Hamburg. Bund kappt überraschend Förderung für zahlreiche Projekte. Mehr als 200 Millionen Euro fehlen nun. Auch die Hadag-Fähren sind betroffen.

Es ist gut drei Jahre her, dass sich Hamburgs Industrie berechtigte Hoffnung auf eine klimaneutrale Zukunft machen konnte. Denn damals gab die Bundesregierung bekannt, im Rahmen der großen europäischen Wasserstoff-Allianz die Umstellung der Industrie auf eine saubere Energieversorgung mit acht Milliarden Euro zu fördern. Einen bedeutenden Teil davon sollte die Stadt Hamburg erhalten, die sich mit zahlreichen Projekten beworben hatte. Die Rede war von 520 Millionen Euro Fördermitteln für die Hansestadt.

Vom „größten industriepolitischen Erfolg für Hamburg in den vergangenen Jahrzehnten“ sprach der damalige Hamburger Wirtschaftssenator, Michael Westhagemann. Man werde die Hansestadt zu einer „europäischen Keimzelle für Wasserstoff“ machen. Und zahlreiche Industrieunternehmen freuten sich auf den Geldsegen.

Zuschüsse gestrichen: Wasserstoff-Projekten droht das Aus

Drei Jahre später ist die Euphorie verflogen. Grund ist, dass die EU-Kommission nachträglich die Förderbedingungen geändert hat und eine Reihe Hamburger Projekte damit aus der Wasserstoff-Allianz herausgefallen sind. Die neue Bundesregierung sieht sich aufgrund eines erhöhten Spardrucks außerstande, die Förderzusagen der damaligen Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel aus anderen Töpfen zu bedienen.

Hadag-Hafenfähre Stapellauf
Diese neue Hybrid-Hafenfähre der Hadag ist erst kürzlich in Tangemünde vom Stapel gelaufen. Später war der Umstieg auf Wasserstoffantrieb geplant. Die Hadag verzichtet jetzt auf das Projekt. © Hadag | Sören Hoffmeister

Es fehlen mehr als 200 Millionen Euro. Sogenannte Hamburger Verbundvorhaben bleiben auf der Strecke. Einige Industrieunternehmen kämpfen noch ums Geld, andere haben entnervt das Handtuch geworfen. Und von Hamburgs Vorreiterrolle als Keimzelle der europäischen Wasserstoffwirtschaft spricht niemand mehr.

Mehr als 200 Millionen Euro fehlen für Wasserstoffprojekte

Auslöser war eine Entscheidung der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission, wonach sogenannte HRS-Projekte nachträglich aus dem Förderprogramm herausgestrichen werden. HRS steht für Hydrogen Refuling Station und umfasst alle Projekte zur Errichtung von Wasserstofftankstellen und zum Bau von sauberen Fahrzeugen. Doch gerade in diesem Bereich hatten sich zahlreiche bekannte Hamburger Betriebe viel ausgerechnet.

H2LoAD heißt etwa ein Projekt der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Sie beabsichtigt, den Betrieb ihrer Umschlagterminals durch den Einsatz von Schwerlastfahrzeugen mit Wasserstoff-Brennstoffzelle zu dekarbonisieren. Bis 2026 sollen es mehr als Hundert Fahrzeuge sein.

HHLA verliert 143,9 Millionen Euro Zuschuss

Am Dienstag hatte HHLA-Chefin Angela Titzrath noch mit großer politischer Unterstützung die Einrichtung einer Wasserstofftankstelle am Containerterminal Tollerort gefeiert. Diese hat der Bund aus einem anderen Topf gefördert. Doch das Nachfolgeprojekt zur Beschaffung der sauberen Fahrzeuge gerät nun in Gefahr.

Mehr noch: H2LoAD sah auch die Einrichtung von Wasserstofftankstellen an fünf Standorten vor. Damit wäre die Wasserstoffversorgung für den gesamten Hafen gesichert. Die Gesamtprojektkosten betragen 362,7 Millionen Euro. 143,9 Millionen Euro waren als Zuschuss geplant.

Bundesministerium hat keine Alternativgelder für Hamburger Wasserstoffprojekte

Nicht besser geht es HyPA (Hydrogen Port Applications) der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA). Das Projekt sieht die Bereitstellung „multimodaler Wasserstofftankstellen“ für Lokomotiven, Schiffe und Lkw vor. Das Projekt kostet 37,6 Millionen Euro. Die geplante Förderung war mit 31,7 Millionen Euro beziffert worden.

