Hamburg. Dubai-Schokolade, Reformkaffee, Bärentatzen: Was die neuen Eigentümer aus Thüringen für die traditionsreiche Konfiserie-Gruppe planen.
Direkt am Eingang stapeln sich Adventskalender. In den Regalen stehen Kekse und Schokoladen neben diversen anderen feinen Süßwaren. Mitten in dem Ladenlokal sind rote Säckchen aufgebaut, mit lauter Weihnachtsspezereien. Auch am frühen Vormittag strömen Kunden herein, sammeln Schoko-Glitzerkugeln, Geleesterne und Bärentatzen in kleine Einkaufskörbe. Arko ist in der Adventszeit ein Anziehungspunkt im Einkaufszentrum Quarree in Wandsbek.
Corinna Wartenberg lächelt beim Blick auf die Kundschaft am Pralinentresen. „Es hat sich herumgesprochen, dass es in den Filialen von Arko und Hussel weitergeht. Wir sind wieder da“, sagt die Geschäftsführerin bei Viba Sweets. Der Süßwarenhersteller aus Thüringen hat die bekannten Marken nach der Insolvenz der Deutschen Confiserie Gruppe im Mai übernommen. Mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft wollen die neuen Eigentümer jetzt durchstarten.
Nach der Insolvenz: So geht es mit Arko und Hussel weiter
In Hamburg gibt es von zuvor 15 noch neun Geschäfte: Außer Wandsbek sind es Othmarschen, Blankenese, Rissen, Volksdorf, Neugraben (Marktpassage), Farmsen (EKT), Osdorf (EEZ), Poppenbüttel (AEZ). Bundesweit hat sich das Filialnetz der auf Süßwaren, Kaffee und Tee spezialisierten Marken Arko, Hussel und Eilles (in Lizenz) von etwa 300 auf 150 halbiert.
Von 1200 Beschäftigten sind noch 600 im Unternehmen. Die Zentrale wurde vom ehemaligen Arko-Stammsitz im schleswig-holsteinischen Wahlstedt nach Bad Segeberg verlegt und deutlich verkleinert. Auch die Zahl der sogenannten Depots in Supermärkten ist im Zuge von Insolvenzverfahren und Sanierung um etwa ein Drittel zurückgegangen. „Ein Teil haben wir inzwischen zurückerobert und sind jetzt wieder bei mehr als 2000 Regalplatzierungen. Das ist ein wichtiger Baustein für die Präsenz unserer Marken“, sagt die Viba-Geschäftsführerin.
Arko-Stammsitz nach Bad Segeberg verlegt
In den vergangenen Monaten war die 43 Jahre alte Vertriebs- und Marketingexpertin, die Viba Sweets mit den neuen Tochterfirmen gemeinsam mit Hauptgesellschafter Karl Heinz Einhäuser (Beirat), Holger Storch (geschäftsführender Gesellschafter) und Marko Falk (Finanzen) führt, viel unterwegs, hat den Großteil der Standorte besucht. Es ist für die Thüringer Süßwarenhersteller mit den Hauptmarken Viba (Nougat) und Heilemann (Schokolade) im Wortsinn Neuland. Wichtig für Kunden: Die bekannten Produkte sind nach schwieriger Zeit während des Insolvenzverfahrens wieder vollständig zurück in den Filialen.
„Wir haben 1000 Artikel im Angebot, davon 500 im Basissortiment. Außerdem haben wir eine Qualitätsoffensive gestartet, vor allem im Pralinenbereich.“ Schwerpunkt sind weiterhin die Produkte der Eigenmarken Arko und Hussel, die Viba Sweets als Hersteller jetzt auch selbst produziert. Dazu kommen Artikel von bekannten Herstellern wie Niederegger sowie Heilemann und neuerdings auch Viba, die vor allem in Ost- und Mitteldeutschland vertreten sind.
