Hamburg. Bundeskanzler muss heute vor dem U-Ausschuss in Hamburg Rede und Antwort stehen. Ab und an schaltet er in den Wahlkampfmodus.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-ex-Skandal steuert auf sein großes Finale zu – und das vier Jahre nach seinem Start: An diesem Freitag hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum dritten Mal als Zeuge ausgesagt.
Auch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) sowie aus Schleswig-Holstein der frühere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und Ex-Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) wurden als Zeugen geladen.
Das Abendblatt begleitete die Sitzung in diesem Live-Blog. Lesen Sie hier, wie die Befragung des Bundeskanzlers an diesem Freitag abgelaufen ist:
- Olaf Scholz schaltet in Wahlkampfmodus: „Drama von Vorgängersenat geerbt“
- Olaf Scholz zu HSH Nordbank – bislang ertönt kein: „Ich erinnere mich nicht“
- Bundeskanzler Scholz: „Wer sich seiner Steuerpflicht entzieht, handelt unmoralisch und verwerflich“
- Befragung von Olaf Scholz in Hamburg dürfte stark vom Wahlkampf geprägt sein
- Medienbericht: HSH Nordbank soll weitere 275 Millionen Euro vorenthalten haben
- Befragung von Olaf Scholz zu Cum-Ex-Skandal: Dritter Auftritt an drittem Tagungsort in Hamburg
Die heutigen Zeugenbefragungen zeigen einmal mehr, dass ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zwar nach den Regeln der Strafprozessordnung abläuft, aber dennoch im Kern ein politisches Gremium ist. Die Opposition wollte kurz vor Wahl unbedingt zum wiederholten Mal den Bundeskanzler und den Bürgermeister von der SPD vorladen, diese revanchierte sich und lud die früheren Spitzenpolitiker der CDU vor. Bahnbrechende Erkenntnisse gab es von beiden Seiten nicht.
16.50 Uhr: In einem öffentlichen Schreiben nimmt CDU-Obmann Richard Seelmaecker noch einmal Stellung zum heutigen Tag und resümiert die bisherigen Handlungen des Bundeskanzlers: „. Bei Olaf Scholz läuteten keinerlei Alarmglocken: Weder veranlasste er eine intensive Durchleuchtung der krisengeschüttelten HSH Nordbank, um weitere Haftungsrisiken für die Stadt aufzudecken. (...) Unternommen haben Olaf Scholz und Peter Tschentscher nichts. Außer markigen Worten hat keiner von beiden politisch Verantwortlichen etwas gegen den Steuerraub unternommen. Sie ließen zu, dass eine staatseigene Bank das eigene Volk bestiehlt.“
Milan Pein, Obmann der SPD-Fraktion Hamburg im PUA, sieht indes Olaf Scholz und Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) nach den Zeugenaussagen „vollständig entlastet“. Pein: „Wenn aus knapp vier Jahren Untersuchungsausschuss, der Vernehmung von mehr als 50 Zeugen und zehntausenden Seiten Akten und Beweismittel nicht mehr herauskommt als ‚Der Bundeskanzler erinnert sich nicht im Detail an Termine‘ dann zeigt das nur eines: Von den Vorwürfen gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher ist nichts, aber auch gar nichts übrig geblieben.“
16 Uhr: Nun sagt die frühere schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) aus. Sie betont, dass sie gemeinsam mit ihrem damaligen Hamburger Amtskollegen Peter Tschentscher (SPD) darauf gedrängt habe, dass die HSH ihre Cum-Ex-Geschäfte aufklärt und die Steuern erstatte. Ihre Befragung dauert nur 15 Minuten.
„Scholz, Schluss mit dem Theater!“ – Protestaktion an der Mönckebergstraße
Während sich wenige hundert Meter entfernt Bundeskanzler Olaf Scholz den Fragen des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses stellen muss, formiert sich an Hamburgs Mönckebergstraße eine kleine Protestaktion. Eine Handvoll Demonstrantinnen und Demonstranten fordern Klarheit vom Ex-Bürgermeister. Sie gehören zum Verein „Finanzwende“. „Scholz, Schluss mit dem Theater!“, steht auf Transparenten, die sie in Händen halten. Auch ein übergroßer Kopf von Olaf Scholz war dort aufgestellt.
