Hamburg. Stadt schließt das vergangene Jahr mit mehreren Rekorden ab. Wie das zu erklären ist und was der Finanzsenator mit dem Geld vorhat.

Allen Krisen und weltpolitischen Herausforderungen zum Trotz hat Hamburg das Haushaltsjahr 2023 mit einem Rekordüberschuss abgeschlossen. Am Ende stand mit einem Plus von knapp 3,3 Milliarden Euro das beste „bereinigte Jahresergebnis“ in der Geschichte der Stadt. Das gab Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Dienstag im Rathaus bekannt.

„Mit einem Rekordabschluss bei Investitionen, Tilgung und bereinigtem Jahresergebnis kann Hamburg trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein positives Fazit für das Haushalts- und Geschäftsjahr 2023 ziehen“, sagte Dressel und verwies damit auf zwei weitere positive Aspekte.

Hamburg macht Milliarden-Gewinn! Größter Überschuss in der Geschichte der Hansestadt

Allein die Kernverwaltung – das sind die klassischen Ämter, Behörden und Landesbetriebe – hätten Auszahlungen für Investitionen in Höhe von 1,86 Milliarden Euro veranlasst, auch das ein Rekordwert, so Dressel. Im Vorjahr seien es knapp 1,3 Milliarden gewesen. Der „Konzern Hamburg“, der über die Verwaltung hinaus auch Dutzende öffentliche Unternehmen einbezieht, habe sogar mehr als 5,2 Milliarden Euro investiert. Hier kamen zusätzlich zu Schwerpunkten bei Verkehr und Mobilität noch bedeutende Investitionen in den Schul- und den Wohnungsbau sowie in die Energiewende hinzu.

Auch Tilgung und Schuldenstand hätten sich auf Rekordniveau zum Besseren verändert, so der Finanzsenator: Insgesamt seien fast 2,5 Milliarden Euro an Krediten zurückgezahlt worden, wodurch die Schulden der Kernverwaltung von mehr als 25 auf 22,6 Milliarden Euro zurückgegangen seien – weniger als vor der Corona-Krise. Während dieser war noch ein Anstieg der Verbindlichkeiten auf mehr als 30 Milliarden Euro befürchtet worden. Doch dieser Anstieg fiel nicht nur deutlich geringer aus, sondern die letzten noch verbliebenen Corona-Kredite in Höhe von knapp 500 Millionen Euro wurden 2023 bereits getilgt.

Hamburgs Schulden heute niedriger als vor der Corona-Krise

Dass außer den geplanten Tilgungen auch die entsprechende Zinsbelastung entfällt, schafft nun zusätzliche Spielräume im neuen Haushalt 2025/2026, über den die Bürgerschaft noch bis Ende des Jahres berät. Das kommt dem Senat entgegen, da die Prognose der Steuerschätzer für die kommenden Jahre relativ trübe ist: Insgesamt fehlen bis 2028 mehr als 7,5 Milliarden Euro im Haushalt, die im Ernstfall über Kredite besorgt werden müssten.

„Das vergangene Jahr war durch eine post-pandemische Erholungsphase geprägt, die allerdings durch steigende Zinsen, eine hohe Inflation und geopolitische Unsicherheiten gebremst wurde“, dämpfte der Finanzsenator bereits die Euphorie.  Zwar stand auch im Haushaltsjahr 2024 zur Halbzeit ein Plus von 1,3 Milliarden Euro, doch dieses hat, ebenso wie der hohe Überschuss in 2023, auch technische Gründe oder geht auf Einmaleffekte zurück.

Hapag-Lloyd und Steuertrend: Daher kommt das große Plus

So erhielt die Stadt im vergangenen Jahr durch ihre 13,9-Prozent-Beteiligung an der Reederei Hapag-Lloyd eine Dividende von rund 1,5 Milliarden Euro – in diesem Jahr sind es dagegen nur etwas mehr als 220 Millionen Euro. Hinzu kam eine „Anpassung beim Steuertrendverfahren“, so der Senat.

