Hamburg. Verunsicherung bei den knapp 5000 Beschäftigten ist groß. Stimmung schwankt zwischen Verzweiflung, Ärger und Wut. Vorstand setzt Termin an.
Die geplanten Einschränkungen für das Arbeiten im Homeoffice bei Otto sorgen weiter für Aufregung. Wie berichtet, will der Hamburger Online-Händler seine Beschäftigten verstärkt zurück ins Büro rufen. Bislang konnten die Teams selbstverantwortlich entscheiden, wie viel sie von zu Hause und in Präsenz arbeiten. Das will der Vorstand nun stärker kontrollieren und hat ab Januar eine Anwesenheitspflicht von 50 Prozent auf dem Campus in Bramfeld angekündigt.
Über die Pläne war in der vergangenen Woche in einem Artikel im firmeneigenen Intranet informiert worden. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers soll damit „eine ausgewogene Balance aus Präsenz- und Remote-Arbeit“ geschaffen werden. „Das ist bislang nicht der Fall.“
Otto: Neue Homeoffice-Regeln – wie geht es jetzt weiter
Viele Beschäftige sehen das anders. In der Kommentarspalte haben sich den Angaben zufolge schon mehr als 200 Kommentare gesammelt, die allermeisten negativ. Aktuell liegt die durchschnittliche Anwesenheit der knapp 5000 Otto-Beschäftigten in der neuen Zentrale bei knapp einem Drittel, wobei sich das hauptsächlich auf die Tage Dienstag bis Donnerstag konzentriert.
Offenbar ist das aus Sicht der Geschäftsführung zu wenig. Allerdings wurden nach Abendblatt-Informationen die bestehenden Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten und weiterführende Verabredungen mit dem Betriebsrat zur derzeitigen Gestaltung der Arbeitszeiten bislang nicht gekündigt. In der Regel sind solche Vereinbarungen aber mitbestimmungspflichtig und müssten neu ausgehandelt werden.
Otto-Vorstand präsentiert Homeoffice-Pläne
An diesem Donnerstagvormittag will der Vorstand bei einem sogenannten Townhall-Meeting über die Änderungen informieren und Fragen dazu beantworten. Dabei dürfte es hoch hergehen. Die Stimmung im Unternehmen schwankt nach Abendblatt-Informationen zwischen Verzweiflung, Ärger und Wut. Kritik gibt es unter anderem daran, dass eingespielte und bewährte Arbeitsmodelle über den Haufen geworfen würden und den Teams Vertrauen entzogen werde.
Dass das Thema die Arbeitnehmer beschäftigt, zeigen auch zahlreiche Kommentare zur Kappung der bislang großzügigen Regelungen bei dem Traditionsunternehmen auf dem Instagram-Kanal des Hamburger Abendblatts. „Werd‘s nie verstehen. Solange der Job erledigt wird, ist es doch vollkommen egal, von wo aus das stattfindet“, schreibt eine Nutzerin. Ein anderer kommentiert: „Finde 50/50 gut, weil man so auch seine Arbeitskollegen mal sieht & Kontakte pflegt. (...) Meiner Erfahrung nach arbeiten die meisten Leute im Homeoffice nicht so diszipliniert wie im Büro.“
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23,4 Prozent der Beschäftigten bundesweit zumindest teilweise im Homeoffice
Seit der Corona-Pandemie ist es für viele Menschen normal, zeitweilig oder sogar überwiegend von zu Hause zu arbeiten. Nach einer im September veröffentlichten Unternehmensumfrage des Ifo-Instituts sind bundesweit aktuell 23,4 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise im Homeoffice. Besonders verbreitet ist Homeoffice demnach in Großunternehmen. So regelt etwa bei Beiersdorf eine Betriebsvereinbarung aus dem Januar 2023, dass die Beschäftigten 40 Prozent an einem flexiblen Arbeitsort arbeiten können. Änderungen seien nicht geplant, erklärte eine Sprecherin.
Homeoffice: Neue Regeln auch bei anderen Unternehmen
Parallel haben zuletzt einige Firmen angefangen, ihre Beschäftigten zurück ins Büro zu rufen. Gerade wurde bekannt, dass die Mitarbeiter der Deutschen Bank ab Januar höchstens zwei Tage pro Woche von zu Hause arbeiten dürfen. Zusätzlich können sie zwei Wochen pro Jahr von außerhalb des Büros arbeiten. Leitende Angestellte dürfen in Zukunft nur einmal pro Woche dem Büro fernbleiben. Zuerst hatte das „Handelsblatt“ berichtet. Der Handelsriese Amazon verlangt ab 2025 sogar eine 100-prozentige Präsenzpflicht.