Bei Arko in Wandsbek lässt sich die wechselhafte Historie der vergangenen Jahre im Regal ablesen. Da stehen zum Beispiel die beliebten Haselnusstaler in Arko-Tüten neben zwei Varianten von Hussel-Tüten. Ende vergangenen Jahres hatte die Deutsche Confiserie Gruppe, die zwischen 2013 und 2018 erst Arko, dann Hussel und Eilles (in Lizenz) übernommen hatte, nach einer ersten Insolvenz 2021 ein millionenschweres Modernisierungsprogramm angekündigt.
Deutsche Confiserie Gruppe hatte Modernierungsprogramm gestartet
Dabei sollten Standorte sowie das gesamte Süßwarensortiment auf Hussel umfirmieren. Arko, praktisch in der Nebenrolle, sollte als nationale Kaffeemarke etabliert werden. Doch dann war das Unternehmen Anfang 2024 in eine so dramatische wirtschaftliche Schieflage gerutscht, dass die Geschäftsleitung die Notbremse zog und zum zweiten Mal nach 2021 Insolvenz anmeldete.
Nun also wieder ein Neustart für das 1948 in Hamburg von Kaffee-Erben Cuno Rothfos als „Arbeitsgemeinschaft für den Vertrieb von Konsumgütern“ – kurz Arko – gegründete Unternehmen. „Wir sehen, dass Arko vor allem im Norden Deutschlands sehr bekannt ist“, sagt Viba-Geschäftsführerin Wartenberg. Kaffee und Gebäck sollen deshalb weiterhin unter dem Namen Arko angeboten werden. Das übrige Sortiment läuft unter Hussel. Auch das schnelle Aus für die Arko-Läden ist erst mal abgeblasen. „Wir machen das Schritt für Schritt. Aber mittelfristig soll Hussel die Dachmarke für die Geschäfte werden.“
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Wartenberg weiß, dass die Übernahme der bekannten Konfisieriemarken über die Branchengrenzen hinaus beobachtet wird. Dass ein ostdeutsches Unternehmen zum Retter wird, ist 34 Jahre nach der Deutschen Wiedervereinigung immer noch ein Sonderfall. Viba mit Sitz in Floh-Seligenthal im Thüringer Wald war 1893 gegründet, während der DDR-Zeit verstaatlicht und 1992 privatisiert worden. Bekannt ist vor allem das Nougat. Inzwischen betreibt der Süßwarenhersteller auch 44 Viba-Shops im Osten Deutschlands.
Die Gruppe mit einem Umsatz von etwa 100 Millionen beschäftigt 1000 Menschen deutschlandweit. Nachdem in der Insolvenzphase eine Reihe von Beschäftigten das Unternehmen verlassen hatten, wird jetzt in allen Bereichen Personal gesucht. Es sei erfreulich, dass einige Kollegen jetzt schon wiedergekommen sind, „weil sie sehen, dass wir auf einem guten Weg sind“, so Wartenberg, die seit 19 Jahren bei Viba ist.
Langfristig ist auch die Eröffnung neuer Standorte geplant. „Aber im Moment sind wir in der Stabilisierungsphase.“ Dazu gehört auch, dass die Preise im Zuge der gestiegenen Kakaopreise noch vor Weihnachten erhöht werden. Pralinen kosten dann künftig 9,99 Euro für 100 Gramm. Bislang sind es 8,45 Euro. Um die Kunden zurückzuholen, soll die Qualität der Produkte erhöht werden. Zugleich wird an neuen Ideen wie Workshops zur Produktion von Pralinen am Stiel oder handbeschrifteten Schokoladentafeln gearbeitet.
Nach der Insolvenz: So geht es mit Arko und Hussel weiter
Dass der traditionsreiche Süßwarenhändler auch aktuelle Trends aufnehmen kann, hat er gerade unter Beweis gestellt. Als eins der ersten Unternehmen hierzulande hatten Arko, Hussel & Co. die gerade besonders angesagte Dubai-Schokolade in den Läden. Hergestellt von einem langjährigen Partner in Tunesien, gibt es die besondere Pistazien-Schokolade in vier verschiedenen Sorten. Preis: 9,99 Euro. „Sobald wir Nachschub im Laden haben“, sagt Corinna Wartenberg, „ist der gleich wieder weg.“