Hamburg. Anhörung in der Bürgerschaft zeigt, wie umstritten das Thema weiterhin ist. Gibt es noch Probleme mit der EU-Kommission?

Der Einstieg der Schweizer Reederei MSC beim Hamburger Hafenkonzern HHLA bleibt umstritten. Bei einer Expertenanhörung in der Bürgerschaft am Mittwoch prallten erneut die Meinungen von Gegnern und Befürwortern aufeinander. Mehrere Stunden lang setzten sich die geladenen Experten mit der Sinnhaftigkeit der Transaktion auseinander.

Stärkt der Einstieg von MSC die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens? Das war eine der Kernfragen. SPD-Hafenexperte Joachim Seeler, der zu einem der schärfsten Kritiker des Senats in dieser Frage geworden ist, sagt Nein. „Sie machen die weltgrößte Reederei zum alleinigen Partner des zentralen Hamburger Hafenunternehmens. Sie stärken damit nicht den Wettbewerb. Sie machen das Gegenteil“, rief er seinen Parteifreunden zu.

Hafen Hamburg: Einige Experten skeptisch über MSC-Einstieg bei HHLA

Tim Power, Direktor des maritimen Forschungs- und Beratungsunternehmens Drewry in London, sah das völlig anders: „Es geht doch nicht um den Wettbewerb in Hamburg, sondern die wahren Wettbewerber sind Rotterdam und Antwerpen, gegen die Hamburg bestehen muss.“

Der ehemalige Wirtschaftsstaatsrat und Ex-Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, Gunther Bonz, verwies auf die Marktmacht im Hinterland, die MSC bei einem Zusammenschlusss mit Metrans, dem Güterzugunternehmen der HHLA, gewinnen würde. „Dadurch könnten schon andere Wettbewerber verdrängt werden.“

Könnte EU den HHLA-Deal noch stoppen?

Und Bonz sieht noch eine andere Gefahr: Dass MSC seine Marktmacht nutzen könnte, um die Preise für die Hinterlandtransporte der Seegüter aus dem Hamburger Hafen diktieren zu können. Würden die Preise weiter steigen, könnte Reeder Ladung aus Hamburg in andere Häfen verlagern, befürchtet Bonz.

Diskussionen gab es auch darüber, ob der MSC-Deal mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar se. Die anerkannte, auf Europarecht spezialisierte Rechtsanwältin Dörte Fouquet geht davon aus, dass der Deal seitens des Senats mit der EU abgestimmt ist. Rechtsprofessor Christoph Kumpan von der Bucerius Law School hält das Geschäft für mit dem EU-Recht konform. Beide wollten aber nicht ausschließen, dass der Deal selbst nach einer Entscheidung durch die Bürgerschaft noch einmal durch die EU begutachtet werden könnte.

Ex-Hafenpräsident sieht Deal kritisch

Bonz hatte in seiner Stellungnahme den Stein ins Rollen gebracht und behauptet: Vorgaben der EU-Kommission zufolge hätte ein Bieterverfahren für den Verkauf von städtischen Gesellschaftsanteilen stattfinden müssen.

Wie berichtet ist es dazu aber nicht gekommen. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD), die die Expertenanhörung aufmerksam verfolgten und sich Notizen machten, hatten im September 2023 nach monatelangen Geheimverhandlungen eine Vereinbarung mit MSC öffentlich unterzeichnet, wonach die Schweizer bis zu 49,9 Prozent am Hafenkonzern HHLA erwerben sollen. Die Stadt will mit 50,1 Prozent die Mehrheit behalten.

DGB-Chefin im Norden nennt Argumente der Beschäftigten

Obgleich von der SPD als Expertin in die Runde berufen, die den MSC-Deal schnell unter Dach und Fach bringen möchte, gab die DGB-Vorsitzende des Bezirks Nord, Laura Pooth, die Meinungen wieder, die aus Sicht der Arbeitnehmervertreter gegen den Einstieg von MSC sprechen.

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Als Experte der Handelskammer war der Leiter des Amtes für Hafen und Verkehr, Kai Gerullis, geladen. Er wollte den Deal nicht im Einzelnen bewerten, sondern sprach eher allgemein von der Krise des Hamburger Hafens, zu deren Bewältigung die Politik zwingend Partner aus der Wirtschaft benötige.