Hamburg. Zwei Drittel der Hamburger Haushalte steht eine Sozialwohnung zu. Doch wie kommt man daran? Wie viel darf man verdienen? Alle Infos.

Es klingt für Hamburger Verhältnisse stets zu schön um wahr zu sein: neue Mietwohnungen mit Elbblick, in Winterhude unweit des Stadtparks oder gleich direkt am Wasser in der HafenCity, und das zu Kaltmieten von rund sieben Euro pro Quadratmeter, gut 50 Prozent unter dem marktüblichen Kurs für Neuvermietungen. Wer möchte da nicht sofort einziehen?

Diese aktuellen Projekte haben nur stets einen Haken: Es handelt sich in der Regel um Sozialwohnungen, die nur einem bestimmten Personenkreis zustehen. Dass diese gerade vermehrt auf den Markt kommen, ist kein Zufall. Denn während der frei finanzierte Wohnungsbau infolge der explodierten Baukosten und gestiegenen Zinsen eingebrochen ist, brummt der staatlich geförderte Wohnungsbau.

Miete Hamburg: Wie komme ich an eine günstige Sozialwohnung?

Hamburg pumpt inzwischen mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr in diesen Sektor und hat kürzlich sogar einen dritten Förderweg eröffnet, der noch mehr Investoren für den sozialen Wohnungsbau begeistern soll. Zwei Drittel der Hamburger Haushalte seien nunmehr berechtigt, so eine Wohnung zu beziehen, hieß es vom Senat. Darunter fallen sogar vierköpfige Familien mit einem Bruttojahreseinkommen von fast 100.000 Euro.

Aber wie kommt man an so eine günstige Wohnung? Welche Voraussetzungen muss man erfüllen? Welche Unterlagen benötigt man und an wen kann man sich wenden? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist ein Wohnberechtigungsschein oder Paragraf-5-Schein?

Wer in Deutschland eine aus staatlichen Mitteln geförderte Wohnung („Sozialwohnung“) beziehen möchte, benötigt einen Wohnberechtigungsschein (WBS) oder auch Paragraph 5-Schein. Er ist an Einkommensgrenzen gekoppelt und gilt nur in dem Bundesland, das ihn ausstellt. Für besondere Notfälle gibt es darüber hinaus den Dringlichkeitsschein.

Welche Einkommensgrenzen gelten für den Paragraf-5-Schein?

Um einen Wohnberechtigungsschein beantragen zu können, muss man volljährig sein und die Einkommensgrenzen einhalten. „Die Berechnung ist immer individuell“, heißt es auf Hamburg.de. Dennoch gibt es konkrete Grenzwerte für die unterschiedlichen Förderwege.

1. Förderweg: Einkommensgrenzen beginnen bei 28.600 Euro

Der weit überwiegende Teil der Sozialwohnungen in Hamburg ist auf dem 1. Förderweg errichtet worden, bei dem die anfängliche Kaltmiete bei maximal 7,10 Euro pro Quadratmeter liegt. Hier gilt: Ein Einpersonenhaushalt darf höchstens auf ein Brutto-Jahreseinkommen von 28.600 Euro kommen. Zwei Personen dürfen bis zu 42.300 Euro verdienen, drei Personen bis zu 54.000 Euro und ein Vier-Personen-Haushalt bis zu 65.700 Euro. Bei fünf und mehr Personen liegt die Grenze bei 77.300 Euro.

2. Förderweg deckelt Mieten auf 9,20 Euro pro Quadratmeter

Für Wohnungen des 2. Förderwegs, bei denen die anfängliche Kaltmiete höchstens 9,20 Euro pro Quadratmeter beträgt, gilt: Ein Einpersonenhaushalt darf maximal auf ein Brutto-Jahreseinkommen von 35.500 Euro kommen. Zwei Personen dürfen bis zu 52.600 Euro verdienen, drei Personen bis zu 67.200 Euro und ein Vier-Personen-Haushalt bis zu 81.800 Euro. Bei fünf und mehr Personen liegt die Grenze bei 96.300 Euro.

3. Förderweg: Familien dürfen fast 100.000 Euro verdienen

Der neue 3. Förderweg deckelt die Mieten auf anfangs 12,10 Euro pro Quadratmeter. Das klingt schon happig, liegt aber deutlich unter den durchschnittlichen Hamburger Neuvertragsmieten von rund 14 Euro. Bei Neubauten oder in angesagten Lagen werden sogar oft 20 Euro und mehr aufgerufen. Dieser neue Förderweg richtet sich also an klassische Mittelschicht-Haushalte, die ebenfalls bereits oft Probleme haben, eine bezahlbare Wohnung in Hamburg zu finden.

Wer ihn in Anspruch nehmen will, darf als Ein-Personen-Haushalt maximal 42.300 brutto im Jahr verdienen. Zwei Personen dürfen bis zu 62.900 Euro verdienen, drei Personen bis zu 80.400 Euro und ein Vier-Personen-Haushalt bis zu 97.900 Euro. Bei fünf und mehr Personen liegt die Grenze bei 115.400 Euro.

Auf dem 3. Förderweg wurden noch keine Wohnungen gebaut

Der Haken: Wohnungen, die auf dem 3. Förderweg errichtet wurden, gibt es noch gar nicht. Da der Senat die Bedingungen erst kürzlich beschlossen und am 1. April veröffentlicht hat, müssen Investoren jetzt erst mal auf dieser Basis Projekte entwickeln und realisieren. Frühestens in zwei bis drei Jahren dürfte es die ersten Wohnungsangebote in diesem Segment geben.

