Hamburg. Asina Göhr hat sich den Traum vom eigenen Laden erfüllt – dann kam der Krebs. Seitdem kämpft sie ums Überleben und ihre Existenz.

Die Xocolaterie am Mühlenkamp ist inzwischen seit mehr als vier Monaten geschlossen. Aber anders als sonst in solchen Fällen, stecken weder technische Probleme noch finanzielle Schwierigkeiten dahinter. Es ist ein schwerer Schicksalsschlag, der die Eigentümerin des kleinen Ladens zu dem Schritt gezwungen hatte. Bei Asina Göhr war kurz vor Weihnachten Brustkrebs diagnostiziert worden – und hatte ihr Leben von einem Moment zum anderen in vorher und nachher geteilt.

Seitdem kämpft die 34-Jährige um ihr Überleben und um die berufliche Existenz. Erst Mitte vorigen Jahres hatte sie sich selbstständig gemacht und die Schokoladenmanufaktur in Winterhude übernommen. „Das ist mein Herzensprojekt. Den Laden zu verkaufen wäre die allerletzte Option“, hatte sie nach der schweren Erkrankung gesagt. Jetzt muss sie sich gestehen, dass sie ihren Traum aufgeben muss. Die Xocolaterie steht zum Verkauf.

Xocolaterie in Winterhude vor dem Verkauf

„Die Belastung ist einfach zu groß, ein Unternehmen zu steuern und mich gleichzeitig einer so komplexen Therapie zu unterziehen“, sagt die Hamburgerin. Göhr leidet an einer besonders aggressiven Krebsform, dem sogenannten Triple-negativen Brustkrebs, der schnell wächst, schwer zu behandeln ist und oft keine gute Prognose hat. Seit Ende Dezember erhält sie Chemo- und Immun-Therapie. „Vor allem in den ersten Wochen ging es mir körperlich so schlecht, dass ich gar nichts machen konnte“, sagt sie. Da wuchs auch der Gedanke, dass die Xocolaterie nicht zu halten ist.

Die gelernte Hotelfachfrau hat in ihrem kleinen, feinen Geschäft alles allein gemacht. Sie hat ausgesuchte Pralinen und Trüffel für ihr Geschäft eingekauft, ihre eigenen Pralinenkunstwerke – die Xoxos – fabriziert und stand selbst hinter der Ladentheke. Damit war nach der Diagnose Schluss. Seither hat die Gründerin kein Einkommen, lebt vom Krankengeld.

Fixkosten von 3500 Euro im Monat, aber keine Einnahmen

Trotzdem laufen die Fixkosten weiter: Miete, Heizung, Strom, Telefon und was sonst noch alles in einem eigenen Laden anfällt. Monatlich etwa 3500 Euro. Für Asina Göhr eine besondere Belastung, weil zu dem Überlebenskampf noch enormer finanzieller Druck und große Existenzängste kommen. Ihre kompletten Ersparnisse stecken in der Xocolaterie, zudem hat sie einen Kredit aufgenommen. Insgesamt eine Investition von 97.000 Euro. Schon im Januar hatte eine Freundin auf der Spendenplattform Gofundme.com einen Aufruf für „Asinas Kampf gegen den Krebs“ gestartet. Mehr als 22.000 Euro sind dort bislang zusammengekommen.

„Das hat sehr geholfen“, sagt Asina Göhr. Das gilt auch für die große Anteilnahme und die vielen aufmunternden Worte über die Online-Plattform und die Berichterstattung unter anderem im Abendblatt. „Mir hat es manchmal das Herz zerrissen, und ich saß nur weinend vor dem Computer.“ Es gab sogar Angebote von Menschen, die ehrenamtlich arbeiten wollten. Trotzdem: Den anfänglichen Plan, Mitarbeiter zu suchen und die Xocolaterie so über die Runden zu bringen, hat die Unternehmerin inzwischen aufgegeben.

Xocolaterie: Lebenstraum wird Anzeige in Online-Portal

„Ich hatte nicht die Kraft, mich auf die Personalsuche zu konzentrieren“, sagt sie. Dazu schien ihr die Verantwortung für Geschäft und Mitarbeiter zu groß. „Und man fängt natürlich in einer so existenzbedrohlichen Situation an, noch mal neu über das Leben nachzudenken.

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Ihr Lebenstraum ist jetzt eine Verkaufsanzeige auf dem Portal „Kleinanzeigen“. Als Abschlag für eine Übernahme setzt sie 90.000 Euro für Inventar und Maschinen, Markennamen und Rezepte an. „Es haben sich mehr als 25 Interessenten gemeldet“, sagt die Unternehmerin, die jedes Mal neben den Therapien viel Arbeit und Energie in die Verhandlungen gesteckt hat. Bislang ist der Verkauf nicht zustande gekommen. Der Vermieter hat einer Nachfolgereglung zwar grundsätzlich zugestimmt, stellt aber eine Reihe Anforderungen.

Xocolaterie: Kampf um Überleben und Existenz

Inzwischen drängt die Zeit. Asina Göhr geht es besser, der erste Therapiezyklus hat angeschlagen. „Aber das bedeutet ja nicht, dass der Krebs weg ist“, sagt sie. Mindestens noch bis Herbst muss sie sich weiteren Behandlungen unterziehen. Das Spendengeld, das sie finanziell entlastet hat, ist inzwischen fast aufgebraucht. Jetzt muss sie mit dem Krankengeld über die Runden kommen und auch die Kredite bedienen. Wie das gehen soll? Die Xocolaterie-Inhaberin zuckt die Achseln.

„Man geht in einer Selbstständigkeit immer ein Risiko ein, aber dass nach drei Monaten so was kommt, konnte ich mir nicht vorstellen“, sagt sie. Noch klammert sich Asina Göhr an die Hoffnung, dass sich jemand für die Xocolaterie in Winterhude findet. Dafür will sie tun, was sie kann. „Ich wäre sehr traurig, wenn es nicht weitergeht. Auch wenn ich es selbst nicht machen kann.“