Hamburg. Hamburger Forscher halten drei Flugzeugtypen für vielversprechend. Details zu Passagierzahl, klappbaren Flügeln, Antrieb und Rentabilität.

Angesichts des Klimawandels soll auch die Luftfahrt weniger umweltbelastend werden. Airbus tüftelt seit Jahren an einem „grünen Flugzeug“, das mit Wasserstoff angetrieben wird. Im Jahr 2035 soll es auf den Markt kommen. Der DAX-Konzern prüft dafür drei verschiedene Varianten, die auch hinsichtlich des Antriebs variieren.

Mit den Ansprüchen an das Flugzeug der Zukunft hat sich in einer aktuellen Studie auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auseinandergesetzt. „Als Europas größte Einrichtung für die Luftfahrtforschung haben wir alle Kompetenzen an Bord, um neuartige Flugzeugkonfigurationen detailliert vorauszulegen“, sagte Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt. Im Fokus der Überlegungen stand dabei, wie die Flugzeuge das Klima möglichst wenig belasten und zudem wirtschaftlich wettbewerbsfähig sein können.

Emissionsarmes Fliegen – so könnte es in Zukunft gelingen

Ausgangspunkt für die Berechnungen der Wissenschaftler war ein Flugzeug für 250 Passagiere. Diese sollen bei einem Mittelgang in je zwei Dreier-Reihen Platz in der Kabine nehmen. Einsetzbar soll die Maschine ab dem Jahr 2040 auf der Kurz- und Mittelstrecke sein. Entsprechend wurden auch die dann erwarteten Preise für Wasserstoff, synthetisches Kerosin und elektrische Energie simuliert und in die Berechnungen einbezogen.

Am Ende hätten sich drei Konzepte als am vielversprechendsten herausgestellt, weil sie emissionsarm und ökonomisch attraktiv seien. Alle Konzepte eint, dass die Flugzeuge über eine Spannweite von 42 Meter verfügen. Diese breiten und hochgestreckten Tragflächen sorgen für einen besseren Auftrieb und somit für einen effizienteren Flug.

Flugzeug der Zukunft – warum die Flügel klappbar sein sollen

Allerdings ist der Flieger damit auch deutlich breiter als ein Airbus A321neo mit 35,80 Metern. Das Problem: Auf einer Vielzahl von Flughäfen – die der Kategorie C – können an den Gates nur Flieger mit einer maximalen Spannweite von 36 Metern geparkt werden. Damit das Abstellen dort möglich ist, sollen die Flügelspitzen nach oben klappbar sein. Mit solchen Konzepten experimentiert auch Airbus.

„Bei der Erforschung ökologischer Flugzeugkonzepte zeigt sich, dass die Auswirkung der Luftfahrt auf das Klima um mindestens 80 Prozent reduziert werden kann und die Kosten dabei nicht steigen“, sagt Björn Nagel, Direktor des Hamburger DLR-Instituts für Systemarchitekturen in der Luftfahrt.

Flugzeug der Zukunft – Batterieantrieb liegt überraschend vorn

Am besten abgeschnitten habe dabei etwas überraschend der Plug-in-Hybrid. „Aufgrund der hohen Masse der Batterien und der eher geringen Reichweiten galt der Betrieb mit Batterien bislang eher als vielversprechend für kleinere Flugzeuge bei dem Einsatz auf der Kurzstrecke“, sagte Daniel Silberhorn, der das Projekt Exact in Hamburg leitete. „Tatsächlich ermöglicht die Plug-in-Hybrid-Architektur aber, dass auch größere marktrelevante Flugzeuge damit angetrieben werden können.“

Batterie-elektrisch betrieben könnte so ein Flugzeug 500 Kilometer zurücklegen. Hybrid-elektrisch – wenn also ähnlich wie beim Auto neben Strom auch Sprit verwendet wird – seien sogar bis zu 2800 Kilometer nonstop drin. Das entspricht der Reichweite der beiden anderen Konzepte. Die Reisefluggeschwindigkeit wurde mit 750 Kilometern pro Stunde angegeben.

Die Batterien des Fliegers sollen in 20 bis 30 Minuten geladen werden

Die Batterien wiegen zusammen 27 Tonnen und sollen in 20 bis 30 Minuten an den Flughäfen geladen werden können. Das verwendete Kerosin soll aus nachhaltiger Herstellung stammen (Sustainable Aviation Fuel, SAF). Angetrieben würde diese Variante von vier Propellern, die jeweils sechs Meter Durchmesser haben.

Zudem soll es eine größere, hocheffiziente Gasturbine auf der äußeren rechten Seite in Flugrichtung geben, die dank einer speziellen Brennkammer wenig Ruß und Stickoxide ausstößt. Damit das Flugzeug im Gleichgewicht bleibt, muss die linke, äußere Gondel dieselbe Masse haben.

Flugzeug als Plug-in-Hybrid hat günstigste Betriebskosten

Die aktuellen Probleme bei SAF: Die vorhandenen Mengen sind gering und teuer. Erlaubt ist derzeit nur die maximale Beimischung von 50 Prozent zu normalem Kerosin. Und DLR-Studien zeigen zwar, dass bei Verwendung von SAF im Vergleich zu fossilem Kerosin bis zu 80 Prozent weniger Ruß in die Atmosphäre gelangt – klimaneutral ist es damit aber nicht. Auch wenn durch SAF-Verbrennung weniger Kondensstreifen entstehen sollen, deren Bildung die Erwärmung der Atmosphäre verstärken.

