Hamburg. Lange Zeit gelang es dem Signa-Gründer, den Milliardär für sich einzunehmen. Doch bei einem Treffen in Hamburg kippte die Stimmung.

  • Klaus Michael Kühne hat sein Investment bei Rene Benko offenbar nie wiedergesehen
  • Ein Mittagessen der beiden Manager im Hotel Fontenay in Hamburg endete im Eklat
  • Das Signa-Desaster ist für Kühne nicht der erste Rückschlag in seiner Karriere

Der Hamburger Investor Klaus Michael Kühne hat einen legendären Ruf. Wo er sein Geld hineinsteckt, vermehrt es sich rasch – zumindest, wenn man sein Engagement beim HSV einmal herausrechnet. Seine Beteiligung an Hapag-Lloyd hat sich im Wert vervielfacht und ist heute allein mehr als neun Milliarden Euro schwer. Im Jahr 2022, als die Lufthansa nahe ihrem Rekordtief notierte, griff er beherzt zu und erwarb 15 Prozent der Anteile, die seitdem im Wert gestiegen sind. Nur ein Deal hat den reichen Mann ärmer gemacht – sein Investment in René Benkos Signa.

Lange Zeit hatte Kühne Gefallen an dem jungen Selfmademillionär gefunden, der gern mit dem Privatjet eingeflogen kam – an seinem gewinnenden Auftreten, seinem bubenhaften Charme, seinem Aufstieg aus kleinen Verhältnissen, aber auch seinem Gespür für das Geschäft. Vor allem aber an den üppigen Dividenden, die Benko seinen Anteilseignern ausschüttete. Heute verdichten sich die Hinweise, dass diese Ausschüttungen nicht die Gewinne der Signa-Geschäfte waren, sondern möglicherweise die Neuinvestments weiterer Anteilseigner – ein Schneeballsystem, das im chaotischen Firmengeflecht des René Benko zunächst nicht auffiel.

Signa Prime: Noch im August 2022 hatte Kühne seinen Anteil erhöht

Noch im August 2022 hatte Kühne seinen Anteil an der Immobiliengesellschaft Signa Prime erhöht. „Als langfristig orientierter, strategischer Investor freuen wir uns, unsere Beteiligung auf zehn Prozent erhöhen zu können“, hatte Karl Gernandt, damals Chef der Kühne Holding, erklärt. Zuvor hatte der Milliardär rund 7,5 Prozent der Anteile gehalten. Gernandt war Aufsichtsrat der Signa-Development und ein großer Fürsprecher des Österreichers.

Klaus-Michael Kühne auf dem Dach seines Hotels The Fontenay. Hier kam es am 1. Dezember 2022 zum Zerwürfnis mit René Benko
Klaus-Michael Kühne auf dem Dach seines Hotels The Fontenay. Hier kam es am 1. Dezember 2022 zum Zerwürfnis mit René Benko © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Doch Kühne rückte bald von Benko ab: „Die Korruptionsvorwürfe in Österreich setzen Benko zusätzlich unter Druck. Wir müssen das beobachten und sind in Gesprächen“, sagte Kühne Anfang November 2022 dem Abendblatt. Der Einstieg bei Signa sei kein Fehler gewesen, man habe sich „lange ausgetauscht und das Investment gut geprüft. Wir glauben, dass es seriös und fundiert ist. Natürlich gibt es risikolosere Geschäfte als Immobilien. Bislang zahlt Signa eine gute Dividende. Wir sind nicht besorgt, aber schauen genau hin.“ Vier Wochen später entzog Kühne Benko das Vertrauen. Seine kritischen Fragen konnte Benko offenbar nicht ausreichend beantworten.

Früher als andere wurde Kühne bei Benkos Signa skeptisch

Früher als andere wurde Kühne skeptisch und könnte damit den Fall des Immobilienspekulanten René Benko sogar beschleunigt haben. So steht es in dem neuen Buch der beiden Enthüllungsjournalisten Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart: „Inside Signa – Aufstieg und Fall des René Benko“. Ihrer Recherche zufolge entzog Kühne dem schillernden Immmobilieninvestor Anfang Dezember 2022 das Vertrauen und wollte seine Beteiligung an der Signa Prime Selection rückabwickeln.

