Hamburg. Ein bekannter Experte aus Hamburgs maritimer Szene spricht Klartext. Und der Blick auf Trumps erste Amtszeit zeigt eine dramatische Entwicklung.
„America First“. Repräsentanten der deutschen Außenwirtschaft bereiten Ankündigungen wie diese des designierten US-Präsidenten Donald Trump erhebliche Sorgen. Müssen sie doch fürchten, dass der protektionistisch eingestellte Sieger der US-Wahlen den Handel mit den USA in Zukunft erschweren wird. Trump will die eigene Wirtschaft stärken und Importe aus Europa und insbesondere Deutschland mit Zöllen verteuern. Das hat er bereits vor seinem Wahlsieg am Dienstag angekündigt.
Gedanken muss sich darüber vor allem Hamburg machen. Es ist abzusehen, dass eines der zentralen wirtschaftlichen Standbeine der Hansestadt, der Hamburger Hafen, unter der künftigen Außenwirtschaftspolitik der USA besonders leiden wird. Zahlen belegen, dass der transatlantische Handel der Hansestadt unter Trumps erster Präsidentschaft 2016 bis 2020 deutliche Rückgänge verzeichnete, von 363.000 Standardcontainern (TEU) im Jahr 2016 auf 140.000 zwei Jahre später. Ob ein politischer Zusammenhang besteht, ist offen, auf jeden Fall verlor Hamburg in der Zeit einen Linienienst. Aktuell beträgt die Menge unglaubliche 650.000 TEU.
US-Strafzölle: Hafenexperten befürchten Rückgang beim Umschlag
Unter der Führung der proeuropäischen Administration des Demokraten Joe Biden legte der Handel wieder zu: bis auf ein Rekordvolumen im vergangenen Jahr von elf Millionen Tonnen. Das bedeutete ein Plus von 25 Prozent gegenüber 2022. Insgesamt stehen die USA im Hamburger Hafen mit dieser Menge nach China (20,7 Millionen Tonnen) an zweiter Stelle.
Insgesamt verbinden nach Angaben von Hafen Hamburg Marketing (HHM) aktuell elf Linienverkehre den Hamburger Hafen mit der Ost- und Westküste der Vereinigten Staaten von Amerika. Neben den sieben Containerdiensten werden auch ein kombinierter Dienst für Container und rollende Ladung sowie drei Mehrzweckdienste abgefertigt. Letztere sind besonders geeignet für Projektladung und weitere konventionelle Stückgüter.
USA noch zweitwichtigster Handelspartner
Nachdem die Außenwirtschaftsbeziehungen der Bundesregierung zu China abgekühlt und zu Russland gänzlich abgebrochen waren, war es nach Ansicht vieler Experten richtig, dass sich Hamburger Firmen mit dem Blick gen Westen neue Märkte erschlossen. Seitdem die Reedereiallianz des Hamburger Traditionsunternehmens Hapag-Lloyd 2019 den Hamburger Hafen zum Drehkreuz im Fahrtgebiet Transatlantik machte, konnten vier Liniendienste hinzugewonnen werden.
Seit Anfang 2023 ist Hamburg mit einem Dienst direkt mit den Großen Seen in Nordamerika verbunden. Zwei Container-Services bieten außerdem Anbindungen an Häfen der nordamerikanischen Westküste, davon einer über das Fahrtgebiet Fernost. In den Vereinigten Staaten werden an der Ostküste elf Häfen zwischen New York und Port Everglades regelmäßig angelaufen. An der Westküste werden die Standorte Los Angeles und Oakland in Kalifornien bedient.
Strafzölle werden Hafenumschlag bremsen
Doch geht der Aufschwung so weiter? Trump will Strafzölle von 10 bis 20 Prozent auf europäische Produkte erheben. Auf Einfuhren aus China sind es sogar 70 Prozent. Offiziell geben sich die Akteure im Hafen zurückhaltend. Die Hamburger Hafen und Logistik AG, die auf Ladung von und nach Amerika angewiesen ist, äußert sich uneindeutig: „Die konkrete Ausrichtung der amerikanischen Handelspolitik nach der Amtseinführung der neuen US-Regierung im Januar 2025 bleibt abzuwarten, ebenso wie mögliche Auswirkungen auf die globalen Warenströme“, sagte eine Sprecherin. „Grundsätzlich sind und bleiben die USA für die HHLA ein wichtiger Handelspartner.“
Nach den Worten des Vorstands der Marketinggesellschaft des Hafens, Axel Mattern, hofft man, „dass sich die guten Handelsbeziehungen zwischen den USA und dem Hamburger Hafen wie in den vergangenen Jahren weiter positiv entwickeln werden“.
Die Reederei Hapag-Lloyd, die immerhin 20 Prozent ihres Gesamtumsatzes im transatlantischen Verkehr macht, will sich derzeit nicht äußern. „Wir wollen und werden zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen, sondern erst, wenn Entscheidungen getroffen sind“, meinte ein Sprecher.
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Deutlicher wird der langjährige ehemalige Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg und Chef des Verbands europäischer Hafenunternehmen, Gunther Bonz. „Die Politik von Trump wird unweigerlich negative Auswirkungen auf das Handelsvolumen des Hamburger Hafens haben“, sagte er dem Abendblatt und präsentiert eine Faustformel: „Zehn Prozent Strafzölle bedeuten aus Erfahrung fünf Prozent Mengenrückgänge im Handelsvolumen des Hafens.“ Bei Zöllen von 20 Prozent wären dies folglich zehn Prozent Mengenrückgang.
Der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands AGA, Hans Fabian Kruse, fügte hinzu: Entscheidend wird sein, inwieweit Präsident Trump seine angekündigten protektionistischen Maßnahmen tatsächlich umsetzt.“ Ein Ausbau von Importzöllen auf europäische Produkte könnte den Warenfluss über Hamburg beeinträchtigen. Besonders betroffen wären Branchen wie die Automobil- und Maschinenbauindustrie, die traditionell stark mit den USA verbunden sind. „Angesichts dieser Entwicklungen ist es umso notwendiger, dass der Hafen weiter seine Hausaufgaben macht und wieder wettbewerbsfähiger wird.“