Peter Harry Carstens hätte an diesem Freitag lieber an einer „Drückjagd“ teilgenommen
15.45 Uhr: Nach einer halben Stunde ist daher auch der Ex-Ministerpräsident wieder entlassen. Diese Befragung hat den Ausschuss nicht wirklich weitergebracht. Auch Carstensen, ein passionierter Jäger, deutete an, dass er an diesem Tag lieber an einer „Drückjagd“ teilgenommen hätte.
Nach Scholz sagt Peter Harry Carstensen aus: „Als Regierungschef hatte ich von Cum-Ex keine Ahnung“
Als zweiter Zeuge sagt heute Peter Harry Carstensen (CDU) vor dem Untersuchungsausschuss aus. Der 77-Jährige war Ministerpräsident von Schleswig-Holstein (2005 bis 2012), als die HSH Nordbank in Schieflage geriet und zu einem Milliarden-Risiko für ihre Eigentümer, die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, wurde.
Gleich zu Beginn stellt er allerdings klar, dass er zu seiner Zeit als Regierungschef von Cum-Ex „keine Ahnung“ gehabt habe. „Ich wusste gar nicht, was das ist.“ Zwar plaudert er offen über den damaligen Umgang mit der Bank, aber zum eigentlichen Thema des PUA kann Carstensen offensichtlich nichts beitragen.
Warum Olaf Scholz plötzlich über Werbung für Langlaufski oder Fernreisen spricht
15.13 Uhr: Der Vorsitzende Mathias Petersen (SPD) stellt fest, dass es keine weiteren Fragen gibt. Er entlässt den Zeugen Olaf Scholz und wünscht ihm frohe Feiertage. Der Bundeskanzler, der in einigen Tagen die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und Neuwahlen herbeiführen will, schaltet sein Mikrofon noch einmal an und sagt: „Da passiert noch was bis dahin.“ Dann verlässt er den Raum.
15.08 Uhr: Richard Seelmaecker (CDU) fragt, ohne zu sagen, warum das von Belang ist, nach aktuellen und früheren Mail-Adressen von Olaf Scholz. Dieser erläutert die unterschiedlichen Adressen, unter anderem eine, an die private Post gehe. „Da bekomme ich vor allem Werbung, für Langlauf-Ski oder Fernreisen.“
Olaf Scholz schaltet in Wahlkampfmodus: „Drama habe ich von Vorgängersenat geerbt“
14.55 Uhr: Scholz stellt schmunzelnd eine „Frage zur Geschäftsordnung“: „Kann ich irgendwie zu einem Kaffee kommen?“ Kurz darauf bekommt er einen schlichten weißen Becher, ohne Untertasse. Nach fast 90 Minuten Befragung wird die Atmosphäre lockerer.
14.52 Uhr: Auch der Bundeskanzler schaltet hin und wieder in den Wahlkampfmodus. Mehrfach verweist er darauf, dass er das Drama um die HSH Nordbank ja „von meinem Vorgängersenat geerbt habe“. Ohne den CDU-Senat direkt zu nennen, kritisiert er scharf, wie zu dessen Zeiten „die größenwahnsinnigen Pläne zur Expansion“ der Bank verfolgt worden seien. Auf Frage von Norbert Hackbusch (Linke) nach dem Bericht über die Cum-Ex-Geschäfte sagt er: „Aus meiner Sicht war das ein guter Bericht.“ Viel wichtiger sei ihm aber immer gewesen, wie man die Milliarden-Risiken der HSH aus der Expansion im Schifffahrtsbereich reduzieren könne.
Der Bundeskanzler muss nun doch immer wieder passen: „Daran erinnere ich mich nicht“
14.44 Uhr: Mittlerweile sagt der Bundeskanzler doch hin und wieder: „Daran erinnere ich mich nicht.“ Etwa als es darum geht, was der frühere HSH-Vorstandschef Stefan Ermisch im PUA ausgesagt hatte.