Benko war, so schreiben Fleckl und Reinhart, zusammen mit Gernandt am 1. Dezember 2022 nach Hamburg gereist, um Kühne in dessen Hotel The Fontenay zu treffen. Das Mittagessen endete demnach im Eklat, Kühne stand nach wenigen Minuten auf. Benkos drängende Bitten per Mail, doch das Gespräch weiterzuführen, blieben erfolglos. Die beiden Autoren zitieren eine Mail von 13.22 Uhr im Wortlaut und mit mehreren Rechtschreibfehlern:

Im Hotel The Fontenay kommt es zum Eklat

„Lieber Herr Kühne, offen gesagt bin ich ratlos! Ich bin heute extra nach Hamburg gekommen um mit Ihnen und Herrn Gernandt das Gespräch von Oktober fort zu setzten und mich mit Ihnen als zweit größter Aktionär auszutauschen und zu beratschlagen. Natürlich habe ich auch Details zu Ihren Fragen von Sonntag mitgebracht. Ich würde gerne die Möglichkeit haben mit Ihnen persönlich zu reden auch wenn es nur eine Stunde nach Ihrem Mittagessen ist.“

Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart berichten in ihrem Buch „Inside Signa – Aufstieg und Fall des René Benko“ über den Bruch zwischen Benko und Kühne.
Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart berichten in ihrem Buch „Inside Signa – Aufstieg und Fall des René Benko“ über den Bruch zwischen Benko und Kühne. © edition a | edition a

28 Minuten später schrieb Benko aus dem Fontenay die nächste Mail: „Hallo Herr Kühne! Eine kurze persönliche Aussprache mit Ihnen wäre mir sehr wichtig – ich bin noch bei Ihnen im Hotel. Es reichen auch 10 Minuten. Ich kann nicht nachvollziehen was da schief gelaufen ist.“

Kühnes Hoffnung auf eine Rückabwicklung erfüllte sich wohl nicht

Kühnes Antwort fällt eindeutig aus: „Sehr geehrter Herr Benko, Es tut mir leid – das Vertrauen ist zerstört, und ich habe Herrn Gernandt gebeten, Ihnen meinen Wunsch nach Rückabwicklung unserer Beteiligung an der Signa Prime Selection AG anzuzeigen.“

Nach Informationen des Abendblatts hat sich das Treffen im Fontenay so zugetragen. Allerdings hat Kühne sein Geld wohl nicht wiedergesehen, weil Benko schon damals die finanziellen Mittel für die Rückabwicklung fehlten. Später, im Herbst 2023, kaufte Klaus-Michael Kühne der schon sichtbar kriselnden Signa Development ihren 50-Prozent-Anteil am gemeinsamen Projekt Beam in Berlin ab. Zum Kaufpreis wurden damals keine Angaben gemacht – möglicherweise wurde dieser mit Kühnes Signa-Prime-Anteil verrechnet.

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Für Kühne ist das Signa-Desaster nicht der erste Rückschlag in seinem langen Leben als Unternehmer: In den 1970er-Jahren hatte Kühne + Nagel eine Schiffsmaklerfirma gegründet. „Das Geschäft lief erst sehr gut, und dann haben wir begonnen, alte Schiffe zu kaufen. Wegen der Ölkrise fielen aber die Raten in den Keller – das war eine Katastrophe“, erinnerte er sich einmal im Gespräch mit dem Abendblatt. „Teilweise konnten wir die Schiffe nur noch zum Schrottwert verkaufen. Das Problem war, dass diese Schiffe fremdfinanziert waren und Kühne + Nagel bürgte. Mir blieben fünf Monate Zeit, Anteile zu verkaufen. Die Lonrho-Gruppe übernahm dann 50 Prozent der Kühne-und-Nagel-Anteile.“ Später gelang es ihm, die Anteile zurückzuerwerben.

Klaus-Michael Kühne verliert ungern – und holt sich sein Geld zurück.