Hamburg. HHLA-Aktionär wirft dem Senat Untreue beim Teilverkauf des Hafenkonzerns an die Schweizer Reederei vor. Senatssprecher: „Vorwürfe abwegig“.

Der umstrittene Teilverkauf der HHLA an die Schweizer Reederei MSC bekommt eine völlig neue Wendung. Jetzt hat ein Kleinaktionär der HHLA Strafanzeige gegen die Protagonisten im Hamburger Senat gestellt, die den Deal vorantreiben: Bürgermeister Peter Tschentscher, Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (alle SPD).

Der Vorwurf gegen die Politiker lautet Untreue. Anzeigensteller ist Volker Herbrechtsmeier, gelernter Speditionskaufmann aus Detmold und Kleinaktionär bei der HHLA. Sein Vorwurf: Der Bürgermeister und seine Senatoren hätten in verbotener Eigenmacht den Deal mit MSC eingefädelt.

Hafen Hamburg: Strafanzeige gegen Tschentscher, Leonhard, Dressel wegen MSC-Deal

„Die vorgenannten Parteikader haben ohne Verhandlungsvollmacht sowie ohne Sach- und Fachkunde Volksvermögen unter Wert und zulasten der Hamburger Bürger verkauft“, heißt es in der Anzeige, die dem Abendblatt vorliegt. Der Verkauf gehe zulasten der Stadt und des Landes Hamburg, des Bundes sowie der Hafenwirtschaft als Ganzes.

Hafenarbeiter demonstrieren am Rathausmarkt gegen den Teilverkauf der HHLA an MSC.
Hafenarbeiter demonstrieren am Rathausmarkt gegen den Teilverkauf der HHLA an MSC. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Zur Erinnerung: Mitte September des vergangenen Jahres hat der Hamburger Senat nach monatelangen Geheimverhandlungen, nur unter Hinzuziehung von Juristen und Banken, mit der Reederei MSC vereinbart, die Eigentümerschaft des Hamburger Hafenkonzerns HHLA neu zu ordnen. Nicht einmal der Vorstand der städtischen HHLA wusste davon. Er wurde – wie die Öffentlichkeit – im September über den Plan informiert.

MSC-Deal: Was sich der Senat davon erhofft

Die HHLA befand sich zu dem Zeitpunkt zu knapp 70 Prozent in Händen der Stadt, etwa 30 Prozent wurden an der Börse gehandelt. Die Stadt will ihre Anteile auf 50,1 Prozent reduzieren, sodass sie gerade noch die Mehrheit an der HHLA hält. Die restlichen 49,9 Prozent soll MSC übernehmen.

Ziel ist es, mit gemeinsamen Investitionen und der Geschäftstüchtigkeit der Reederei mehr Ladung nach Hamburg zu bringen und den schwächelnden Hafen zu stärken. MSC unterbreitete den HHLA-Aktionären ein Übernahmeangebot, das Ende vergangenen Jahres auslief. Seitdem kauft die Schweizer Reederei, die dem italienischen Unternehmer Gianluigi Aponte gehört, auf dem freien Markt Aktien hinzu. Gemeinsam halten Stadt und MSC jetzt mehr als 93 Prozent an der HHLA.

MSC-Deal: Alt-Aktionäre sollen aus der HHLA gedrängt werden

Sobald die magische Grenze von 95 Prozent erreicht ist, wollen die Partner die restlichen HHLA-Aktionäre aus dem Hafenkonzern herausdrängen (Squeeze-out) und das Unternehmen vom freien Handel an der Börse nehmen. Das wurmt Herbrechtsmeier: „Es ist unfassbar, mit welcher Kaltschnäuzigkeit und brachialer Arroganz der Senat hier gehandelt hat“, sagte er dem Abendblatt.

Ein Container wird auf dem Containerterminal Altenwerder der HHLA mit einer Containerbrücke auf ein Schiff geladen. MSC soll bei dem Hafenkonzern einsteigen.
Ein Container wird auf dem Containerterminal Altenwerder der HHLA mit einer Containerbrücke auf ein Schiff geladen. MSC soll bei dem Hafenkonzern einsteigen. © DPA Images | Daniel Reinhardt

Die Hamburger Regierung sei weder Eigentümerin noch Besitzerin der HHLA, sagt Herbrechtsmeier. „Sie verwalten sie nur treuhänderisch für die eigentlichen Eigentümer, das Hamburger Volk und die Aktionäre.“ Es habe auch keine Handlungsvollmacht an den Senat zum Verkauf gegeben, der der Stadt schade. Deshalb habe er Strafanzeige erstattet. Eingereicht habe er diese beim Landgericht Detmold, so Herbrechtsmeier.

Hafen Hamburg: Senatskanzlei weiß noch nichts über Strafantrag

Dort hieß es, dass die Anzeige an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werde. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Detmold sagte dem Abendblatt, dass die Anzeige noch nicht vorliege, im Zweifel aber an die Hamburger Staatsanwaltschaft weitergeleitet werde, da es sich um einen Hamburger Vorgang handele.

Mehr zum Thema

Der Hamburger Senat weist die Vorwürfe zurück. „Der Senatskanzlei liegen keine Erkenntnisse zu einem solchen Strafantrag vor“, sagte der Sprecher des Senats. „Vorwürfe strafbaren Handelns sind in jeder Hinsicht abwegig. Die geplante Transaktion ist vollkommen rechtmäßig und zweckmäßig. Sie wurde vom Senat beschlossen und wird umgesetzt, sofern die Bürgerschaft zustimmt.“