Dass die HSH nämlich nach der Aufdeckung ihrer Cum-Ex-Geschäfte selbst mit einer Strafverfolgung und infolge auch mit einem Bußgeld gerechnet habe (was es beides nie gab). Auf die Frage, ob das damals Thema im Senat gewesen sei, sagt er: „Ich kann mich daran nicht erinnern.“
Olaf Scholz über Cum-Ex-Skandal: Als David Stoop (Linke) an der Reihe ist, wird es speziell
14.30 Uhr: Es wird speziell. David Stoop (Linke) will wissen, inwiefern Scholz als Bürgermeister dem von der HSH Nordbank selbst in Auftrag gegebenen Clifford-Chance-Bericht über die Cum-Ex-Geschäfte vertraut habe. Scholz räumt ein, dass er sich danach nicht mehr viel um das Thema gekümmert habe: „Ich war so zufrieden über die Aufklärung.“
Stoop hakt nach: Der Senat habe damals doch kommuniziert, dieser Bericht solle nun geprüft werden. Sei das etwa nicht geschehen? Olaf Scholz dazu: „Ich habe gar keinen Zweifel, dass die Finanzverwaltung da ordentlich vorgegangen ist.“
Stoop verweist darauf, dass ein Finanzbeamter ausgesagt habe, dass es viel zu wenig Personal für die HSH-Prüfung gegeben habe, nämlich nur 1,5 Stellen. Scholz entgegnet, dass sein damaliger Finanzsenator Peter Tschentscher daher ja die Steuerverwaltung ausgebaut habe: „Es ist nur nicht so leicht, gute Leute zu finden, weil es ja auch einen Wettbewerb mit privaten Unternehmen gibt.“
Olaf Scholz: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendwas nicht aufgeklärt werden sollte“
14.20 Uhr: Farid Müller (Grüne) fragt den Bundeskanzler, ob sich der Senat 2017 in einem „Zielkonflikt“ befunden habe: Einerseits habe man die Milliarden-Risiken der HSH Nordbank von den Bundesländern weghalten müssen, andererseits Cum-Ex-Geschäfte aufklären und so der Bank weiter schaden müssen.
Scholz erwidert: „Nein, ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendetwas nicht aufgeklärt werden sollte und das Geld in der Bank belassen werden sollte.“ Alle politisch Verantwortlichen, auch in Schleswig-Holstein, seien sich einig gewesen: „Wir wollen, dass das zurückgezahlt wird.“
Milan Pein (SPD): „Ich lasse hier kein Politiktheater zu“
14.15 Uhr: Es wird erstmals kiebig: Weil Richard Seelmaecker (CDU) mehrfach nach Bezügen zum Warburg-Komplex fragt, den der PUA längst abgehandelt hat und zu dem Scholz schon zweimal befragt wurde, interveniert Milan Pein (SPD): „Ich lasse hier kein Polittheater zu.“ Auch der Vorsitzende Mathias Petersen (SPD) bittet um mehr Sachlichkeit und weniger Wahlkampf.
14.10 Uhr: Nachdem der vom Arbeitsstab des PUA vorbereitete Fragenkatalog abgearbeitet ist, dürfen nun die Abgeordneten Fragen stellen. Es beginnt Richard Seelmaecker (CDU): Unter anderem spricht er den Bundeskanzler auf seine Treffen als Bürgermeister mit Warburg-Geschäftsführer Christian Olearius an und will wissen, ob er diesem seine Haltung zu Cum-ex-Geschäften mitgeteilt habe. Scholz entgegnet, er habe in den früheren Vernehmungen alles dazu gesagt: „Daher wissen Sie, dass ich keinen Beitrag dazu leisten kann.“
Olaf Scholz zu HSH Nordbank – bislang ertönt kein: „Ich erinnere mich nicht“
14 Uhr: Auffallend: Scholz hat in den ersten 30 Minuten noch keinmal gesagt, dass er sich nicht mehr erinnere. In den ersten beiden Befragungen fiel diese Formulierung dutzendfach. So sagt er zum „Altonaer Fall“, dem ersten Cum-Ex-Geschäft, dass die Hamburger Finanzbehörde verfolgt hatte, er wisse davon, aber nicht mehr, woher er das erfahren habe.
13.50 Uhr: Erstmals geht es um die brisanten Cum-ex-Geschäfte: Der Bundeskanzler berichtet, dass er als Bürgermeister vom damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher darüber informiert wurde. Auf Basis des Prüfungsberichts, den die Rechtsanwaltskanzlei Clifford Chance im Auftrag der HSH erstellt hatte, habe er das erfahren, was auch dem Ausschuss für öffentliche Unternehmen der Bürgerschaft mitgeteilt worden sei.
Auf die Frage, ob es aus seiner Sicht auch um Cum-Cum oder nur um Cum-Ex ging, antwortet Scholz, dass er die HSH nur mit dem Thema Cum-Ex verbinde.
