Hamburg. DAX-Konzern schafft 2023 wichtiges Auslieferungsziel und sammelt Order über gut 2000 neue Jets ein. Aktie vor Rekordhoch.

Airbus hat eines der wichtigsten Geschäftsziele für 2023 erreicht. Man habe im vergangenen Jahr an 87 Kunden 735 Flugzeugeausgeliefert, teilte das Unternehmen am Donnerstag nach Börsenschluss mit. Das Ziel lag bei etwa 720 Fliegern. Die Europäer holten damit zum fünften Mal in Folge den Titel des größten Flugzeugbauers der Welt. Erzrivale Boeing lieferte 528 Jets aus.

Zudem meldete der DAX-Konzern einen Auftragsrekord. Es gingen Bestellungen über 2319 Flugzeuge von Airlines und Leasinggesellschaften ein. Nach Abbestellungen waren es netto 2094 Stück.

Airbus erhält so viele Aufträge wie nie zuvor

Die bisherige Bestmarke für Bestellungen datiert aus dem Jahr 2014 mit 1796 georderten Maschinen, von denen nach Stornierungen 1456 übrig blieben. Bei den Nettobestellungen wies Airbus bisher 2013 als bestes Jahr der bis 2006 zurückreichenden Statistik aus. Damals wurden unterm Strich Kaufverträge über 1503 Maschinen abgeschlossen. Nach dem Ende der Corona-Krise bestellen die Fluggesellschaften wieder kräftig. Boeing vermeldete 2023 Order über 1456 Exemplare, nach Stornierungen waren es 1314.

Den Höhepunkt der Bestellflut erreichte Airbus am 19. Juni 2023. Die indische Fluggesellschaft IndiGo bestellte auf der Paris Air Show verbindlich 500 Stück der A320-Familie. Es war der größte Einzelkaufvertrag in der Geschichte der kommerziellen Luftfahrt.

Die meisten Bestellungen gibt es für die A320-Familie

Am meisten geordert wird traditionsgemäß die A320-Familie. Für diese Flugzeuge ist das Hamburger Werk das Kompetenzzentrum. Etwa jeder zweite Flieger der Reihe wird auf Finkenwerder endmontiert. Die Aufträge sichern also die Beschäftigung an der Elbe.

„Wir haben noch nie so viele A320 und A350 in einem Jahr verkauft, ganz zu schweigen davon, dass wir sieben neue Kunden für die A350-1000 gewinnen konnten“, sagte Christian Scherer, der langjährige Verkaufs- und seit Januar neue Flugzeugspartenchef: „Die Nachfrage nach Reisen ist wieder da, und es herrscht eine große Dynamik!“

Auch bei den Auslieferungen stellte die A320-Familie den Löwenanteil. 571 Flugzeuge des Verkaufsschlagers wurden an Airlines übergeben. Zudem waren es 64 Jets des modernen Großraumjets A350 und 32 A330-Langstreckenflieger. Beide Flugzeugtypen werden in Toulouse zusammengebaut. Vom A220, der das kleinste Flugzeug im Programm ist und in Nordamerika endmontiert wird, wechselten 68 Jets in den Besitz von Airlines.

Im Dezember wurden deutlich mehr Maschinen ausgeliefert als in Vormonaten

Das Auslieferungsziel wurde dank eines heißen Jahresendspurts erreicht, den die Mitarbeiter aus den vergangenen Jahren fast schon gewohnt sind. Bis Ende November waren erst 623 Flieger übergeben worden. Rechnerisch also 57 pro Monat. Im Dezember waren es dann 112 Maschinen. Zum Bestwert aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 von 863 Flugzeugen fehlt aber noch ein gutes Stück.

„Das Jahr 2023 war ein Meilenstein für das Airbus-Verkehrsflugzeuggeschäft mit außergewöhnlichen Bestellungen und Auslieferungen am oberen Ende unserer Zielvorgaben“, sagte Airbus-Vorstandschef Guillaume Faury und dankte den Kunden, Zulieferern und allen Mitarbeitern, die dies ermöglicht haben.