Grundsätzlich gilt: Für welchen Förderweg der Wohnberechtigungsschein gilt, ergibt sich aus dem Einkommen – man muss sich nicht vorab für einen bestimmten Weg „bewerben“. Indes: Wer einen WBS für den 1. Förderweg hat, darf auch Wohnungen des 2. und 3. Förderwegs beziehen – umgekehrt geht das nicht.

Welche Stelle ist in Hamburg zuständig?

Der Wohnberechtigungsschein wird in Hamburg von den Bezirksämtern ausgestellt. Während es bis vor Kurzem noch hieß, dass zur Beantragung in der Regel ein persönliches Erscheinen notwendig sei, ist das mittlerweile nicht mehr so: Der Antrag kann direkt online gestellt werden. Wer auf der städtischen Internetplattform Hamburg.de das Suchwort „Wohnberechtigungsschein“ eingibt, findet dort alle nötigen Infos.

Dort lässt sich auch anhand der Adresse ermitteln, welche Dienststelle zuständig ist, falls man doch lieber persönlich zum „Amt“ gehen möchte. Auch der Telefonische Hamburg-Service unter der Nummer 115 kann behilflich sein.

Welche Unterlagen benötigt man für den Antrag?

Auf jeden Fall die Personaldokumente aller zum Haushalt gehörenden Personen. Eventuell werden weitere Papiere wie Geburts- und Heiratsurkunden, ärztliche Atteste, Schwangerschaftsbescheinigungen oder bestehende Mietverträge benötigt – je nach Einzelfall. Das Wichtigste sind die Einkommensnachweise für jede Person mit eigenem Einkommen im Haushalt.

Das Einkommen kann über die Gehaltsabrechnungen der letzten zwölf Monate dokumentiert werden oder, falls es die nicht gibt, über einen Anstellungsvertrag. Dabei ist zu berücksichtigen, ob sich die Einkommensverhältnisse mit Sicherheit innerhalb der nächsten zwei Jahre verändern werden. Wer also schon weiß, dass er in einigen Monaten einen gut dotierten Job antreten wird, müsste das angeben.

Wie viel Vermögen darf ich haben?

Im Grundsatz gilt, dass die Ausstellung eines WBS „bei großem Vermögen nicht gerechtfertigt“ ist, so die Stadtentwicklungsbehörde. Was „groß“ ist, wird allerdings immer im Einzelfall überprüft. Folgende Orientierungswerte gelten dabei: Bei Einpersonenhaushalten sollte das Vermögen 120.000 Euro nicht übersteigen und die jährlichen Kapitalerträge sollten bei nicht mehr als 4800 Euro liegen. Wenn ein Haushalt über Wohneigentum mit einer angemessenen Wohnfläche verfügt, das er auch selbst nutzen könnte, kann der WBS ebenfalls verweigert werden.

Wie lange dauert der Antrag und was kostet er?

Die Wohnberechtigungsbescheinigung werde „schnellstmöglich“ ausgestellt, sobald alle Unterlagen vollständig sind und die Gebühr bezahlt ist, heißt es von der Stadt. Die Gebühr liege je nach Einzelfall bei neun bis 20 Euro.

Wie lange ist der Wohnberechtigungsschein gültig?

In Hamburg ist der WBS auf zwei Jahre befristet – so lange hat man also Zeit, sich eine Sozialwohnung zu suchen. Da man den Schein nur benötigt, um eine Sozialwohnung erstmalig anzumieten, muss man ihn später nicht mehr erneuern. Nur wer in dieser Frist keine Wohnung findet, muss ihn gegebenenfalls neu beantragen.

Bekomme ich mit Berechtigungsschein automatisch eine Wohnung?

Leider nein. Allein die städtische Saga, der größte Anbieter von Sozialwohnungen in Hamburg, führt eine kilometerlange Warteliste. 70.000 bis 90.000 Wohnungssuchende hätten sich dort registriert, hieß es vergangenes Jahr. Und daran hat sich nichts geändert: „Die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen in Hamburg und damit die Anzahl der Mietinteressenten bei der Saga sind unverändert hoch“, teilte ein Sprecher mit. In innerstädtischen Quartieren, Neubauten oder Szenevierteln sei die Nachfrage aber „deutlich größer als in Randlagen“.

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Wie viele Sozialwohnungen gibt es in Hamburg

Das ist das Grundproblem: Während die Gruppe der Berechtigten immer größer wird oder durch neue Förderwege sogar gezielt erweitert wird, nimmt die Zahl der Sozialwohnungen in Hamburg seit Jahren kontinuierlich ab, da diese in der Regel nach 30 Jahren aus der Mietbindung fallen. Konkret: 650.000 Haushalten, die theoretisch einen WBS beantragen könnten, stehen derzeit noch gut 76.000 Sozialwohnungen gegenüber.

Hamburg rühmt sich zwar immer noch, im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr Sozialwohnungen vorzuhalten als jedes andere Bundesland. In der Stadt entstehen auch mehr neue geförderte Wohnungen als in anderen Ländern, aber selbst das kann bislang nur den Rückgang bremsen.

Wie viele Haushalte in Hamburg haben einen Paragraf-5-Schein?

Diese Zahl kennt die Stadtentwicklungsbehörde derzeit auch nicht. Eine entsprechende statistische Auswertung befinde sich „noch in der Entwicklung“.