Hamburg. Angela Titzrath, zugleich Präsidentin des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe, fordert ein Freihandelsabkommen. Was sie vom Bund erwartet.

Die deutschen Seehäfen beobachten die Ankündigungen von Donald Trump, künftig Strafzölle auf Waren aus Europa und China einführen zu wollen, kritisch. „Ankündigungen sind noch keine Taten“, sagte die Präsidentin des Zentralverbands der Deutschen Seehäfen (ZDS), und HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath, bei einer Konferenz des ZDS in Hamburg. „Dennoch würden Strafzölle Auswirkungen haben und am stärksten sicherlich die deutsche Automobilindustrie treffen“, sagte Titzrath, die früher Managerin bei Daimler war.

Gleichwohl sehe sie die Ankündigung des designierten US-Präsidenten als Einladung, in Verhandlungen einzutreten. „Makroökonomisch wären Strafzölle schädlich, weil sie zu Preisanstiegen führen und damit die Inflation weiter anheizen würden.“

Man solle die Verhandlungen über Strafzölle mit der neuen US-Administration ohne Furcht suchen, betonte der Vorstandschef der BLG-Logistics in Bremen, Frank Dreeke. Es gelte, eine starke Verhandlungsposition aufzubauen. Angst sei ein schlechter Ratgeber. „Die Verlagerung von Produktion in die USA wäre nicht so einfach möglich.“

HHLA-Chefin Titzrath warnt in Hamburg vor „weltweitem Rückfall in den Protektionismus“

Titzrath hob hervor, dass es sich nicht allein um ein Problem mit den USA handele. „Überall auf der Welt beobachten wir einen Rückfall in den Protektionismus und die Rückorientierung auf vermeintlich nationale Stärke. Die Antwort auf wirtschaftliche Probleme liegt aber ganz sicher nicht in der Abschottung.“ Der freie Austausch über Grenzen hinweg schaffe und sichere Wohlstand. „Hier müssen wir weitergehen, Hemmnisse abbauen und neue Freihandelsabkommen, wie etwa mit Indien, vorantreiben.“

Die HHLA-Chefin kritisierte in diesem Zusammenhang auch die europäische Handelspolitik: „Leichtfertig verhängte Sonderzölle, wie aktuell gegenüber E-Autos aus China, schaden nicht zuletzt der eigenen Wirtschaft immens.“

Titzrath sieht negative Folgen von Strafzöllen für deutsche Autoindustrie

Im Übrigen wiederholte die ZDS-Präsidentin die seit Jahren von den Seehäfen erhobene Forderung nach einer stärkeren Finanzierung durch den Bund zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur – mit einem Unterschied: Forderte die Branche zuletzt, dass der Bund jährlich 400 Millionen Euro Zuschüsse an die Länder, zum Ausbau von Hafeninfrastruktur zahlen müsse, belaufen sich die Erwartungen jetzt auf 500 Millionen Euro.

Mit Blick auf die bevorstehenden Neuwahlen im Bund sagte Titzrath: „Eine neue Bundesregierung muss eine solche Summe in ihrem Regierungsprogramm festhalten.“ Seit mehr als einem Jahrzehnt bezuschusst der Bund die deutschen Seehäfen mit gerade einmal 38 Millionen Euro. So forderte Titzrath eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes an Investitionen für neue Terminalinfrastrukturen für die Energiewende.

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Zudem verwies sie auf die steigenden sicherheitspolitischen Anforderungen an die Häfen, die sich aufgrund der geopolitischen Konflikte auf der Welt ergeben. „Egal ob sichere Versorgung, industrieller Erfolg, die Energiewende oder die Zeitenwende: Die Zukunft Deutschlands entscheidet sich auch in den Seehäfen. Infrastruktur ist eine grundlegende Bedingung für ein funktionierendes Gemeinwesen. Wir können uns keine Politik leisten, die den gesellschaftlichen Wert einer Sache erst dann erkennt, wenn sie nicht mehr funktioniert“, mahnte Titzrath.