„Eine Reihe von Faktoren hat dazu beigetragen, dass wir unsere Ziele erreicht haben, darunter die erhöhte Flexibilität und Leistungsfähigkeit unseres globalen industriellen Systems sowie die starke Nachfrage der Fluggesellschaften nach einer Erneuerung ihrer Flotten mit unseren modernsten und treibstoffeffizientesten Flugzeugen“, so Faury.

Airbus musste 2022 das Auslieferungsziel zweimal kappen

Das Erreichen des Auslieferungsziels – neben dem erwarteten Gewinn und dem Free-Cashflow die für die Finanzwelt eine der wichtigsten Kennziffern bei den jährlichen Geschäftsprognosen – war von Experten und Analysten infrage gestellt worden. Nicht zuletzt wegen der Erfahrungen aus dem Vorjahr.

2022 musste Airbus die damals ebenfalls angestrebte Marke von etwa 720 Fliegern zweimal senken, zuletzt Anfang Dezember. Dabei wurde vor allem auf massive Probleme bei den Zulieferern verwiesen. Letztlich ausgeliefert wurden 661 Jets. Die Situation der Zulieferer gilt weiterhin als schwierig, vor allem weil wie in so vielen Branchen Fachkräfte fehlen.

Airbus erwartet wohl keine Lieferprobleme bei Triebwerken

Zudem ruft der Hersteller Pratt & Whitney etwa 3000 schon im Einsatz befindliche Triebwerke zu vorgezogenen Inspektionen in die Werkstätten, weil jahrelang ein möglicherweise schadhaftes Pulvermetall verwendet wurde. Der US-Konzern baut die Motoren für etwa die Hälfte aller Maschinen der A320neo-Familie.

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Allerdings hatte Hamburger Airbus-Manager Gerd Weber, der die weltweiten A320-Endmontagelinien leitet, bereits Ende November Entwarnung gegeben. „Wir haben jetzt alle Teile an Bord für das, was wir dieses Jahr noch ausliefern wollen“, sagte Weber damals. Zudem seien mit Pratt & Whitney die Lieferungen der benötigten Triebwerke für das Jahr 2024 abgesichert.

Airbus soll in den nächsten Jahren 8598 Flugzeuge bauen – Stand jetzt

Der Konzern sitzt auf einem dicken Auftragsbuch. Über alle Flugzeugtypen hinweg soll er in den nächsten Jahren 8598 Flugzeuge liefern. Daher plant das Management, die Fertigungsrate bei der A320-Familie von derzeit vermutlich 50+ pro Monat – eine aktuelle Rate nennt das Unternehmen nicht – bis 2026 auf 75 zu erhöhen.

Über alle Programme hinweg dürften dann mehr als 100 Flugzeuge pro Monat fertig produziert werden. Wie viele Flugzeuge Airbus in diesem Jahr ausliefern will, wird wie üblich auf der Bilanzpressekonferenz bekannt gegeben, die für den 15. Februar terminiert ist.

Airbus: Aktie steigt am Donnerstag auf Rekordhoch

An der Börse wird die Geschäftsentwicklung in den vergangenen Wochen goutiert. Die Aktie übersprang an diesem Donnerstagmorgen die Marke von 145 Euro – so hoch stand sie noch nie.

Die Analysten der britischen Investmentbank Barclays sind optimistisch. In einer Studie von Montag stufen sie das Papier auf „Übergewichten“ mit Kursziel 152 Euro. In Analysen aus der ersten Januar-Woche bewertet das Analysehaus Jefferies die Titel mit „Kaufen“ und Kursziel 150 Euro, während die Schweizer UBS „Verkaufen“ rät und den fairen Wert bei 110 Euro ansiedelt.