Hamburg. Der maritime Koordinator der Regierung fordert eine Neuverteilung der Kosten. Auch die Reedereien müssen sich vielleicht beteiligen.

Um deutliche politische Positionen ist Dieter Janecek, Wirtschaftsexperte der Grünen im Bundestag und ehemaliger Landesvorsitzender seiner Partei in Bayern, nie verlegen. So erregte beispielsweise seine Forderung nach Vorfahrt für Radfahrer an roten Ampeln einiges Aufsehen.

Seit einigen Wochen ist Janecek nun der neue maritime Koordinator der Bundesregierung. In seinem ersten Gespräch mit dem Abendblatt benennt der Nachfolger von Claudia Müller (Grüne) in dem Amt seine Ziele. Sie dürften in Hamburg erneut für Gesprächsstoff sorgen.

Elbschlick: Die Baggerkosten sollen besser verteilt werden

So spricht sich Janecek dafür aus, die Bundesländer stärker an der Finanzierung der Schlickbaggerei in der Elbe zu beteiligen. „Allein in diesem Jahr kostet die Schlickverbringung mehr als 100 Millionen Euro. Offenkundig haben die Leute Recht behalten, die von Anfang an gewarnt haben, dass die Elbvertiefung ein sehr teures Unterfangen wird“, sagt er.

Das Sedimentmanagement verschlinge hohe Summen, für die der Bund nicht allein aufkommen könne. „Die Kosten sollten geteilt werden. Dafür müssen wir kurzfristig, mittelfristig und langfristig mit den Ländern eine Lösung finden“, sagt er mit Blick auf Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Auch eine Beteiligung der Reedereien an den Kosten schließt er nicht aus: „Soweit sind wir noch nicht. Aber am Ende sollten alle, die von der Elbvertiefung profitieren, ihren Beitrag leisten.“

Gleichzeitig räumt der Grünen-Politiker, der dem Realo-Flügel seiner Partei zugerechnet wird, ein, dass der Bund die finanzielle Unterstützung der Häfen beim Erhalt und den Ausbau ihrer Infrastruktur in der Vergangenheit vernachlässigt hat.

Die Förderung im Lastenausgleich ist schon lange nicht mehr ausreichend

Bei der Ertüchtigung der Hafeninfrastruktur wie der Kaimauern bedürfe es einer speziellen Förderung, weil es um zu hohe Summen gehe, als dass die Länder oder Städte diese alleine schultern könnten. „Die Förderung die wir im Lastenausgleich haben, ist seit vielen Jahren auf einem Niveau eingefroren, das nicht ausreichend ist“, so Janecek.

Die Häfen müssten ihre Bedarfe formulieren und die Länder in Verhandlungen mit dem Bund treten. „Wir können uns nicht mit Rotterdam und Antwerpen vergleichen. Wir wollen aber schon dass die Wettbewerbsvoraussetzungen stimmen. Wir wollen Teil des internationalen Handels sein und unsere Energieimporte absichern. Deshalb kommen wir gar nicht darum herum, zusätzliches Geld in unsere Häfen zu investieren. Diese Diskussion beginnen wir gerade.“

Häfen müssen sich insgesamt stärker spezialisieren

Eine finanzielle Größenordnung der Förderung will Janecek nicht formulieren. „Die Länder sollen jetzt erst einmal ihre Bedarfe möglichst genau beschreiben. Nur einfach eine Summe zu fordern, funktioniert nicht.“ Gleichzeitig spricht sich der maritime Koordinator für eine stärkere Arbeitsteilung der Häfen aus. „Das wäre ein richtiger Ansatz“, sagt er.

„Es werden nicht alle Wünsche erfüllt werden können. Deshalb ist eine Priorisierung notwendig.“ Als Beispiel nennt Janecek Cuxhaven, das für sich reklamiert, ein wichtiger Hafen für Offshore-Windparks zu werden. Niedersachsen fördert das mit 100 Millionen Euro. „Die Häfen müssen eine Priorisierung vornehmen. Ich weiß, dass das im Einzelnen schwierig ist. Hafenpolitik ist am Ende Ländersache. Aber Hafenlastenausgleich ist Bundessache.“ Beim Thema Energie kämen auf die Küstenländer und ihre Häfen neue Aufgaben zu – aber auch neue Chancen.