BELGIUM-BRUSSELS-WORLD'S FIRST HYDROGEN-POWERED TUGBOAT
Im Hafen von Antwerpen längst realisiert: der erste Schlepper mit einem Wasserstoffantrieb © picture alliance / Xinhua News Agency | picture alliance

Die EU-Hilfe fällt weg. Eigentlich müsste die Bundesregierung nun ihre Zusagen aus anderen Töpfen bedienen. Das will sie aber nicht, wie die Antwort des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) auf eine Kleine Anfrage des Hamburger-CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß jetzt ergab. „Für die genannten Vorhaben, die ursprünglich für das Wasserstoff-Programm vorgesehen waren, steht vonseiten des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr derzeit keine umfassende Alternativförderung zur Verfügung“, heißt es da.

CDU wirft Bund Sparen an falscher Stelle vor

Ploß, der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages ist, reagiert empört: „Wieder einmal spart die Ampelkoalition ausgerechnet bei den Investitionen in wichtige Zukunftstechnologien für den Klimaschutz und damit an genau der falschen Stelle. Der Aufbau einer funktionierenden Wasserstoff-Infrastruktur ist unverzichtbar, damit Deutschland dauerhaft die Klimaziele erreichen kann“, sagte er dem Abendblatt.

„Gerade für den Hamburger Hafen bieten sich große Chancen, ihn als internationalen Umschlagplatz für grünen Wasserstoff zu einem Drehkreuz der Energiewende zu machen. Dafür brauchen Unternehmen, die in grüne Wasserstoff-Technologie investieren, dringend Planungssicherheit und zuverlässige Förderzusagen von der Ampelkoalition. Wir als Union werden uns im Bundestag dafür einsetzen, dass endlich Planungssicherheit für diese Investoren geschaffen wird“, so Ploß.

Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß (CDU) verlangt von der Bundesregierung die finanzielle Sicherstellung der Hamburger Wasserstoffprojekte.
Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß (CDU) verlangt von der Bundesregierung die finanzielle Sicherstellung der Hamburger Wasserstoffprojekte. © picture alliance/dpa | dpa Picture-Alliance / Daniel Reinhardt

Für das eine oder andere Hamburger Projekt ist es dann zu spät. Die Hadag will ab 2032 ihre Hafenfähren emissionsfrei betreiben. Bestehende Schiffe sollten im Rahmen des Programms umgerüstet und zwei völlig neu gebaut werden, die mit Wasserstoff angetrieben werden. 38,2 Millionen Euro betrug die angedachte Förderung, die nun wegfällt.

Einige Hamburger Betriebe streichen Wasserstoffprojekte

„Tatsächlich ist das so“, sagt Christoph Kreienbaum, Sprecher der Hadag. Deshalb habe man sich jetzt umorientiert: „Aufgrund positiver Entwicklungen im Bereich der Batterietechnik ist für die Hadag Wasserstoff als Brückentechnologie zur Emissionsfreiheit nicht mehr erforderlich. Daher wird das Thema nicht weiter verfolgt, sondern konkret an vollelektrischen Schiffen gearbeitet“, sagte er dem Abendblatt.

71,3 Millionen Euro sollte zudem das Hamburger Unternehmen GreenPlug für die Entwicklung eines emissionsfreien Schubboots für die Carl Robert Eckelmann GmbH erhalten. Bei Erfolg sollten neun weitere Schubboote gebaut und verchartert werden. Was aus diesem Projekt wird, steht in den Sternen. Gesellschafter Eckelmann ist aus dem Unternehmen ausgeschieden. Die Geschäftsführung ist nicht erreichbar.

Unterzeichnung „Hydrogen Hub at Airports“
So könnte das Wasserstoff-Flugzeug der Zukunft aussehen. Ein Konzeptmodell eines Airbus wurde während einer Pressekonferenz zur Unterzeichnung des Kooperationsvertrages „Hydrogen Hub at Airports“ zwischen dem Flughafen Hamburg und Airbus gezeigt. © picture alliance/dpa | picture alliance

Andere kämpfen noch. „Wir wurden vom BMDV darüber informiert, dass die zugesagte Förderung vom Bund für das H2LoAD-Projekt nicht mehr zur Verfügung steht. Aktuell arbeitet die HHLA daran, die Finanzierung des Projektes H2LoAD neu aufzusetzen“, sagte eine Sprecherin der HHLA.

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Und auch der Airbus-Konzern, der an Flugzeugen mit Wasserstoffantrieb forscht, gibt sein Projekt nicht auf: „Hierzu dauern weitere Gespräche derzeit noch an, und wir bitten daher um Verständnis, dass wir zu laufenden Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben können“, sagte ein Airbus-Sprecher.

Eine gute Nachricht gibt es zumindest: Der Bau des Elektrolyseurs zur Wasserstoffherstellung in Moorburg und der Aus- und Umbau des Gasnetzes sind nicht von der Streichung betroffen. Sie haben kürzlich ihre Förderzusage erhalten.