Hamburg. Schifffahrtsbetrieb hat eine beeindruckende Geschichte – und feiert jetzt mit Gauck & Co. Jubiläum in der nach ihm benannten Konzerthalle.

Hamburg ist eine uralte Hafenstadt, da verwundert es nicht, dass hier seit weit mehr als 100 Jahren zahlreiche namhafte Reedereien ansässig sind. Hapag-Lloyd feierte vor zwei Jahren das 175-jährige Bestehen. Die inzwischen im Maersk-Konzern aufgegangene Reederei Hamburg Süd beging ein Jahr zuvor das 150. Gründungsjahr. Aber kaum ein Schifffahrtsunternehmen ist so alt wie die Reederei F. Laeisz.

Am kommenden Wochenende feiert sie 200-jähriges Bestehen. Bereits am Donnerstag wird eine Ausstellung eröffnet, die bis zum 15. September im Internationalen Maritimen Museum zu sehen sein wird. Am Sonnabend gibt es eine große Jubiläumsfeier mit 1100 geladenen Gästen. Wo könnte sie anders stattfinden als in der Laeiszhalle?

Hamburger Reederei: F. Laeisz wird 200 Jahre alt

Und wenn die Festredner – der ehemalige Bundespräsident, Joachim Gauck, und die Direktorin des Alfred Wegener Instituts für Polar- und Meeresforschung, Antje Boetius, – an die Geschichte des Unternehmens erinnern, werden sie dabei wohl sehr persönliche Erinnerungen transportieren: Gaucks Vater und Boetius‘ Großvater fuhren einst als Offiziere auf Schiffen der Reederei F. Laeisz.

Blankeneser Neujahrsempfang
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wird die Festrede beim Jubiläum halten. © picture alliance/dpa | Christian Charisius

Manche Geschichten ranken sich um das Schifffahrtsunternehmen. Die Namen seiner alten Segelschiffe sind vielen Hamburgern noch heute geläufig. F. Laeisz war zwar nie die größte Reederei und nie die bedeutendste in der Hansestadt. Aber sie ist Teil deutsch-deutscher Geschichte und begründete die moderne Kreuzfahrtindustrie mit.

Reederei F. Laeisz: Schnelle Segelschiffe begründeten ihren Ruhm

Dabei fing alles ganz harmlos an. Am 24. März 1824 gründete Ferdinand Laeisz die Firma, die anfangs mit der Seefahrt nichts zu tun hatte. Er übernahm das Geschäft seiner Eltern, einen Laden zum „kleinen Handel mit holländischen Waaren“. Die Kolonialwaren interessierten ihn allerdings weniger. Ferdinand Laeisz verlegte sich auf die Herstellung von Zylinderhüten, die sich damals in der feineren Gesellschaft vortrefflich verkaufen ließen. Für den Export seiner Hüte ließ er 1839 auf einer Lübecker Werft ein kleines Schiff bauen. Es war der Einstieg ins Reedereigeschäft.

Groß machten er und die folgenden Generationen das Unternehmen aber mit etwas anderem: Salpeter-Importen aus Chile. Salpeter war im 19. Jahrhundert ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Dünger und Schießpulver. Die Flotte von schnellen Viermastern, den „Flying-P-Linern“, fuhr große Gewinne ein und begründete den Ruhm der Reederei.

Hamburger Reederei: Ein Pudel ist das Wappentier von F. Laeisz

„Padua“, „Priwall“, „Pamir“, „Peking“ – so wie bei den damaligen Großseglern beginnen die Namen vieler heutiger Schiffe der Reederei immer noch mit dem Buchstaben „P“. Weshalb? Weil eines der ersten eigenen Schiffe mit einem „P“ anfing. Es hieß „Pudel“. Es war auch der Spitzname, den die Schwiegertochter des Gründers trug. Sie hatte besonders krause Haare.

Reederei Laeisz
Das Segelschiff „Peking“ läuft Richtung Hamburg. Die Viermast-Stahlbark gehörte zu den berühmten Flying-P-Linern der Reederei F. Laeisz. Seit 2020 liegt sie als Museumsschiff in ihrem Heimathafen. © Martha-Theresa Borst | Martha-Theresa Borst

Noch heute thront eine Pudelskulptur auf dem imposanten Mittelgiebel des 1897/98 am Nikolaifleet errichteten Kontorhauses Laeiszhof, dem Firmensitz der Reederei. Sophie (Pudel) Laeisz war es auch, die mit ihrem Mann Carl Heinrich den Anstoß zum Bau der Laeiszhalle gab.

Die Reeder-Familie stiftete der Stadt ein Konzerthaus

Im Testament bestimmten sie nämlich 1,2 Millionen Mark aus dem Firmenvermögen zur Erbauung einer „würdigen Stätte für die Ausübung und den Genuss edler und ernster Musik“ zu verwenden. Nach dem Tod ihres Mannes stockte Sophie Laeisz die Summe sogar auf zwei Millionen Mark auf. 

Verfolgt man die 200 Jahre Firmengeschichte, so ist diese mit drei Hamburger Namen eng verbunden: Neben der Familie Laeisz, die das Unternehmen gründete und aufbaute, sind das die Familien Ganssauge und Schües.

