Hamburg. Der Elbtower ist zum Symbol einer Selbstüberschätzung geworden. Und doch muss die Stadt alles daransetzen, dass er vollendet wird.
Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis Aufstieg und Fall des österreichischen Immobilien-Spekulanten René Benko zum Plot eines Spielfilms oder gar einer Netflix-Serie werden. Die Story hat alles, was dem Publikum gefällt: Benkos Aufstieg aus kleinen Verhältnissen, seine raschen Erfolge, die Unterstützung durch Politik und Milliardäre. Sein Lebensstil, der selbst verwöhnten Lebemännern imponiert – mit Privatjet, Luxusyacht und Gästehaus im Oligarchenstil.
Ein Wunderwuzzi mit Spezln, der stolz seine Kontakte zu den Reichen, Schönen und Mächtigen auf seinem Handy herumzeigt – den saudischen „Blutprinzen“ Mohammed bin Salman inklusive. Und millionen-, ja milliardenschwere Erfolgsunternehmer wie Klaus-Michael Kühne, Roland Berger oder Torsten Toeller, die beträchtliche Summen investieren. Alle Zweifel vermochte Benko mit üppigen Dividenden zu zerstreuen. Die wundersame Geldvermehrung funktionierte, bis die Zinsen drehten und sich die Zuwächse auf dem Papier verflüchtigten. Nun wankt das Kartenhaus. Denn die Signa Holding hat am Mittwoch Insolvenzantrag gestellt.
Elbtower: Der Stadt Hamburg droht der GAU am Bau
Hamburg wird ein prominenter Drehort: Denn das größte Kartenhaus steht an den Elbbrücken. Von den 245 Metern, die der Elbtower in den Himmel wachsen soll, sind nur 100 Meter fertig geworden, bis das Bauunternehmen Lupp die Notbremse zog. Inzwischen lichtet sich der Nebel – bei vielen Gläubigern ist Benkos Signa Prime offenbar schon seit Längerem im Zahlungsverzug.
Der Stadt droht der GAU. Denn eine Bauruine an den Elbbrücken wäre nicht nur das in Beton gegossene Symbol für das Scheitern des Wunderkindes Benko, sondern auch für die Ambitionen der Stadt. Ein Wolkenkratzer, der bei 100 Metern endet, erinnerte fatal an den Turmbau zu Babel, das biblische Wahrzeichen für Hybris. Mit dem Scheitern des Elbtowers bekäme die Erfolgsgeschichte der HafenCity nicht ihren krönenden Abschluss, sondern fände ein desaströses Ende.
Der Elbtower ist nicht das einzige Signa-Investment in Hamburg
Schlimmer noch – Benkos Signa hat sich in der Hansestadt an vielen Orten eingekauft wie dem Alsterhaus, der früheren HSH-Nordbank-Zentrale am Gerhart-Hauptmann-Platz, dem Kaufmannshaus, den Flüggerhöfen und der Gänsemarkt-Passage. Für den Abbruch langte das Geld dort noch, nun klafft eine Baulücke im Herzen der Stadt.
Deshalb wird die Politik sich nicht heraushalten können. Ihre Mission lautet Begrenzung eines Schadens, den sie mit der Auswahl der Person Benko beim Elbtower mitverschuldet hat. Natürlich kann es nicht im Sinne des Steuerzahlers sein, schlechtem Geld gutes hinterherzuwerfen. Aber zuschauen ist keine Option, auf Benkos Baustellen muss es weitergehen.
Hamburg ist nun auf zuverlässige Investoren angewiesen
Nun könnte sich rächen, dass einer der potenziellen Investoren vom rot-grünen Senat – mit Ausnahme von Carsten Brosda und Katharina Fegebank – nicht eben freundlich behandelt wurde. Klaus-Michael Kühne mag schwierig sein, noch schwieriger ist, dass Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bislang keinen Draht zu dem Wahlschweizer entwickelt hat und manche im rot-grünen Bündnis nur durch Ruppigkeiten im Umgang auffielen. Im momentanen Wirtschafts- und Zinsumfeld wachsen Investoren nicht an den Bäumen – und besser als Finanzheuschrecken wären Geldgeber, die mit der Stadt verbunden sind und die sich neben ihrer Rendite eben auch um ihren Ruf sorgen.
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Alle Beteiligten stehen unter Druck: Jeder Tag, den die Baustellen in Hamburg weiter stillstehen, steigen die Kosten und sinken die Chancen. Den Elbtower zu retten könnte ein Meisterstück der Politik werden; daran zu scheitern hingegen würde zu einer Tonnenlast. 2025 sind Wahlen.