Hamburg. Senatsbericht dokumentiert erstaunliche Entwicklung bei Führungspositionen. Doch in einer wichtigen Kategorie dominieren weiter Männer.
In der Hamburger Bevölkerung sind die Frauen mit gut 51 Prozent in der Mehrheit. Was Führungspositionen in Unternehmen, Behörden und anderen Einrichtungen angeht, dominieren jedoch noch überwiegend die Männer. Das zu ändern, hat sich der Senat schon seit vielen Jahren vorgenommen, mit der 2022 verabschiedeten „Stadtwirtschaftsstrategie“ wurde es sogar ein offizielles Ziel: Hamburgs öffentliche Unternehmen sollen demnach „die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungs- und Spitzenfunktionen“ sicherstellen.
Das aufzuschreiben und zu beschließen, war die eine Sache. Es auch umzusetzen, ist eine andere. Schließlich haben auch die Männer in den Chefetagen Verträge und können nicht einfach im Handstreich durch eine Frau ersetzt werden. Ein Wechsel ist in der Regel nur dann möglich, wenn ein Vertrag ausläuft, eine Pensionierung ansteht oder zum Beispiel ein neues Unternehmen entsteht, wie es etwa im Bereich der Energienetze in den vergangenen Jahren mehrfach der Fall war.
Gleichstellung: Wo Frauen in Hamburg in der Mehrheit sind
Umso erstaunlicher ist ein Wert, den der Senat in seinem aktuellen Beteiligungsbericht nennt: Demnach waren zum Stichtag 31. Dezember 2023 von den 330 Aufsichtsratsmandaten in 72 Unternehmen, über die die Stadt bestimmen darf, die Mehrheit mit Frauen besetzt: 166 zu 164 Mandate oder 50,3 zu 49,7 Prozent war das Verhältnis. „Das ist ein Erfolg“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bei der Präsentation des Berichts und verwies stolz darauf, dass man 2011 mit einem Frauenanteil von 24 Prozent in den Kontrollgremien angefangen habe. Nachdem man im Vorjahr bei 48,2 Prozent angelangt war, sei nun erstmals die 50-Prozent-Marke überschritten worden.
Betrachtet man die Gremien insgesamt, also nicht nur die von der Stadt besetzten Mandate, lag der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der öffentlichen Unternehmen Ende 2023 zwar erst bei 43,1 Prozent. Doch nachdem man 2011 einen Ausgangswert von 22 Prozent hatte, hat sich dieser seitdem immerhin fast verdoppelt. Der Senat betont zudem, dass Hamburg damit „deutlich über dem durchschnittlichen Frauenanteil in Aufsichtsgremien der größten Unternehmen des Bundes und der Länder“ von 37,1 Prozent liege.
In Hamburgs Geschäftsführungen dominieren weiterhin Männer
Bei Weitem nicht so erfolgreich wie bei den Kontrollgremien ist der Senat bei der Besetzung von operativen Chefposten mit Frauen. Von 84 im Beteiligungsbericht aufgeführten Positionen in Geschäftsführungen und Vorständen waren nur 22 weiblich besetzt – das entsprach einer Quote von 26,2 Prozent.
Nachdem man 2011 mit einem Wert von 13,8 Prozent gestartet war, ist die Entwicklung zwar auch in diesem Bereich positiv. Andererseits sei sie „noch nicht zufriedenstellend“, räumte der für öffentliche Unternehmen zuständige Senator ein. „Aber solche Zahlen hatten wir bei den Aufsichtsgremien auch mal“, so Dressel. „Das zeigt: Es ist Veränderung möglich.“
Hamburg: Drei neue Vorständinnen in öffentlichen Unternehmen
Wie schnell das gehen kann, wurde über den Jahreswechsel deutlich: Denn zum 31. Dezember 2023, dem Stichtag für den Beteiligungsbericht, lag der Frauenanteil an den Geschäftsführungen sogar erst bei 22,6 Prozent. Nur 19 von 84 Posten waren damals weiblich besetzt. Doch nur einen Tag später, am 1. Januar 2024, starteten drei weitere Frauen ihre neuen Aufgaben in einer Chefetage, sodass der Anteil sprunghaft auf 26,2 Prozent stieg – der Wert, auf den sich der Senator bezog.
Eine dieser Frauen war Annette Walter, die zum Jahresbeginn als Finanzvorständin bei der HHLA angefangen hatte. Allerdings zeigt die Vorgeschichte dieser Position, dass nicht jeder Wechsel das Glück der beteiligten Personen und Unternehmen mehrt. So hatte erst im Januar 2023 Tanja Dreilich die Ressorts Finanzen und Immobilien im Vorstand des Hafenkonzerns von Roland Lappin übernommen, der in den Ruhestand gegangen war.
Gleichstellung: HHLA, Saga und Flughafen Hamburg berufen Frauen in die Chefetage
Doch offensichtlich stimmte die Chemie nicht so recht, denn schon Mitte 2023 trennte man sich wieder – „im besten gegenseitigen Einvernehmen“, wie es zwar hieß. Doch dieses „Einvernehmen“ beinhaltete auch eine Abfindung für Dreilich in Höhe von 500.000 Euro, wie später bekannt wurde. Unterm Strich also nicht nur eine kurze, sondern auch eine kostspielige Episode für die HHLA. Annette Walter soll nun für mehr Kontinuität auf dieser wichtigen Position sorgen. Den Vorstandsvorsitz des Hafenkonzerns hat mit Angela Titzrath schon seit vielen Jahren eine Frau inne.
- Hamburger UKE-Chef macht großen Gehaltssprung – Erklärung überrascht
- Gehälter Hamburg: Wieso Angela Titzrath die bestbezahle Topmanagerin Hamburgs ist
- Hamburgs Milliarden-Überschuss – das steckt dahinter
Weiblicher wurden zum 1. Januar auch die Führungsetagen in zwei anderen großen öffentlichen Unternehmen: Am Flughafen hat Christian Kunsch als Sprecher der Geschäftsführung Verstärkung durch Berit Schmitz erhalten, und der Wohnungskonzern Saga berief Snezana Michaelis zur neuen Vorständin neben Thomas Krebs.
Damit sei sie „die erste Frau im Vorstand“ in der über 100-jährigen Geschichte der Saga, freute sich seinerzeit Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD), die zugleich Aufsichtsratsvorsitzende des Wohnungskonzerns ist. Dieses Mandat hat sie allerdings qua Amt inne, ebenso wie zum Beispiel Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) qua Amt Aufsichtsratsvorsitzende des UKE ist. Für die Statistik des Senat zum Frauenanteil zählen diese Posten daher nicht.