Hamburg. Im Auftragsbuch stehen noch zwei A319 für Hamburg International Airlines – warum? Die Fluglinie meldete vor 14 Jahren Insolvenz an.

Im Auftragsbuch von Airbus stehen fast 600 Fluggesellschaften und Leasinggesellschaften. Stand Ende November waren bei dem europäischen Flugzeugbauer Bestellungen über 24.537 Flugzeuge notiert, von denen 15.840 ausgeliefert waren. Fast 8700 Maschinen müssen also noch an die Auftraggeber übergeben werden – und überraschenderweise findet sich darunter der Name einer Hamburger Fluggesellschaft, die vor 14 Jahren Insolvenz angemeldet hat und seitdem nicht mehr fliegt.

Hamburg International Airlines füllt in der umfangreichen Excel-Tabelle mit den Bestellungen bei dem DAX-Konzern die Zeile 309 aus. Von zwölf einst bestellten A319 sind zehn Exemplare ausgeliefert worden. Zwei Orderpositionen sind also noch offen. Aber warum wurden sie nicht gestrichen? Rechnet Airbus noch mit der Auslieferung der beiden Flugzeuge?

Airbus – Rätsel um einen alten Auftrag für zwei Flugzeuge

„Eine Angabe im Orderbuch wird erst dann gelöscht, wenn alle formalen Vorgaben gegeben sind“, sagte Airbus-Sprecher Heiko Stolzke auf Anfrage unserer Redaktion. Dies sei bei Hamburg International Airlines noch nicht der Fall. Zu weiteren Details von Kundenverträgen mache man keine Angaben.

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    Rückblick: Hamburg International Airlines wurde im Jahr 1998 gegründet. Das Unternehmen verfolgte das Ziel, überwiegend für die großen Reiseveranstalter als Charterflieger Touristen an die üblichen Ferienziele zu fliegen. Die Flugzeuge hoben häufig von kleinen Flughäfen wie etwa Kassel, Friedrichshafen oder Saarbrücken ab.

    Hamburg International Airlines flog einst den HSV und Werder Bremen

    Als weitere Geschäftsfelder galten der ethnische Verkehr mit Flügen zum Beispiel nach Pristina im Kosovo und das exklusive Verchartern ganzer Jets. Auf der Kundenliste standen die Fußballclubs HSV und Werder Bremen, deren Profis mit der Airline zu Auswärtsspielen unterwegs waren.

    In mehr als zehn Jahren Firmengeschichte soll nur im Jahr 2008 ein Verlust angefallen sein. Als Gründe dafür wurden die hohen Treibstoffpreise genannt sowie der Flottenwechsel von Boeing zu Airbus. Einst flog die Airline mit bis zu sieben Boeing 737, ehe auf die A320-Familie umgeschwenkt wurde. Bei ihr setzte die Fluggesellschaft auf die zweitkleinste Variante, den A319.

    Hamburg International meldete vor 14 Jahren Insolvenz an

    Am 19. Oktober 2010 meldete das Unternehmen allerdings Insolvenz an. Die Marktbedingungen für Charterflieger hätten sich verschlechtert, hieß es aus Branchenkreisen. „Immer häufiger buchen die Reiseveranstalter nur noch einen Teil der Sitzplatzkapazität eines Flugzeugs“, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg damals.

    Hamburg International musste die übrigen Plätze also in Eigenregie verkaufen. Das dafür erforderliche Buchungssystem sowie das Marketing trieben die Kosten nach oben. Zudem saß in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise das Geld der Firmen nicht mehr so locker, Mitarbeiter im Charterjet um die Welt fliegen zu lassen.

    Insolvenzverwalter Undritz ist bis heute in dem Fall aktiv

    Vor diesem Hintergrund hätten die Geschäftsführer von Hamburg International Gespräche mit potenziellen Investoren aufgenommen. Der Investorenprozess hätte aber „leider nicht in der erforderlichen Schnelligkeit realisiert werden“ können, teilte das Unternehmen im Zuge der Insolvenzanmeldung mit.

    Sven-Holger Undritz von der Hamburger Kanzlei White & Case wurde im Jahr 2010 zum Insolvenzverwalter bestimmt – und ist bis heute in dem Fall aktiv. Das Insolvenzverfahren Hamburg International Airlines sei bisher nicht abgeschlossen, teilte White & Case auf Anfrage mit. Das Gleiche gelte auch für die Nachfolgegesellschaft Hamburg Airways, so die Kanzlei.

    Auch Nachfolgegesellschaft Hamburg Airways rutschte in die Insolvenz

    Denn Hamburg International wurde ein knappes halbes Jahr später von Hamburg Airways übernommen. Am 9. Januar 2015 beantragte aber auch die Fluglinie Hamburg Airways, die zuletzt mit vier A320-Jets flog, ein Insolvenzverfahren. Gründe wurden damals nicht genannt. Der Chartermarkt galt aber auch vor rund einer Dekade weiterhin als angeschlagen.

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    Undritz erhielt auch in diesem Verfahren den Zuschlag als Insolvenzverwalter – und ist ebenfalls bis heute aktiv. Beide Insolvenzverfahren liefen noch, „weil langwierige Rechtsstreitigkeiten, zum Teil über mehrere Instanzen, zu führen waren“, so White & Case.

    Auftrag über zwei Airbus-Jets: Hat der Insolvenzverwalter eine Erklärung?

    Im nächsten Jahr sollen die Schlussberichte eingereicht werden. Ob die Verfahren dann auch 2025 enden, sei aber offen.

    Bleibt die Frage, ob der Insolvenzverwalter eine Erklärung dafür hat, warum die beiden A319 noch im Auftragsbuch von Airbus stehen, und dieses Rätsel lösen kann. Die Antwort von White & Case fällt kurz und eindeutig aus: „Nein.“