Bundeskanzler Scholz: „Wer sich seiner Steuerpflicht entzieht, handelt unmoralisch und verwerflich“
13.46 Uhr: Scholz berichtet, dass der Senat sich ständig mit der damaligen Schieflage der HSH Nordbank beschäftigt habe: „Wir haben uns oft über die Frage HSH unterhalten.“ Immer sei es darum gegangen, wie man die Milliardenrisiken minimieren könne und wie man die Bank retten könne: „Ununterbrochen hat das Thema eine Rolle gespielt.“
13.35 Uhr: Im Gegensatz zu seinen ersten beiden Befragungen hält Scholz nur ein sehr kurzes, etwa fünfminütiges Eingangsstatement. Er betont: „Wer sich seiner Steuerpflicht entzieht, handelt unmoralisch und verwerflich.“ Zum Komplex Warburg hätten mehr als 50 Zeugenbefragungen „keinen Hinweis“ auf Einflussnahme durch die Politik ergeben.
Zu den Cum-ex-Geschäften der HSH Nordbank habe er keine Akten eingesehen, habe sich vor der Sitzung aber kurz über den Sachverhalt aufklären lassen. Danach betont er erneut, dass Cum-Ex- und ähnliche Geschäfte „Straftaten“ seien und aufgeklärt werden müssten.
Olaf Scholz kommt durch einen Nebeneingang in den Saal in Hamburg
13.27 Uhr: Olaf Scholz kommt durch einen Nebeneingang in den Saal. Er begrüßt den PUA-Vorsitzenden Mathias Petersen (SPD) und einige Abgeordnete per Handschlag. Dann nimmt er seinen Platz am Ende des Saals ein – gegenüber den Vorsitzenden. Auf dem Tisch steht ein schlichtes Schild mit der Aufschrift „Olaf Scholz. Zeuge“. Immer in seiner Nähe: Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Wie üblich bei Zeugenbefragungen bitte der PUA-Vorsitzende Mathias Petersen (SPD) den Bundeskanzler um Angaben zu seiner Person. Dieser antwortet auf die Frage nach Beruf, Alter und Wohnort mit „Rechtsanwalt“, „66“ und „Potsdam.“
Alle warten auf die Ankunft von Olaf Scholz – im Saal werden die Jalousien heruntergelassen
Gleich geht‘s los. Im Saal des AP6 werden die Jalousien heruntergelassen. Die Abgeordneten sind bereits da, und Dutzende Fotografen und Kamerateams warten auf die Ankunft des Bundeskanzlers. Vermutlich wird er zu Beginn seiner Vernehmung die Gelegenheit nutzen, ein ausführliches Eingangsstatement abzugeben – so hatte Olaf Scholz es bei seinen ersten beiden Auftritten als Zeuge im PUA Cum-Ex gehalten.
Befragung von Olaf Scholz in Hamburg dürfte stark vom Wahlkampf geprägt sein
Am Freitag wurde bekannt: „Ampel-Aus“ ist das Wort des Jahres 2024. In Anbetracht der vorgezogenen Neuwahl des Bundestags (23. Februar) und der (planmäßigen) Bürgerschaftswahl Anfang März dürfte die Befragung stark vom Wahlkampf geprägt sein. Dabei geht es dem Untersuchungsausschuss um Vorgänge, die teilweise mehr als ein Jahrzehnt zurückliegen – die Cum-ex-Deals der früheren HSH Nordbank.
Medienbericht: HSH Nordbank soll weitere 275 Millionen Euro vorenthalten haben
Kurz vor der Sitzung berichtete der „Stern“, dass die frühere HSH Nordbank nicht nur Cum-Ex, sondern auch ähnlich brisante Cum-Cum-Geschäfte getätigt und damit dem Fiskus zwischen 2003 und 2012 weitere 275 Millionen Euro vorenthalten habe.
Auf Abendblatt-Nachfrage wies die Hamburg Commercial Bank (HCOB) als Nachfolgebank der HSH Nordbank diese Darstellung jedoch als „nicht korrekt“ zurück: „Dem Fiskus entgingen keine 275 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum/Cum-Geschäften“, teilte das Institut mit.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) habe 2017 die Voraussetzungen für die Steueranrechnung aus Cum/Cum-Geschäften verschärft, woraufhin die Bank ihre Geschäfte prüfen lassen und diese Analyse dem Finanzamt offengelegt habe: „Dies hat die Steueranrechnungen aufgrund der verbindlichen Vorgaben des Ministeriums anerkannt“, so die HCOB.
Erst im Jahre 2021 habe das BMF die Voraussetzungen nochmals verschärft, worauf die Cum-Cum-Geschäfte erneut geprüft würden. Dabei gehe es „um Anrechnungsbeträge im einstelligen Millionenbereich“.
