Hamburg. Kosmetik-Konzern eröffnet modernen Campus in Eimsbüttel. 3000 Beschäftigte genießen überraschende Annehmlichkeiten.
Es ist nicht so, dass Beiersdorf-Chef Vincent Warnery im Moment nicht allen Grund zur Zufriedenheit hätte. Der Nivea-Hersteller ist seit Monaten auf Erfolgskurs. Am Montag waren es allerdings nicht die guten Geschäftszahlen und erfreuliche Börsen-Daten, die ihn zum Strahlen brachten.
Nach sechs Jahren Bauzeit eröffnete der Lenker des Weltkonzerns gemeinsam mit Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonard (SPD) den neuen Beiersdorf Campus in Eimsbüttel – der ein neuer Meilenstein in der Geschichte des Traditionsunternehmens und der Hansestadt werden soll.
Beiersdorf eröffnet modernen Campus in Hamburg-Eimsbüttel
In den vergangenen Wochen waren mehrere Tausend Beschäftige auf dem Gelände umgezogen. Auch Konzernchef Warnery hat Sachen gepackt und sich inzwischen an seinem Arbeitsplatz im siebten Stock in der neu gebauten Firmenzentrale eingerichtet.
„Es gibt nicht mehr diese Vorstandsebene, weit weg von allen anderen Bereichen. Wir sind näher zusammen. Das macht einen großen Unterschied“, schilderte er dem Abendblatt seine ersten Eindrücke vom neuen Arbeiten beim Nivea-Hersteller.
Beiersdorf: Moderne Arbeitswelten für 3000 Beschäftigte
Working Café, Digital Playground, Desksharing – mit dem Campus will Hamburgs einziger DAX-Konzern nicht nur aus verteilten Standorten einen zentralen Ort machen, sondern moderne Arbeitswelten für die 3000 Beschäftigten schaffen und damit Raum für weiteres Wachstum und Innovationen.
250 Millionen Euro hat Beiersdorf in den Umbau des 51.000 Quadratmetern große Areals investiert. Persönliche Schreibtische wurden von flexibeln Arbeitsstationen und neuen Orten für Zusammenarbeit und Konferenzen abgelöst.
Neue Beiersdorf-Zentrale: Mitarbeiterrestaurant, Wellness und Wäscheservice
Es gibt ein Mitarbeiterrestaurant, parkähnliche Außenflächen, Fitness- und Wellnessprogramme, Fahrradreparatur-, Wäsche- und Postservice. Den Grundcheck eines Fahrrads zahlt der Arbeitgeber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
„Der neue Campus in der Mitte der Stadt ist ein starkes und stolzes Bekenntnis zu Hamburg und zum Stadtteil Eimsbüttel“, sagte Beiersdorf-Chef Warnery in der Eröffnungsrede vor 140 geladenen Gästen. 141 Jahre nach der Gründung bleibe Beiersdorf seinen Wurzel treu.
Er zeige auch, „dass Verwaltung, Produktion und Entwicklung in einem städtischen Umfeld funktionieren können“. Der Neubau, so der Topmanager, der seit gut zwei Jahren die Geschäfte des Welt-Unternehmens mit Marken wie Nivea, Eurcerin, Hansaplast und La Prairie führt, bilde die Grundlage für langfristigen Erfolg und weiteres Wachstum.
Herzstück ist die neu gebaute Firmenzentrale an der gerade erst umbenannten Beiersdorfstraße, einem Teilstück der Troplowitzstraße. Das Gebäude nach dem Entwurf von Stararchitekt Hadi Teherani ist 140 Meter lang, sieben Stockwerke hoch und hat je fünf Flügel zu beiden Seiten.
Von oben betrachtet sieht es ein bisschen aus wie ein überdimensionierter Kamm. Es soll – der Name C.onnect ist Programm – künftig als eine Art Brücke zwischen den fünf Beiersdorf-Gebäuden fungieren.
Nivea-Dose als Gestaltungsinspiration
Im Erdgeschoss ist als zentrale Treffpunkt eine große Kaffeebar entstanden, auf die der gesamte Raum architektonisch ausgerichtet ist. Auf der Fläche ist neben dem Empfang, Mitarbeiterladen, Konferenzraum auch die Kantine mit 750 Plätzen im Innenbereich und weiteren 200 im Außenbereich.
Für die Gestaltung haben die Planer den Designer Peter Ippolito ins Boot geholt, der auf „Transparenz, Offenheit und Lebendigkeit“ setzt. Dabei spielt er auch mit bekannten Beiersdorf-Marken. Runde Raumobjekte erinnern an die Form der Nivea-Dose. Auch die Farbe Blau taucht immer wieder auf, genau wie unterschiedliche Farbschattierungen der Haut.
