Hamburg. Angespannte wirtschaftliche Lage führt zu massiven Mengenrückgängen. Auch Wettbewerber verlieren. Ausblick für 2024 bleibt schwach.

Glücklich wirkte der Vorstand der Marketingorganisation des Hamburger Hafens, Axel Mattern, nicht, als er am Dienstagmorgen per Video zur Verkündung der Umschlagzahlen des Hamburger Hafens schritt. Ernst betete er die Zahlen herunter. Fragen beantwortete er nur knapp oder wich ihnen aus. Dauerten die Presseveranstaltungen der Hafen Hamburg Marketing in der Vergangenheit eineinhalb Stunden und länger, ist nun nach nicht einmal 20 Minuten alles vorbei.

Aber was will ein Marketingvorstand groß verkünden, wenn es kaum Positives zu berichten gibt? Krieg, eine schleppende Wirtschaft und das verhaltene Konsumklima haben den Hamburger Hafen im vergangenen Jahr stark belastet. Das wurde bei Matterns Vortrag schnell deutlich. Der Seegüterumschlag sank um 4,7 Prozent unter den Stand von 2022 und lag am Ende bei 114,3 Millionen Tonnen (Vorjahr: 119,9 Millionen Tonnen).

Containerumschlag im Hamburger Hafen fällt unter Stand von 2010

Der Containerumschlag lag nach zwölf Monaten bei 7,7 Millionen Standardcontainern (TEU). Gegenüber dem Vorjahr sei dies ein Rückgang von 6,9 Prozent, teilte Hafen Hamburg Marketing am Dienstagmorgen mit.

Axel Mattern, Vorstand von Hafen Hamburg Marketing, spricht lieber positiv über den Hamburger Hafen. Doch nun musste er schlechte Zahlen verkünden.
Axel Mattern, Vorstand von Hafen Hamburg Marketing, spricht lieber positiv über den Hamburger Hafen. Doch nun musste er schlechte Zahlen verkünden. © picture alliance / Christian Charisius/dpa | Christian Charisius

Tatsächlich ist der Containerverkehr damit auf einen Tiefstand gerutscht, den der Hamburger Hafen seit mehr als zehn Jahren nicht mehr verzeichnete. 2010 wurden 7,9 Millionen TEU umgeschlagen. Tröstlich: Auch die Wettbewerbshäfen haben Rückgänge zu verkraften: So sank der Containerumschlag in Rotterdam um sieben Prozent, in Antwerpen gar um 7,2 Prozent. Die Umschlagzahlen für die bremischen Häfen liegen noch nicht vor.

Stückgut-Umschlag geht um 16,9 Prozent zurück

Hamburg habe seinen Marktanteil unter den europäischen Häfen halten können, teilte die Marketingorganisation des Hafens mit. „Wir liegen mit der Entwicklung unserer Umschlagzahlen auf einem Niveau mit dem nordeuropäischen Wettbewerbsumfeld und können uns im Vergleich mit anderen Häfen gut behaupten. Der Rückgang ist in erster Linie der schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Situation geschuldet, mit der sich alle Marktteilnehmer konfrontiert sehen“, sagte Mattern.

Nicht nur der Containerumschlag hat 2023 gelitten, wie bei Betrachtung der einzelnen Ladungsarten deutlich wird: So ging die Menge konventionellen Stückguts aufgrund eines geringeren Stahlbedarfs um 16,9 Prozent auf 1,2 Millionen Tonnen zurück. Der Umschlag vom sogenannten Greifergut sank um 6,2 Prozent auf 19 Millionen Tonnen.

CDU-Fraktionschef greift Hafenpolitik von Hamburg und dem Bund an

Gründe hierfür sind zum einen eine geringere Verstromung von Kohle, zum anderen eine Revision in einem über den Hamburger Hafen angebundenen Stahlwerk. Der Umschlag von Flüssigladung konnte hingegen um 6,6 Prozent auf 10,6 Millionen Tonnen gesteigert werden. Das Massengutaufkommen war mit 36,2 Millionen Tonnen gegenüber 2022 stabil.