Die Empörung darüber, dass die Reederei Hapag-Lloyd auf ihren Gewinn von 17 Milliarden Euro weniger als ein Prozent Steuern zahlt, kann er verstehen. Dennoch hält Janecek an der Tonnagesteuer fest. Diese regelt, dass sich der Steuersatz für Schifffahrtsbetriebe nicht am Gewinn, sondern an der eingesetzten Schiffstonnage orientiert.

Große Containerschiffe müssen nicht mal ein Prozent ihres Gewinns versteuern

„Die Bundesregierung hat aktuell keine Pläne etwas an der Tonnagesteuer zu ändern, wenn ich auch Verständnis für die Verärgerung der Infrastrukturbetreiber darüber habe, dass sie Vollsteuerzahler sind, während große Containerschiffer weniger als ein Prozent ihres Gewinns versteuern müssen“, sagt Janecek, der im bayerischen Eggenfelden aufwuchs.

Die Tonnagesteuer habe gezeigt, dass sie Wachstumspotenziale für die Reedereien generieren könne. „Die europäischen Schifffahrtsbetriebe gehören zu den globalen Playern, wovon ja auch Hamburg profitiert hat.“ Kritisch wird es für ihn aber, wenn Reedereien sich in Häfen einkaufen und so mit den Hafenbetreibern konkurrieren. Dass sie dann ihre Steuererleichterungen im europäischen Ausland auch im Hafengeschäft nutzen, ist für Janecek ein wettbewerbsrechtliches Problem, gegen das er vorgehen will.

„Da muss man ran. Es wird im Mai in Rotterdam ein Treffen mit den Vorstandschefs der zwölf größten europäischen Hafenbetreiber geben. Wir in Deutschland müssen uns dazu einheitlich aufstellen. Wir brauchen eine Stimme gegenüber den europäischen Partnern. Dazu benötigen wir auch die Bereitschaft der Länder. Wir wollen die Nationale Maritime Konferenz im September dazu nutzen, eine abgestimmte Haltung zu entwickeln.“

Hafenwirtschaft: Janecek befürwortet Teileinstieg von Chinesen bei der HHLA

Den geplanten Einstieg der chinesischen Reederei Cosco beim Containerterminal Tollerort der HHLA lehnt Janecek – anders als andere Grünen-Politiker – nicht grundsätzlich ab. „Ich habe dazu eine differenzierte Haltung: Wir müssen unsere kritische Infrastruktur vor den Zugriffen von Staaten wie China schützen. China ist ein wichtiger Handelspartner und ein veritabler Player der maritimen Wirtschaft, mit dem man auch Geschäfte machen muss.

Eine Beteiligung mit weniger als 25 Prozent, wie sie jetzt erlaubt wurde, ist deshalb zu vertreten, solange Cosco keinen Einfluss aufs operative Geschäft nehmen kann.“ Wenn die Steuerungsfähigkeit des Hamburger Hafens spürbar in chinesische Hände fallen würde, wäre die Beteiligung hingegen zu untersagen.

Nachdem die HHLA und Cosco die Verträge überarbeitet haben, liegen diese seit Wochen im Bundeswirtschaftsministerium. Das prüft erneut, ob die Vorgaben der Teilerlaubnis ordnungsgemäß umgesetzt werden. Wann Ergebnisse zu erwarten sind, vermag Janecek nicht zu sagen: „Ich bin damit nicht befasst. Aber das kann schon noch einige Zeit dauern, denn hier wird sehr gründlich geprüft.“

Die Automatisierung der Häfen sieht der Koordinator der Bundesregierung nicht als Problem, auch wenn es zu Arbeitsplatzabbau kommen kann. „Insgesamt wird der Mangel an Fachkräften dazu führen, dass die Automatisierung der Umschlagsvorgänge sogar notwendig wird“, erwartet er.