauf. An der Ostsee zahlt man für den ganzen Tag Parken das Gleiche.“
Fußgänger und Radfahrer müssen auf die Fahrbahn ausweichen
Im Juni dieses Jahres habe der Kontrolleur an den Wochenenden täglich bis zu 300 Strafzettel im Umfeld des Nordstrandes verteilt. Das habe er aus dem Ordnungsamt erfahren, so Gudowski. Dabei sei der Strandweg nicht der einzige Schwerpunkt. „An der Großenseer Straße wird auf dem Radweg geparkt.“ Fußgänger und Radfahrer müssten so auf die Fahrbahn ausweichen, obwohl dort Tempo 100 gelte.
Der Interessengruppe geht es auch um die Vermüllung
Doch der Interessengruppe geht es nicht nur um die Parkplatzsituation. Auch die Vermüllung am Strand und im Wald möchte sie bekämpfen. Seit Jahren klagen Gemeinde, Anwohner und Försterei über Gäste, die Zigarettenkippen, Kronkorken, Grillkohlereste, Glasscherben und mitunter auch Sperrmüll am Ufer liegen lassen. Nach Einschätzung der Interessengruppe hat sich der Zustand seit Sperrung des Parkplatzes verschlimmert. „Es kommen weniger Familien mit Kindern, dafür werden mehr Jugendliche und junge Erwachsene angelockt, die sich ungestört fühlen und hier an den Sommerabenden Partys feiern“, so Gudowski.
Müllbehälter werden als Feuertonnen missbraucht
Und wenn Alkohol im Spiel sei, scherten sich die Menschen weniger um die Regeln. Die Gemeinde hat inzwischen mehrere leere 50-Liter-Ölblechtonnen als Sammelbehälter aufgestellt. Aus Sicht von Jan Schweitzer keine Lösung. „Die Behälter werden nicht zum Müllsammeln, sondern oft als Feuertonnen genutzt“, sagt er. Die Initiative wirbt für feste Mülleimer und Container am Rand des Areals.
Gäste verrichten ihre Notdurft mangels Toiletten im Wald
Außerdem fordert sie die Errichtung mobiler Toilettenhäuser. „Viele Gäste verrichten ihre Notdurft im Wald“, sagt Gudowski. Feste Sanitäranlagen seien aus rechtlichen Gründen nicht möglich, weil der Nordstrand dadurch zur offiziellen Badestelle mit Unterhaltspflicht durch den Eigentümer werde. Zuletzt wünscht sich die Gruppe einen Strandwart, der an den Sommerwochenenden kontrolliert.
Spielraum der Gemeinde ist laut Bürgermeisterin begrenzt
Lütjensees Bürgermeisterin Ulrike Stentzler kann die Wünsche der Interessengruppe nachvollziehen und hat bereits Gespräche mit Mitgliedern geführt. Sie sagt: „Das Thema begleitet uns schon seit Jahrzehnten.“ Doch sei der Spielraum der Gemeinde begrenzt, da Strand und Parkplatz zwar auf ihrem Gebiet lägen, sie aber nicht Eigentümerin sei.
Der Parkplatz müsste für eine Wiedereröffnung saniert werden
„Ich führe jedes Jahr Gespräche mit der Försterei Bergedorf“, sagt die Politikerin. Diese lehne eine Wiedereröffnung des Parkplatzes bislang ab. „Ich werde das Thema aber noch einmal ansprechen“, so Stentzler. Grundsätzlich entspreche der Parkplatz jedoch nicht mehr den Verkehrssicherungspflichten, sodass Investitionsbedarf bestehe. „Ob die Bezirksförsterei diese Kosten tragen möchte, ist fragwürdig.“
Initiative möchte im Herbst Gespräche mit der Bezirksamtsleitung führen
Feste Abfallbehälter müsse ebenfalls die Försterei aufstellen und auch für ihre Leerung aufkommen. Bisher habe die das abgelehnt und darauf verwiesen, dass Gäste in FFH-Gebieten verpflichtet seien, ihren Müll mitzunehmen. „Seit 2006 übernehmen Gemeindearbeiter die Leerung als freiwillige Leistung.“ Auch jegliche sonstige Infrastruktur sehe die Försterei skeptisch, um den Strand nicht noch attraktiver zu machen. Die Interessengruppe möchte derweil im Herbst selbst Gespräche mit der Leitung des Bezirksamtes Bergedorf führen. „Wir möchten, dass die Natur geschützt wird, aber der Nordstrand trotzdem allen zugänglich bleibt“, sagt Jaath.