Der Import von Kohle am Hansaport im Hamburger Hafen ist 2023 deutlich zurückgegangen.
Der Import von Kohle am Hansaport im Hamburger Hafen ist 2023 deutlich zurückgegangen. © IMAGO/Joerg Boethling | IMAGO stock

Die Opposition nutzte die Schwäche des Hafens zur Kritik an der Senatspolitik. Dabei nahmen sowohl CDU als auch Linksfraktion erneut den geplanten Teilverkauf der HHLA an die Reederei MSC aufs Korn. Viele Probleme lägen in der gegenwärtigen Hafenpolitik des rot-grünen Senats und des Bundes, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering. „Beide schaffen es seit Jahren nicht, die notwendigen Entscheidungen zu treffen und vor allem für bessere Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Der Ausbau der notwendigen Infrastruktur wie A26-Ost, Köhlbrandquerung, die Sanierung der Kaimauern sowie die Westerweiterung im Waltershofer Hafen kommen gar nicht oder nur schleppend voran.“

Linke: „Der Hamburger Hafen hat ein strukturelles Problem“

Ob der vom rot-grünen Senat geplante Einstieg von MSC bei der HHLA zu einer Trendumkehr führen werde, bleibe mehr als zweifelhaft, sagte Thering, denn es sei anzunehmen, dass die Verluste durch abwandernde Reedereien die von MSC in Aussicht gestellten geringen Ladungszuwächse übertreffen würden.

Die große Verheißung, dass mit der Elbvertiefung die Probleme des Hafens gelöst würden, habe sich als falsch herausgestellt, ergänzte der hafenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Norbert Hackbusch. „Die schwachen Zahlen zeigen: Der Hamburger Hafen hat ein strukturelles Problem. Dieses lässt sich auch nicht durch eine unglückliche Heirat mit einer Reederei lösen“, ergänzte Hackbusch mit Blick auf den geplanten MSC-Deal.

Schiffsmakler sehen alarmierenden Rückgang

Die FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen zielte in ihrer Kritik eher auf die Infrastruktur ab: „Wichtige Kennzahlen im Hafen wie der Containerumschlag zeigen weiter nach unten. Es ist somit nicht nachvollziehbar, dass sich Rot-Grün in der Hafenpolitik weiter ausruht. Entscheidende Infrastrukturmaßnahmen wie Elbvertiefung und A26-Ost dürfen nicht durch Zank zwischen den Koalitionspartnern infrage gestellt werden.“

Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Dirk Nockemann, fordert:Die Hafenpolitik muss endlich zur Chefsache werden. Der Bürgermeister wäre gut beraten, den maroden Hafen mit einer klaren Strategie langfristig auf Vordermann zu bringen! Aber leider behindert ein hafenpolitisch unwilliger Koalitionspartner ein stimmiges, innovatives Gesamtkonzept.“

Das Containerschiff „Berlin Express“ der Reederei Hapag-Lloyd im Hamburger Hafen. Großschiffe der Megamax-Klasse kommen immer häufiger nach Hamburg. Aber die Ladungsmengen nehmen ab.
Das Containerschiff „Berlin Express“ der Reederei Hapag-Lloyd im Hamburger Hafen. Großschiffe der Megamax-Klasse kommen immer häufiger nach Hamburg. Aber die Ladungsmengen nehmen ab. © Funke Foto Services | Thorsten Ahlf

Der Verband Hamburger und Bremer Schiffsmakler bezeichnete insbesondere den Einbruch bei den Transshipment-Verkehren, also der Ladung, die auf kleineren Schiffen weiterverteilt wird, als „alarmierend.“ Natürlich spiele dabei der Wegfall des russischen Marktes wegen des Embargos eine Rolle, aber die Abwanderung halte an, sagte Verbandsgeschäftsführer Alexander Geisler. „Hierfür sind neben der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung auch die besseren operativen Rahmenbedingungen an anderen Standorten und eine höhere Produktivität an den Terminals ausschlaggebend. Hier muss der Hamburger Hafen dringend aufholen.“ Die Voreiterrolle beim Ausbau von Landstromanlagen sei zwar bemerkenswert, aber Landstromanschlüsse brächten keinen Umschlag.

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Kommt vorn an den Kaikanten weniger an, geht der Weitertransport ins Hinterland zurück. Auch das macht sich in den Hafenzahlen bemerkbar, die der Geschäftsführer der Hamburg Port Authority, Friedrich Stuhrmann, vorstellte. Immerhin einen Positivrekord konnte er vermelden: Im Hamburger Hafen wurden erstmals an einem Tag 236 Güterzüge abgefertigt. „Das spricht für die Leistungsfähigkeit des Hafens“, sagte er.

Auch die Aussichten für 2024 sind eher mau

Doch schon der Gesamtausblick für dieses Jahr ist wieder mau: „Der Umschlagrückgang hat sich in den ersten zwei Monaten dieses Jahres abgeschwächt. Fürs Gesamtjahr sind wir froh, wenn wir das Niveau halten können“, sagte Mattern. Schwere Zeiten fürs Hafenmarketing.