Die komplette zweite Etage steht für unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit zur Verfügung. Statt der üblichen Konferenzräume gibt es im sogenannten Collaboration Hub auf 4000 Quadratmetern Meetingräume sowie Treffpunkte und Sitzecken für unterschiedlich große Gruppen.
In den oberen Etagen wurden flexible Schreibtischarbeitsplätze geschaffen, von klassischen Vierer-Inseln bis zu Einzelkabinen. Die Beschäftigten können ihren Arbeitsplatz frei wählen und auch mehrfach am Tag wechseln. Alle Räume sind technisch so ausgerüstet, dass das hybride Arbeiten mit Kollegen im Homeoffice unkompliziert möglich ist.
Beiersdorf-Beschäftigte haben Umbau mitgestaltet
„Es war unser Anspruch, die neue Arbeitswelt nach den Bedürfnissen und Wünschen der Mitarbeiter zu gestalten“, betonte Arbeitsdirektorin Nicola Lafrentz bei der Eröffnung. „Sie haben diesen Campus maßgeblich geprägt, noch bevor er fertiggestellt wurde. So ist der Campus erst zu dem geworden, was er heute ist.“
In die Planungen sind auch die Erfahrungen aus der Corona-Zeit mit monatelangen Homeoffice-Phasen eingeflossen. Einer Umfrage zufolge haben viele sich auch nach Ende der Maßnahmen an die Mischung aus Büroarbeit und mobilem Arbeiten gewöhnt. Laut internem Schlüssel kommen jetzt 0,6 Arbeitsmöglichkeiten auf einen Beiersdorf-Beschäftigten. Nur für den Vorstand gibt es noch feste Schreibtische.
- https://www.abendblatt.de/wirtschaft/article239412569/Erdbeben-in-Marokko-Beiersdorf-spendet-500-00-Euro.html
- https://www.abendblatt.de/wirtschaft/article238705401/Homeoffice-am-Urlaubsort-das-erlauben-Hamburger-Firmen.html
- https://www.abendblatt.de/hamburg/article237515869/wohnung-kaufen-hamburg-beiersdorfquartier-eimsbuettel-entwurf-plaene-architekten-duplex-unnastrasse-quickbornstrasse-kinder-familien.html
Auch Wirtschaftssenatorin Leonhard war angetan von dem modernen Campus mitten in der Stadt. „Seit Generationen prägt Beiersdorf die Wirtschaft unserer Stadt und ist damit auch wichtiger Botschafter, der die Werte und den unternehmerischen Geist Hamburgs in die Welt trägt“, sagte die Politikerin.
Der Neubau sei hierfür „ein eindrucksvolles Zeichen.“ Sie könne sich vorstellen, dass er auch beispielgebend ist. Dabei hob sie vor allem die Beteiligung der Beschäftigten an dem Entstehungsprozess hervor.
Neue Beiersdorf-Zentrale: Wirtschaftssenatorin sieht Campus als Vorbild
Auch für die Hamburger Verwaltung? „Wir arbeiten auch daran, neue Arbeitskonzepte zu ermöglichen“, so Leonhard. Aktuell gebe es schon eine Homeoffice-Quote von weit über 50 Prozent. Darüber hinaus gehe es darum, Wege zu finden, dass die Beschäftigten nicht nur nach Abteilung, sondern darüber hinaus thematisch besser zusammenarbeiten könnten. Und sie selbst würde wohl gern in einem Arbeitsumfeld wie dem neuen Beiersdorf-Campus arbeiten. „Da gab es eine Menge Ecken, wo ich es mir vorstellen könnte.“
Während die Gäste – darunter auch frühere Vorstände wie Stefan De Loecker und Liu Zhengrong – nach Reden und Häppchen verschwanden, startete für die Beschäftigten ein zweitägiges Eröffnungsprogramm mit einem Mix aus Vorträgen über neue Arbeitsformen, einer Messe und einem großen Sommerfest am Dienstag.
„Es gibt viel positive Resonanz“, sagte Marie Boden, die das Projekt in den vergangenen drei Jahren betreut hat. „Viele Kollegen sagen: Endlich haben wir eine Zentrale, in dem es sich so anfühlt wie wir arbeiten.“ Die alte Hauptverwaltung in der Unnastraße ist inzwischen weitgehend leer. Die Gebäude werden im nächsten Jahr abgerissen. Dort sollen Wohnungen entstehen.