Santiago de Chile. Hamburgs Bürgermeister unterzeichnet einen Kooperationsvereinbarung für den Import von grünem Wasserstoff. Über die Partnerschaft.

Am vierten Tag der einwöchigen Südamerikareise von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und einer Wirtschaftsdelegation wurde es konkret. Im Außenministerium der chilenischen Hauptstadt unterzeichneten Tschentscher und Energieminister Claudio Huepe Minoletti ein Memorandum of Understanding (Absichtserklärung) zum Thema Wasserstoff.

Im sehr windreichen Süden des mit rund 4200 Kilometern längsten Staates der Welt stehen die weltweit größten Windenergieanlagen. „Wir bereiten einen großen Strategiewechsel vor und wollen im Süden grünen Wasserstoff produzieren und von dort exportieren“, sagte die chilenische Außenstaatssekretärin Ximena Fuentes. Über den Hamburger Hafen – das ist die Idee – soll grüner Wasserstoff aus Chile nach Europa exportiert werden.

Südamerika-Reise: Wasserstoff aus Chile für Europa

Hamburg wiederum setzt sich für den Ersatz fossiler Energie in seinen Industriebetrieben ein und verfolgt das Projekt „grüner Hafen“. „Das Memorandum of Understanding ist das starke Fundament für eine erfolgreiche Kooperation. Chile und Hamburg können eine starke Energiepartnerschaft zwischen Südamerika und Europa aufbauen“, sagte Tschentscher. Dass die Chilenen Wasserstoff exportieren wollen, sei genau das, was sich Hamburg für seine Wasserstoffstrategie wünsche.

Anders als Tschentschers Vorgänger im Amt, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der mit Kanada bereits einen konkreten Termin für die Lieferung von grünem Wasserstoff vereinbart hat, steht die Umsetzung einer vergleichbaren Kooperation zwischen Hamburg und Chile noch aus. „Derzeit sind wir noch in der Phase der Vereinbarungen. Es ist ja nicht so leicht. Es sind große Investitionen und technologische Entwicklungen nötig, um den Wasserstoffimport für Hamburg möglich zu machen“, sagte der Bürgermeister. „Es gibt noch keine festen Daten, aber feste Vereinbarungen mit Uruguay, Argentinien und Chile, diesen Weg der Energiepartnerschaft gemeinsam zu gehen“, betonte Tschentscher.

Viele Unternehmen investieren in Wasserstofftechnologie

Es gebe zahlreiche Hamburger Unternehmen, die sich bereits in der Wasserstofftechnologie engagierten und in diese investierten. So wurde im Rahmen des Besuchs der Hamburger Delegation eine weitere Vereinbarung für eine konkrete Kooperation zwischen dem chilenischen E-Fuel-Produzenten HIF und der Hamburger Lother-Gruppe geschlossen. Ziel ist es in diesem Fall, dass das Hamburger Unternehmen den in Patagonien von den chilenischen Partnern produzierten E-Fuel-Treibstoff in Europa vermarktet. Dabei soll es zunächst um eine Menge von 55 Millionen Litern E-Fuel jährlich gehen. E-Fuels und Benzin können in Motoren abwechselnd verwendet werden. Noch läuft die Ausschreibung für das Projekt.

Die Absichtserklärung zum Import von grünem Wasserstoff über den Hamburger Hafen ist auch deswegen bedeutend, weil Hamburg als Bundesland eine Vereinbarung mit der Regierung eines anderen Staates abschließt. Üblicherweise ist dafür die Bundesregierung zuständig. In diesem Fall hatte sich der Senat vorher mit dem Außenministerium abgestimmt. In mehreren Gesprächen Tschentschers mit Ministern oder Staatssekretären wurde deutlich, dass der Besuch des Hamburger Bürgermeisters große Aufmerksamkeit genießt.

Chile hatte sich weitreichend abgeschottet

Es sei den Chilenen sehr bewusst, dass mit Tschentscher der Nachfolger des heutigen Bundeskanzlers Scholz angereist sei, heißt es aus Delegationskreisen. Die Hamburger Reisegruppe war eine der ersten politischen und wirtschaftlichen Delegationen, die nach der Corona-Pandemie den Andenstaat besucht haben. Chile hatte sich während der Pandemie sehr weitreichend abgeschottet. Die Vorsicht gegenüber möglichen Infektionen ist auch heute noch allgegenwärtig: In geschlossenen Räumen ist das Tragen einer Maske nach wie vor selbstverständlich.

Wer durch das Zentrum der chilenischen Hauptstadt geht oder fährt, für den sind die Spuren der sozialen Unruhen und der gewalttätigen Ausschreitungen der Jahre 2019/20 sehr sichtbar. Auf dem Höhepunkt der Unruhen, die sich gegen die allgemeine Teuerung und eine Erhöhung der Metropreise richteten, verhängte der damalige Staatspräsident Sebastian Pinera den Ausnahmezustand über Santiago.

Südamerika-Reise: Viele Geschäfte verbarrikadiert

Hunderte Parolen sind an Hauswände und auf Ladenfassaden gesprüht. Viele Geschäfte sind noch immer verbarrikadiert, obwohl sich das Leben inzwischen sehr weitgehend normalisiert hat. Chile galt seit der Abwahl des Diktators Augusto Pinochet durch eine Volksabstimmung 1988 als eines der stabilsten Länder Südamerikas. Es war eine wichtige Frage für die mitgereisten Unternehmer und Manager, ob dies nach den Unruhen auch weiter gelten würde, zumal es vor Kurzem Neuwahlen verbunden mit der Installation einer neuen, eher linksgerichteten Regierung unter dem erst 36 Jahre alten Staatspräsidenten Gabriel Boric gab.

„Die in Chile ansässigen deutschen Unternehmen sagen, dass ein verlässlicher, gesetzlicher Rahmen für ihre Aktivitäten besteht“, so Tschentscher. Chile sei eine funktionierende Demokratie, was Regierungswechsel einschließe. Allerdings sei die hohe Inflation eine Herausforderung für deutsche Unternehmen. Auf dem weiteren Programm stehen die Unterzeichnung weiterer Kooperationen sowie ein Besuch der deutschen Schule.