Dieser Steuertrend ist eine aus den tatsächlichen Einnahmen der vergangenen 14 Jahre abgeleitete Prognose für die Zukunft, die dem Senat als Basis für seine Haushaltsplanung dient. Bei der Anpassung war festgestellt worden, dass diese Prognose zu pessimistisch ausgefallen war, daher konnten 2,9 Milliarden Euro zusätzlich dem Haushalt zugeführt werden. Der Überschuss sei daher weniger „erwirtschaftet“ als vielmehr einem „Sechser im Lotto“ geschuldet, hatte der Landesrechnungshof am Vortag analysiert.

Hamburgs Haushalt nun auch kaufmännisch ausgeglichen

Weitere Eckdaten des Haushaltsjahres 2023: In der Kernverwaltung standen den Erträgen von 22,2 Milliarden Euro Aufwendungen von 20,3 Milliarden Euro gegenüber – im Hamburger Haushalt sind darin auch Abschreibungen und Rückstellungen enthalten. Unterm Strich stand ein Jahresüberschuss von 1,9 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,6 Milliarden). Auf Konzernebene lag das Plus bei 2,4 Milliarden Euro (3,2 Milliarden).

Das bereinigte Jahresergebnis stieg durch die beschriebene Anpassung des Steuertrends auf 3,3 Milliarden Euro, nachdem es im Vorjahr mit 28 Millionen erstmals überhaupt seit der Umstellung auf das kaufmännische Haushaltswesen vor rund zehn Jahren im Plus gewesen war. Damit hatte die Stadt ihr Ziel, den Haushalt auch unter Einbeziehung künftiger Belastungen wie Pensionszahlungen oder Ersatzinvestitionen in die Infrastruktur auszugleichen, zwei Jahre früher als geplant erreicht.

Dressel warnt vor hohen Kosten für Personal, Baukosten und Flüchtlinge

Der Finanzsenator warnte dennoch vor der Erwartung, dass sich diese positive Entwicklung ewig fortsetzen werde. Steigende Personalaufwendungen infolge hoher Tarifabschlüsse, der enorme Anstieg von Energie- und Baukosten sowie weiterhin hohe Kosten für Sozialleistungen und die Unterbringung von Flüchtlingen seien große finanzielle Herausforderungen. Aber, so Dressel: „Hamburg ist für diese Herausforderungen gewappnet.“

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Auch CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer gab zu bedenken: „Das Ergebnis des Haushaltsjahres 2023 ist von großen Einmaleffekten geprägt, die sich nicht wiederholen lassen.“ Er forderte, den Zugriff auf die aus den Überschüssen gebildete Rücklage von 2,5 Milliarden Euro „klar zu begrenzen anstatt damit bald beliebig Ausgabewünsche zu erfüllen“. Er verwies zudem auf die steigenden Schulden bei den Tochterorganisationen und Nebenhaushalten der Stadt: „Wichtige öffentliche Unternehmen wie Hochbahn, UKE oder Sprinkenhof präsentieren derzeit hohe Defizite, die zu Lasten der Steuerzahler gehen.“

Hamburgs Rekordüberschuss: Linkspartei kritisiert Investition als zu niedrig

David Stoop, haushaltspolitischer Sprecher der Links-Fraktion, nannte den von Dressel gepriesenen „Investitionshochlauf“ ein „Eingeständnis eines Scheiterns“, denn die 1,8 Milliarden Euro blieben weit zurück hinter der ursprünglichen Planung von 2,25 Milliarden Euro: „Wenn man jetzt noch bedenkt, dass davon 800 Millionen Euro nicht verbaut wurden, sondern lediglich auf das Konto für spätere Schnellbahninvestitionen überwiesen wurden, bleibt nur noch eine Milliarde Euro an tatsächlichen Investitionsauszahlungen stehen“, so Stoop. „Das ist zu wenig – so können wir den Anforderungen nicht gerecht werden, die die Stadtgesellschaft an uns stellt.“

Der Bund der Steuerzahler lobte die positive Entwicklung, das Einhalten der Schuldenbremse und die Transparenz durch das kaufmännische Haushaltswesen: „Dennoch werden wir nicht müde, den Senat aufzufordern, den richtigen Spagat zwischen dringend notwendigen Investitionen und Sparsamkeit zu finden“, sagte der Vorsitzende Sascha Mummenhoff. „Ein ,Haus der Bürgerschaft‘ passt beispielsweise nicht zum hanseatischen Understatement.“