Hamburg. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck besucht Aurubis. Kupferhersteller will klimaschonenden Energieträger künftig einsetzen.

Um den klimaschädlichen Energieträger Erdgas ersetzen zu können, wird Deutschlands Industrie künftig auf große Mengen importierten Wasserstoffs angewiesen sein – und dabei soll Hamburg als Umschlagplatz eine große Rolle spielen. Es ist daher kein Zufall, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag gerade in Hamburg eine hochrangige Delegation aus Kanada, darunter Energieminister Jonathan Wilkinson, für Gespräche über eine deutsch-kanadische Wasserstoff-Partnerschaft empfangen hat.

Dabei blieb es nicht bei Gedankenspielen oder Plänen. So unterzeichnete das Hamburger Energieunternehmen Mabanaft eine Absichtserklärung mit der US-Firma Pattern Energy, die im Hafen von Argentia in der kanadischen Provinz Neufundland und Labrador ab 2027 „grünen“ Ammoniak mittels Windenergie und Wasserkraft produzieren will. Ammoniak hat eine höhere Energiedichte als flüssiger Wasserstoff und eignet sich daher besser für den Transport per Schiff, kann am Verwendungsort aber wieder in Wasserstoff umgewandelt werden.

Klimaschutz: Hamburg hat große Pläne mit Wasserstoff aus Kanada

Im Rahmen der Absichtserklärung wollen die Partner die Lieferung von Ammoniak an Mabanaft und einen Einstieg des Hamburger Unternehmens als Co-Investor für das Projekt prüfen. „Mit der geplanten Zusammenarbeit kommt Energie aus kanadischem Wind nach Hamburg“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD). Es gelte, auf dem Weg über die „deutsche Wasserstoff-Hauptstadt“ die Versorgungssicherheit für energieintensive Industrien herzustellen.

Hamburger Hafen soll Kanadiern beim Export von Energie helfen

Außerdem unterzeichneten Jens Meier, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA), und der Chef der Betreibergesellschaft des kanadischen Hafens Argentia, Scott Penney, eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit bei der Ausfuhr beziehungsweise Einfuhr von „grünem“ Wasserstoff. Die Hamburger sollen laut Leonhard mithelfen, auf kanadischer Seite die erforderliche Infrastruktur aufzubauen.

Unter den wachsamen Augen von Bürgermeister Peter Tschentscher unterzeichneten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und sein kanadischer Amtskollege Jonathan Wilkinson (r.) im Hamburger Rathaus die Absichtserklärung der Wasserstoff-Partnerschaft.
Unter den wachsamen Augen von Bürgermeister Peter Tschentscher unterzeichneten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und sein kanadischer Amtskollege Jonathan Wilkinson (r.) im Hamburger Rathaus die Absichtserklärung der Wasserstoff-Partnerschaft. © dpa | Christian Charisius

Auch unter den durch die Energiewende veränderten Bedingungen wolle man energieintensive Branchen in Deutschland halten, sagte Habeck. Bis zum Jahr 2045, wenn die Bundesrepublik das Ziel der Klimaneutralität erreicht haben will, werde sich Kanada zu einem der kostengünstigsten Produzenten erneuerbarer Energie entwickelt haben – nicht zuletzt wegen der „wundervollen Windbedingungen“ in dem Land.

Ähnliche Vorteile hat unter anderem Chile zu bieten, weshalb der Hamburger Senat auch auf Wasserstoff-Lieferungen von dort setzt. „Die Produktion von ‚grünem‘ Wasserstoff ist weltweit noch im Aufbau, daher lässt sich heute nicht exakt angeben, zu welchen Anteilen die verschiedenen Regionen künftig die in Deutschland benötigten Importmengen bereitstellen werden“, erklärt Martin Helfrich, Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde. „Sicher ist aber, dass Nordamerika ein wichtiger Partner sein wird“, neben Produzenten in Südamerika und im Sahara-Raum. Dabei sei auch die Verlässlichkeit der Lieferungen ein bedeutsamer Faktor.

Klimaschutz: Kupferhersteller Aurubis will von Gas auf Wasserstoff umstellen

In diesem Zusammenhang fand Habeck lobende Worte für Kanada: „Wir betrachten Kanada als einen wahren Freund in einer unfreundlichen Welt.“ Der Staat sei eine „feste Säule der Demokratie“, mit ihm fielen Diskussionen weniger schwer als selbst mit einigen Mitgliedern der Europäischen Union.

Ziel der Hamburger Konferenz war die Vernetzung von Projektentwicklern aus Kanada und potenziellen Händlern und Abnehmern aus Deutschland. Am Rande der Veranstaltung besuchten Habeck und Wilkinson die Hamburger Kupferhütte Aurubis, die ihre Produktion von Kupfer-Anoden künftig von Erdgas auf Wasserstoff umstellen möchte. Entsprechende Versuche wurden bereits 2021 erfolgreich abgeschlossen. Als erstes Unternehmen der Kupfer-Branche habe man den Einsatz von Wasserstoff im industriellen Maßstab erprobt, hieß es damals. In den Jahren 2022 und 2023 gab es darüber hinaus Tests zum Einsatz von Ammoniak in der Herstellung von Kupferdraht.

Wie Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard sagte, wird Deutschland künftig darauf angewiesen sein, rund 70 Prozent des Bedarfs an erneuerbaren Energien durch Importe zu decken. Der Standort Hamburg könne als Wasserstoff-Standort nicht nur die Einfuhr, sondern bald auch eine eigene Produktion des klimaschonenden Energieträgers bieten, außerdem seien hier große Verbraucher und mehrere Forschungspartner angesiedelt.

Beim Tanklager Hamburg-Blumensand entsteht Importterminal für Ammoniak

Bereits im November 2022 kündigten Mabanaft und die US-amerikanische Firma Air Products, nach eigenen Angaben der weltweit größte Anbieter von Wasserstoff, den Aufbau eines Importterminals für „grünen“ Ammoniak auf dem Gelände des Tanklagers Hamburg-Blumensand an – auch damals war Wirtschaftsminister Habeck anwesend. Die Partner planen mit einem Investitionsvolumen in dreistelliger Millionenhöhe. Im Jahr 2027 soll die Anlage betriebsbereit sein.

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Der Hamburger Hafen ist aber nicht nur als Standort für den Import von Ammoniak beziehungsweise Wasserstoff vorgesehen, sondern auch als Produktionsstätte des Energieträgers. Ursprünglich sollte an der Stelle des abgeschalteten Kohlekraftwerks in Moorburg bereits 2025 die Herstellung starten.

Allerdings musste das ehrgeizige Projekt Rückschläge hinnehmen. So stiegen im Laufe des Jahres 2023 gleich zwei wichtige Partner aus – zunächst der Energiekonzern Shell und dann der japanische Anlagenbauer Mitsubishi Heavy Industries. Der Hamburger Vermögensverwalter Luxcara übernahm die Anteile der beiden Konzerne. Die Elektrolyseanlage mit einer anfänglichen Leistung von 100 Megawatt soll nun im Jahr 2026 die Arbeit aufnehmen. Später soll die Leistung bis auf 800 Megawatt gesteigert werden.