Beim Energieverbrauch schneidet der Plug-in-Hybrid dennoch am besten ab. Neun Kilowattstunden werden pro Person und 100 Kilometer Strecke verbraucht. Das sei deutlich weniger als bei einem E-Auto, dessen Bedarf die DLR-Forscher mit 15 Kilowattstunden angeben.

Alle drei Flieger sollen Klimawirkung um 65 bis 95 Prozent senken

Die Betriebskosten könnten fünf bis 15 Prozent niedriger sein als bei einem heutigen Passagierjet der gleichen Größenklasse, ähnlich einem A320. Voraussetzung für die wirtschaftliche Rentabilität seien eine lange Lebensdauer der Batterien, geringe Produktionskosten sowie eine nachhaltige Herstellung mit einer sehr hohen Recyclingrate.

Das Klimawirkungsreduktionspotenzial liege bei 65 bis 95 Prozent im Vergleich zu einem heutigen Passagierjet der gleichen Größenklasse – und damit sollen alle drei Konzepte einen Klimaeffekt in derselben Spannweite erreichen.

Turboprop-Flieger sollen schneller als heutige Regionalflugzeuge sein

Die zweite untersuchte Variante ist ein Turboprop-Konzept. Optisch erinnert das Flugzeug an die heutigen, mit Propellern ausgestatteten Regionalflugzeuge. Zwei Sechs-Meter-Propeller sollen dabei für das Vorwärtskommen sorgen. Die Reisegeschwindigkeit wird ebenfalls mit 750 Kilometern pro Stunde angegeben. Das ist im Vergleich zu heutigen Regionaljets relativ schnell, aber sei technisch machbar.

So sieht die zweite DLR-Variante aus: Zwei Sechs-Meter-Propeller treiben die Turboprop-Maschine an.
So sieht die zweite DLR-Variante aus: Zwei Sechs-Meter-Propeller treiben die Turboprop-Maschine an. © DLR | DLR

Werde dieses Konzept mit fossilen Treibstoffen betrieben, verringere sich die Wirkung auf das Klima bereits um mehr als 40 Prozent. Käme nachhaltiger Treibstoff zum Einsatz, sei der Effekt noch größer. Die Betriebskosten sollen um bis zu zehn Prozent sinken. Der Energieverbrauch soll bei 14 kWh pro Person und 100 Kilometern liegen.

Beim Wasserstoffflieger sind hinten im Heck zwei Tanks untergebracht

Der größte optische Unterschied ergibt sich beim Wasserstoffantrieb. Während bei den anderen beiden Varianten die Passagiere bis zum Heck in der Kabine Platz finden, sind im Konzept Wasserstoff-Mild-Hybrid hinten zwei Tanks für den Wasserstoff untergebracht. Diese sind aus karbonfaserverstärktem Kunststoff, vakuumisoliert und zum Tausch ausbaubar.

Der bei etwa -253 Grad Celsius flüssige Wasserstoff wird über Leitungen zu zwei Gasturbinen geleitet, die für den Antrieb sorgen. Diese sollen einen minimalen Ausstoß an Stickoxiden verursachen.

Im Wasserstoff-Mild-Konzept des DLR sind die Tanks für den Wasserstoff hinten im Flugzeug untergebracht. Zwei Gasturbinen (die eine ist vom Rumpf verdeckt) treiben den Flieger an.
Im Wasserstoff-Mild-Konzept des DLR sind die Tanks für den Wasserstoff hinten im Flugzeug untergebracht. Zwei Gasturbinen (die eine ist vom Rumpf verdeckt) treiben den Flieger an. © DLR | DLR

Die Betriebskosten sollen um fünf bis zehn Prozent gesenkt werden können. Ob sie allerdings auch wirtschaftlich attraktiv sind, hänge wesentlich von den Produktionskosten für Wasserstoff und synthetisches Kerosin ab. Der Energieverbrauch soll bei 18 kWh pro Person und 100 Kilometern liegen.

Beim Wasserstoffflieger könnten in den Tragflächen Brennstoffzellen sitzen

Während in herkömmlichen Flugzeugen das Kerosin vor allem in den Flügeln untergebracht wird, könnten bei dem Wasserstoffflieger in den Tragflächen Brennstoffzellen eingebaut werden. Diese könnten zur Unterstützung auf dem Rollfeld, im Sinkflug oder der Bordsysteme genutzt werden, sodass die Emissionen insbesondere auf kurzen Strecken deutlich sinken.

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Der Hamburger DLR-Forscher Silberhorn bezeichnet das Projekt als „Simulationsframework“, das man dafür nutzen könne, „alle Szenarien auch mit aktuellen Gegebenheiten, zum Beispiel Energiepreisen oder neuen Flugzeugtechnologien, schnell neu zu berechnen“. Sinn und Zweck sei es, sich über die Erkenntnisse „mit Flugzeugbauern, Zulieferern und anderen Forschungseinrichtungen austauschen“, so Nagel.