Die Laeiszhalle geht auf eine Stiftung der Reederei zurück.
Die Laeiszhalle geht auf eine Stiftung der Reederei zurück. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services | Andreas Laible

Paul Ganssauge war 1901 zum Prokuristen ernannt worden und wurde 1923 als Partner aufgenommen. Gemeinsam mit seinem Sohn Willi Ganssauge steuerte er das Unternehmen durch seine wohl schwierigste Periode: der Transformation vom Segler über das Dampf- zum Motorschiff und den jeweiligen Neubeginn nach zwei Weltkriegen.

Hamburger Reederei: Autofrachter, Gastanker, Forschungsschiffe

1961 trat dann Nikolaus W. Schües in das Unternehmen ein. Er hatte eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann in London, Dublin und New York durchlaufen. 1973 machten ihn die Familien Laeisz und Ganssauge mit einem zehnprozentigen Anteil zum Partner. In der Schifffahrtskrise 1982 übertrugen sie ihm das operative Geschäft. 2004 verkauften sie endgültig ihre Firmenanteile und Schües sowie sein Sohn Nikolaus H. Schües übernahmen die Reederei.

Reederei Laeisz
Eines der wichtigen Standbeine von F. Laeisz heute: ein Autofrachter. Am Bug prangt das Wappen der Reederei. © Martha-Theresa Borst | Martha-Theresa Borst

Sie richteten die Flotte auf Autofrachter und Gastanker aus. Beides waren gute Entscheidungen. „Im Moment sind Autotransporte gefragt wie nie“, sagt Schües, der Jüngere, im Gespräch mit dem Abendblatt. Gleiches gilt für die Spezialisierung auf Ammoniaktransporte. „Sie sind eng mit unserem Unternehmen verbunden und ein Zurück in die Zukunft.“

F. Laeisz: Schifffahrt im Dienste der Energiewende

Mit dem Transport des Nitrats Salpeter habe die Geschichte im 19. Jahrhundert begonnen. Mit dem Handel des Nitrats Ammoniak als künstlich hergestelltes Düngemittel sei sie im 20. Jahrhundert fortgesetzt worden. Im 21. Jahrhundert sei Ammoniak nun als Energieträger gefragt. „Wir haben sieben Schiffe für den Transport. Mit einem Marktanteil von zehn bis 15 Prozent gehören wir derzeit zu den größten Ammoniak-Transporteuren über See.“

Seinen größten Coup landete Nikolaus W. Schües aber mit der Übernahme der Flotte der DDR nach der Wende. Zusammen mit einem Freund, dem Hamburger Unternehmer und Tourismus-Entwickler Horst Rahe, meldete er bei der Treuhand Interesse an dem Kombinat Deutsche Seereederei (DSR) an.

Nach der Vereinigung übernahm F. Laeisz staatseigene DDR-Reederei

„Die Übernahme der DSR erschien anfangs als eine sehr günstige Gelegenheit, verbunden allerdings mit der Gefahr sich zu übernehmen“, erinnert sich der Sohn. „Irgendwann hieß es: Das ist knapp gerechnet, aber sinnvoll. Dennoch wollten mein Vater und Horst Rahe das Projekt eigentlich absagen. Und das eröffneten sie mir bei einem Mittagessen. Ich war damals 26 und redete auf die beiden so lange ein, bis sie sich dann doch dafür entschieden haben.“

Vor allem die noch zu DDR-Zeiten gebauten Containerschiffe stehen bis heute im Dienst von F. Laeisz. Neben Frachtschiffen betrieb die DSR aber auch Kreuzfahrtschiffe für DDR-Urlauber. Zur Fortsetzung dieses Geschäftszweigs gaben Schües und Rahe 1994 den Bau eines neuen Typ Kreuzfahrtschiff in Anlehnung an Ferienclubs in Auftrag. Es war die „Aida“, die spätere „Aidacara“.

Kreuzfahrten: Wurzeln der „Aida“-Flotte liegen in Hamburg

„Die Erfindung eines Club-Schiffs ist eine tolle Erfolgsgeschichte“, sagt Schües heute. Wie die „Arkona“ sollte der Name mit einem A beginnen und mit einem A enden. „Erst war ‚Arena‘ im Gespräch. Aber das war den Marketingfachleuten zu hart“, erinnert er sich. „Also hat sich meine Mutter mit einem Namensbuch vor den Kamin gesetzt und ist es durchgegangen. Bei ,Aida‘ blieb sie hängen. Alle waren sofort begeistert. Und so hat sich der Name bis heute durchgesetzt.“

Kreuzfahrtschiff AIDAcara ein Kreuzfahrtschiff der italienischen Reederei Costa Crociere in Kiel ank
Die „Aidacara“ in Kiel, ein Kreuzfahrtschiff der italienischen Reederei Costa Crociere in Kiel ankommend. © imago/penofoto | IMAGO stock

Die Reederei gab den schwierigen Geschäftszweig Kreuzfahrten nach einigen Jahren allerdings wieder auf. Nicht vornehmlich aus finanziellen Gründen, sondern aus Interesse an der Forschung zum Klimawandel und wegen des Renommees betreibt F. Laeisz zudem eine Flotte von Forschungsschiffen. Die „Polarstern“ ist das wohl bekannteste.

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Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) geht auf den von F. Laeisz 1861 ins Leben gerufenen Hamburgischen Rettungsverein zurück, die Gründung der Hamburger Wasserstoffgesellschaft auf Schües senior. Sein Sohn setzt sich als Präsident der weltgrößten Schifffahrtsorganisation Baltic International Maritime Council (BIMCO) für eine Senkung der Treibhausgasemissionen in der Schifffahrt ein.