Olaf Scholz in Hamburg zu Cum-Ex-Skandal: Dritter Auftritt an drittem Tagungsort
Obwohl es bereits der dritte Auftritt von Olaf Scholz vor dem Untersuchungsausschuss ist, sind die Rahmenbedingungen jedes Mal andere. Beim ersten Anlauf 2021 war Scholz noch Bundesfinanzminister und wurde wegen der Corona-Beschränkungen im ebenso prächtigen wie riesigen Festsaal des Rathauses befragt, wo alle Beteiligten reichlich Abstand halten konnten.
Bei seiner zweiten Befragung im Sommer 2022 war der Sozialdemokrat bereits Bundeskanzler und wurde im Plenarsaal der Bürgerschaft vernommen – wo ihm ironischerweise genau jener Platz auf der Senatsbank zugewiesen wurde, der ihm sieben Jahre lang als Erster Bürgermeister vorbehalten war.
An diesem Freitag wird es dagegen schlichter und enger: Der PUA tagt mittlerweile im futuristischen Neubau der Handelskammer am Adolphsplatz, wo die Bürgerschaft Räume angemietet hat. Nachteil für Medien und andere Beobachter: In dem relativ kleinen Saal sitzen sie auf einer Empore, von wo aus die Zeugen meistens nicht direkt zu sehen sind.
Warum der Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft ins Leben gerufen wurde
Der Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wurde 2020 auf Betreiben von CDU und Linkspartei ins Leben gerufen. Das mit Abgeordneten aller Fraktionen besetzte Gremium hat zunächst untersucht, warum die Finanzämter in den Jahren 2016 und 2017 darauf verzichtet hatten, von der Warburg-Bank rund 90 Millionen Euro aus Cum-ex-Geschäften zurückzufordern, und welche Rolle Scholz und Tschentscher in ihrer Zeit als Bürgermeister und Finanzsenator dabei spielten.
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Olaf Scholz bei Cum-Ex-Befragung: „Erinnerungslücke“ sorgt für viel Kritik
Dabei standen vor allem drei Treffen von Scholz mit den Gesellschaftern der Bank im Mittelpunkt. Bei seinen ersten beiden Befragungen im PUA hatte Scholz die Treffen zwar eingeräumt, aber darauf beharrt, dass er sich überhaupt nicht an den Inhalt erinnere. Das hatte für viel Kritik gesorgt.
Während die Oppositionsparteien CDU, Linke und AfD es für mehr oder weniger erwiesen halten, dass die beiden SPD-Politiker ihre Finger im Spiel hatten, bestreiten diese das energisch. Die sozialdemokratischen Vertreter im Ausschuss verwiesen immer wieder darauf, dass der Stadt kein Schaden entstanden sei, da Warburg die Steuern inklusive Zinsen erstattet habe. Zudem hätten mehr als 50 Zeugen, darunter die direkt mit dem Fall befassten, ausgesagt, dass sie von einer politischen Einflussnahme auf die Entscheidung des Finanzamtes nichts mitbekommen hätten.
Zuletzt stand vor allem die Warburg-Bank im Fokus des PUA – nun soll es um die HSH Nordbank gehen
Die Anwälte der Warburg-Gesellschafter hatten sich mehrfach im Ausschuss beschwert, dass nur ihre Mandanten und die Warburg-Bank am Pranger stünden, nicht aber andere Institute, die ebenfalls Cum-ex-Geschäfte getätigt hätten. Explizit hatten sie auf die frühere HSH Nordbank verwiesen und verlangt, dass deren Geschäfte ebenfalls untersucht werden müssten. Andernfalls werde man die zu Beginn jeder Sitzung übliche Befreiung der Zeugen vom Steuergeheimnis überdenken. Erst daraufhin hatte die Bürgerschaft den Auftrag des PUA auch auf die frühere Landesbank ausgedehnt.
Im Herbst kam es zu einem ungewöhnlichen Schritt: Während die Protokolle von Sitzungen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses normalerweise geheim sind – unter anderem, um Zeugen keine Möglichkeit zur Vorbereitung zu geben – wurde im PUA Cum-Ex eine Ausnahme gemacht. Auf Druck der SPD wurden die Protokolle der Vernehmungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Datenbank der Bürgerschaft veröffentlicht. Für jedermann nachzulesen ist auch, was Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und dessen Vorgänger Wolfgang Peiner (CDU) ausgesagt haben.