Hamburg. Die wohl letzte Hauptversammlung ist kontrovers. Von „Skandal“ ist die Rede. Vorstandschefin Titzrath verteidigt sich. Wie es weitergeht.

Wird der umstrittene Einstieg der Schweizer Reederei MSC bei der Hamburger Hafen und Logistik AG von Hafenarbeitern und Oppositionspolitiker der Bürgerschaft abgelehnt, entfacht er beim Kreis unabhängiger Kleinaktionäre gar einen Sturm der Entrüstung. Bei der Hauptversammlung am Donnerstag wurde die Vereinbarung, die der Hamburger Senat mit der Reederei ohne Einbeziehung von Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA getroffen hat, wahlweise als „Skandal“, als „gruselig“ oder gar als „verfassungswidrig“ bezeichnet.

Die Empörung verwundert nicht. Schließlich sehen die alten Aktionäre des Hafenunternehmens ihre Wertpapiere in Gefahr. Die Zahl unabhängiger HHLA-Aktionäre schrumpft. Sie beträgt inzwischen weniger als sieben Prozent, da MSC kontinuierlich HHLA-Aktien aufkauft. Zusammen verfügen Stadt und Reederei jetzt über mehr als 93 Prozent der Aktien. Am Ende wollen die Stadt und MSC die HHLA allein führen, die restlichen Aktionäre aus dem Unternehmen drängen und die Aktien von der Börse nehmen.

HHLA: Kleinaktionäre verweigern Vorstand die Entlastung

„Sie gehen mit keinem Wort darauf ein, dass sie vom Senat quasi vorgeführt worden sind“, sagte der Rechtsanwalt Dirk Unrau von der Deutschen Schutzvereinigung von Wertpapierbesitz (DSW) im Anschluss an die Rechenschaftsberichte des Aufsichtsratschefs Rüdiger Grube und der HHLA-Vorstandschefin Angela Titzrath.

Grundlage seines Vorwurfs ist, dass beide in die Verhandlungen des Senats mit MSC nicht eingebunden worden waren. Erst wenige Stunden vor der Öffentlichkeit hatte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im September vergangenen Jahres die HHLA-Führung ins Vertrauen gezogen. Da waren sich MSC und Senat schon einig.

Aktionärsvereinigung lehnt Entlastung des HHLA-Vorstands ab

Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) nannte das Vorgehen des Senats einen „Ausdruck Hamburger Kleinstaaterei par excellence“. Denn mit den Geheimverhandlungen mit MSC würden Kooperationen mit den anderen deutschen Seehäfen erschwert. Wie andere Kritiker vertritt auch Neumann die Auffassung, dass MSC vor allem das Intermodalnetzwerk der HHLA mit der Bahntochter Metrans beherrschen will. Zugleich bemängelte er die Geschäftszahlen der HHLA.

Mit 109 Millionen Euro hatte das Konzern-Betriebsergebnis im vergangenen Jahr 50,4 Prozent unter dem des Vorjahres gelegen und auch die vom Vorstand erwarteten Bandbreiten von 115 bis 135 Millionen verfehlt. „Die SdK lehnt eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ab“, sagte Aktionärsvertreter Neumann.

Kritische HHLA-Aktionäre bitten Bürgerschaft um Stopp des MSC-Deals

Auch Hafenexperte Ulrich Malchow kündigte an, die Entlastung der HHLA-Führung zu verweigern. Seine Begründung: Vorstand und Aufsichtsrat hätten in ihrer Stellungnahme den geplanten Einstieg von MSC befürwortet, dabei allerdings verschwiegen, dass ausweislich des öffentlichen Übernahmeangebotes zuvor eine klare Weisung des Senats an den HHLA-Vorstand ergangen sei, das Übernahmeangebot zu unterstützen.

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Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre appellierte an die Hamburger Bürgerschaft, den Einstieg von MSC bei der HHLA zu stoppen, unter anderem wegen möglicher Rückschritte bei Klima- und Naturschutz, Mitspracherechten der Beschäftigten und Transparenz.

HHLA-Chefin Titzrath betonte in ihrer Rede, dass sich der Vorstand nach Bekanntwerden der geplanten Transaktion intensiv damit befasst habe und eine verbindliche Vereinbarung getroffen worden sei, mit der Risiken für die HHLA gemindert und Chancen gesichert worden seien. „Gemeinsam mit dem Aufsichtsrat haben wir dementsprechend den Aktionären empfohlen, das Übernahmeangebot für die HHLA-Aktien anzunehmen.“

Stadt und MSC wollen HHLA von der Börse nehmen

Dem Aktionärsvertreter Unrau antwortete Titzrath: „Wir fühlen uns nicht vorgeführt.“ Und zu Malchows Vorwurf sagte Titzrath, es habe keine Weisung gegeben, den MSC-Deal zu befürworten.

Insgesamt fehlte aber das Interesse an der Hauptversammlung. Gerade einmal fünf Prozent der Aktionäre hatten sich am Donnerstagmorgen zugeschaltet. Es war wohl die letzte Hauptversammlung der HHLA. Senat und MSC wollen ihren Deal noch in diesem Jahr abschließen.

Am frühen Abend wurden Vorstand und Aufsichtsrat schließlich vor allem mit der Mehrheit der Großaktionäre entlastet.