Hamburg. Der Schweizer Milliardär nennt den Deal der Stadt einen „Affront“ – und rät Hapag-Lloyd, ein eigenes Angebot für die HHLA abzugeben.
Der Schweizer Milliardär und Hapag-Lloyd-Miteigner Klaus-Michael Kühne hat verschnupft auf den überraschenden Zusammenschluss der HHLA mit der Schweizer MSC reagiert: „Diese Lösung ist ein Affront vor allem gegen Hapag-Lloyd als größten Nutzer und damit größten Reederei-Kunden des Hamburger Hafens“, sagte er am Morgen dem Hamburger Abendblatt.
Zugleich sei der Deal halbherzig. „Die unternehmerische Führung der HHLA liegt weiterhin bei der Stadt Hamburg, nach dem Motto ‘Hafenwirtschaft gleich Staatswirtschaft’.“ Die Politik habe sich eingeigelt und möchte die unternehmerische Verantwortung nicht abgeben. „Man kann sie aber als Behörde nicht wirksam wahrnehmen“, so Kühne.
Klaus-Michael Kühne hatte erst vor einigen Tagen im Hamburger Abendblatt eine HHLA-Übernahme durch ihn oder Hapag-Lloyd ins Gespräch gebracht. „Ersten Zugriff auf eine Minderheitsbeteiligung an der HHLA hätte man natürlich einem echten Hamburger Unternehmen wie Hapag-Lloyd einräumen müssen, ebenso sind die Interessen meiner Kühne Holding AG bekannt“, sagte er weiter. Nach Informationen des Abendblatt wurde der Aufsichtsratschef von Hapag-Lloyd erst am Mittwochmorgen informiert.
Kühne erwägt eigenes Übernahmeangebot für die HHLA
Der 86-Jährige will sich nicht mit dem Deal zwischen MSC und HHLA abfinden: „Ich kann Hapag-Lloyd nur dringend raten, selbst und sofort ein Übernahmeangebot für 49,9 Prozent der HHLA-Aktien abzugeben. Wenn Hapag-Lloyd es nicht tun würde, erwägt meine Kühne Holding AG, es kurzfristig zu tun.“ Auf das mögliche Angebot reagierte die Aktie – sie stieg am Vormittag auf bis zu 17,24 Euro – und damit deutlich über den von MSC gebotenen Übernahmepreis, der 16,75 Euro beträgt.
Am Vormittag nahm Kühne umfassender Stellung: „Mich besorgt die Kleinteiligkeit der deutschen Hafenpolitik“, sagte der 86-Jährige, der gerade auf Mallorca weilt. „Die Häfen Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven arbeiten teilweise gegeneinander, die Reedereien spielen die Häfen gegeneinander aus, die Kostenstrukturen sind für die Reedereien nicht attraktiv, die Flächennutzung ist, zumindest im Hamburger Hafen, nicht optimal und die maritimen Defizite Hamburgs sind deutlich erkennbar.“ Damit spielt er auf die 100 Kilometer langer Revierfahrt an und die „nur teilweise gelungenen Elbvertiefung“.
„Privatwirtschaft kann Hafenterminals besser unterhalten“
Der Logistik-Unternehmer wiederholte, die Abgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots zu prüfen. „Wir würden es aber vorziehen, wenn eine Verständigung mit der Stadt Hamburg über eine Privatisierung – sei es in Richtung Kühne Holding, sei es in Richtung Hapag-Lloyd – erfolgen könnte.“ Die Unterhaltung der Hafenterminals und die Durchführung des Hafenumschlags liege bei der Privatwirtschaft in viel besseren Händen.
„Dann können unternehmerische Erfahrung, Kreativität und Dynamik voll ausgespielt werden“, so Kühne weiter. „Wichtig ist, dass eine Interessengemeinschaft zwischen den deutschen Seehäfen Bremen, Hamburg und Wilhelmshaven gebildet wird, was möglicherweise zu einem vollen Zusammenschluss deren Hafenumschlagsbetrieb führen könnte. Auf diese Weise ist eine Optimierung der Zusammenarbeit mit den Reedereien, deren Bindung an die Häfen und eine Effizienzsteigerung in der Schiffsabfertigung möglich.“
Hapag-Lloyd reagiert kühl auf die Offerte aus Italien
Auch Hapag-Lloyd reagierte zurückhaltend auf die Ankündigung zum Einstieg der Reederei MSC bei der HHLA. Hapag-Lloyd nehme die Ankündigung der HHLA zur Abgabe eines freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots durch die MSC-Gruppe zur Kenntnis, sagte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Wir gehen davon aus, dass dies unsere Zusammenarbeit mit der HHLA nicht beeinträchtigen wird.“
MSC ist die größte Containerreederei der Welt, Hapag-Lloyd rangiert auf Platz fünf. Hapag-Lloyd hält 25,1 Prozent am HHLA-Containerterminal Hamburg-Altenwerder, die Stadt wiederum besitzt 13,9 Prozent der Anteile von Hapag-Lloyd
Angebot von Kühne von Anfang September war schroff abgelehnt worden
Das Angebot des Wahlschweizers und Herzenshamburgers zur HHLA-Übernahme vor einigen Tagen war in der Hamburger Politik auf schroffe Ablehnung gestoßen: „Danke für das ‚Angebot‘, Herr Kühne, aber einen Ausverkauf der HHLA wird es nicht geben. Thema durch“, hatte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf verlauten lassen. Kühne hatte zuvor dem Bürgermeister zwei Briefe in der Sache geschrieben.
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Miriam Putz, die wirtschafts- und hafenpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, sagte in der vergangenen Woche, Hamburg sei „kein Selbstbedienungsladen für in der Schweiz ansässige Milliardäre“. Hinter MSC steht die italienische Familie Aponte. Der italienische Gründer Gianluigi Aponte belegt mit einem geschätzten Vermögen von 20,6 Milliarden US-Dollar den 79. Platz auf der Rangliste der reichsten Menschen der Welt.