Hamburg. SPD und Grüne wollen Start-ups, Digitalisierung und Frauen im Handwerk stärker fördern – und einen großen Bahnhof umgestalten.
Zwischen der Stimmung in der Hamburger Wirtschaft und der finanziellen Lage der Stadt gibt es derzeit eine ungewöhnliche Diskrepanz: Der Hafen stagniert, es rumort wegen des MSC-Einstiegs bei der HHLA, die Metallbranche prognostiziert „eine echte Wirtschaftskrise“ und denkt über Jobverlagerungen ins Ausland nach, und am Dienstag gab auch noch das Statistikamt Nord bekannt, dass die Industrieproduktion in Hamburg in den ersten drei Quartalen 2024 preisbereinigt um 2,3 Prozent gesunken ist.
Eigentlich müsste sich diese Gemengelage auch im Hamburger Haushalt niederschlagen, doch das Gegenteil ist der Fall. 2023 erzielte die Stadt mit einem Plus von knapp 3,3 Milliarden Euro das beste Ergebnis in der Geschichte Hamburgs, die Corona-Schulden sind bereits vollständig getilgt, und für die kommenden beiden Jahre plant der Senat mit einem Rekord-Etat von insgesamt fast 44 Milliarden Euro, wobei allein fast sechs Milliarden Euro investiert werden sollen. Damit wolle die Stadt selbst als „Konjunkturlokomotive“ vorangehen, hatte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) angekündigt.
So will Rot-Grün die Wirtschaft in Hamburg stärker ankurbeln
Diese im Ländervergleich ungewöhnlich komfortable Lage, die unter anderem auf die 1,5-Milliarden-Euro-Dividende der Reederei Hapag-Lloyd zurückgeht, ist ein Grund dafür, dass die Regierungsfraktionen von Rot-Grün an dem Entwurf des Senats für den neuen Doppelhaushalt 2025/2026 nicht allzu viel ändern wollen. Ganze 128 Millionen Euro wolle man umschichten, erklärten die Fraktionschefs Dirk Kienscherf (SPD) und Jennifer Jasberg (Grüne) am Dienstag, also knapp 0,3 Prozent des Etats.
Zum Vergleich: Die CDU-Opposition geht mit der Forderung, rund eine Milliarde oder 2,3 Prozent anders auszugeben, in die abschließenden Etat-Beratungen der Bürgerschaft Mitte Dezember. Gleichwohl sieht man auch bei Rot-Grün die Notwendigkeit, der lahmenden Wirtschaft weitere Impulse zu geben.
Mehr Geld für „Startup Factory“ und für Frauen im Handwerk
Mit den geplanten Rekordinvestitionen habe der Senat bereits „die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen“, sagte Kienscherf. „Wir investieren in Bildung und Wissenschaft, innere Sicherheit und Wohnungsbau, Mobilität und Klimaschutz, um die großen Potenziale unserer Stadt zu heben.“ Dennoch wolle man „ein Klima der Möglichkeiten“ noch stärker fördern.
Einer der Anträge sieht daher vor, zwei Millionen Euro bereitzustellen, um Projekte wie die „Startup Factory“ stärker zu unterstützen. Dabei geht es um den Transfer von Forschung in die Wirtschaft. Damit dies schneller und erfolgreicher als bisher gelingt, hat der Bund den „Leuchtturmwettbewerb Startup Factories“ ausgeschrieben, an dessen Ende deutschlandweit fünf bis zehn solcher Einrichtungen entstehen sollen – Hamburg will dabei sein.
Bahnhof Harburg soll „klimaresilient“ werden – mit 3,5 Millionen Euro
Zudem will Rot-Grün mit dem Geld auch Gründer und Gründerinnen mit Migrationshintergrund fördern. Kleine und mittlere Unternehmen sollen mit insgesamt 1,4 Millionen Euro bei der Umstellung auf digitale Systeme und Geschäftsmodelle unterstützt werden. Mit 500.000 Euro sollen Frauen in Handwerksberufen gefördert werden.
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„Wir haben eine gute Haushaltssituation, die uns vieles ermöglicht“, sagte Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg. „Wir setzen klare Schwerpunkte, die Hamburg ökologisch, sozial und zukunftsfähig machen – mit gezielten Investitionen in den Klimaschutz.“
So will Rot-Grün die Wirtschaft in Hamburg stärker ankurbeln
Unter anderem soll in einem Pilotprojekt die „klimaresiliente Umgestaltung von Bahnhöfen“ am Beispiel des Fernbahnhofs Harburg angegangen werden. 3,5 Millionen Euro sollen dafür bereit stehen. Mit 500.000 Euro will Rot-Grün den Anteil regionaler und ökologischer Lebensmittel in Kitas, Schulen und Kantinen erhöhen. Zudem will die Koalition weitere 500.000 Euro bereitstellen, um Extremwetterschäden wie nach den Starkregenereignissen im Sommer zu beseitigen.