Hamburg. Die „Hamburger Community“ werde zusammenhalten, um eine Lösung für das Projekt zu finden, glaubt der Chef des Versicherers.

Seit Ende Oktober wird am Elbtower nicht mehr weitergebaut, die Zukunft des ehrgeizigen Projekts ist nach der Insolvenz der österreichischen Signa-Gruppe ungewiss. Doch Ulrich Leitermann, der Vorstandsvorsitzende des Versicherungskonzerns Signal-Iduna mit Sitz in Dortmund und Hamburg, ist überzeugt: „Der Elbtower wird nicht für die nächsten fünf Jahre eine Bauruine bleiben. Was ihn angeht, bin ich ganz entspannt.“

Ulrich Leitermann, der Vorstandsvorsitzende des Versicherungskonzerns Signal-Iduna, zeigt sich entspannt in Sachen Elbtower.
Ulrich Leitermann, der Vorstandsvorsitzende des Versicherungskonzerns Signal-Iduna, zeigt sich entspannt in Sachen Elbtower. © Thorsten Ahlf | Thorsten Ahlf

Angesichts der herausgehobenen Lage des Objekts, das als dritthöchster Wolkenkratzer Deutschlands geplant ist, werde die „Hamburger Community“ zusammenhalten, so, wie sie das im Jahr 2008 getan habe, um die Reederei Hapag-Lloyd vor dem Verkauf ins Ausland zu bewahren. „Muss ich dabei sein? Nein“, fügte Leitermann vor Journalisten in Hamburg an. Es gebe in der Hansestadt genug vermögende Persönlichkeiten und erfahrene Projektentwickler. Außerdem habe der Versicherungskonzern schon genug für den Immobilienstandort Hamburg getan. Derzeit entwickelt das Unternehmen für bis zu 400 Millionen Euro den „Signal-Iduna-Campus“ nahe dem Dammtorbahnhof, in der City Nord wurden ebenfalls Bürohäuser gebaut.

Elbtower: Signal-Iduna-Chef glaubt an die Zukunft des Wolkenkratzers

Signal-Iduna ist mit gut 50 Millionen Euro im Elbtower-Projekt engagiert – und grundbuchrechtlich abgesichert. Insgesamt ist der Versicherer allerdings mit Forderungen von knapp einer Milliarde Euro einer der großen Gläubiger der Signa-Gruppe, zu der auch die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof gehört. Zu 80 Prozent betreffe dieser Betrag durch erstrangige Grundschulden besicherte Immobilienfinanzierungen für das Alsterhaus, das Kaufhaus Oberpollinger in München und einen Kaufhof-Standort in Köln.

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„Dabei kann ich gut schlafen“, sagte Leitermann. Schließlich seien die Grundstückswerte dieser Objekte höher als die vor vielen Jahren vergebenen Darlehen. Der Signal-Iduna-Chef verwahrte sich gegen den Verdacht, man sei bei der Kreditentscheidung womöglich nicht vorsichtig genug gewesen. Es handele sich um „erstklassige Immobilien in erstklassigen Lagen“, so Leitermann. „Was will man finanzieren, wenn nicht solche Objekte?“ Zudem verwalte die Signal-Iduna-Gruppe – einschließlich der Finanztöchter – ein Anlagevermögen von insgesamt knapp 103 Milliarden Euro, allein der Immobilienbesitz belaufe sich auf vier Milliarden Euro.

Praktisch alle nach dem Prinzip „kaufmännischer Vorsicht“ vorzunehmenden Abschreibungen aus dem Signa-Engagement habe man im Jahresabschluss 2023 verarbeitet, erklärte Leitermann. Dabei handele es sich um einen Betrag „im niedrigen zweistelligen Millionenbereich“. Vor dem Hintergrund der aus den Kapitalanlagen allein der Versicherungsgesellschaften (etwa 55 Milliarden Euro) erzielten Erträge in Höhe von 1,6 Milliarden bis 1,7 Milliarden Euro ist das ein vergleichsweise überschaubarer Effekt.

Baumängel in der City Nord verzögern Wegzug vom Dammtor

Schwierigkeiten ganz anderer Art hat Signal-Iduna jedoch auch mit einer eigenen Immobilie: Eigentlich sollten weit mehr als 1000 Beschäftigte schon im vorigen Sommer mit ihren Schreibtischen aus den Gebäuden am Dammtor, die noch aus den 1950er- bis 1970er-Jahren stammen, in einen Neubau am Kapstadtring in der City Nord umziehen (das Abendblatt berichtete). Doch daraus ist bis heute nichts geworden, weil es „bautechnische Mängel“ mit den elektrischen Anschlüssen und dem Brandschutz gab. Daher arbeiten noch immer 1460 Personen am Dammtor – in Büros, die längst abgerissen sein sollten, um Platz für den geplanten „Signal-Iduna-Campus“ zu machen. Man hoffe nun, im Sommer 2024 umziehen zu können, hieß es.

Im Versicherungsgeschäft lief es für Signal-Iduna aber gut, wie Leitermann erklärte. Während der Gesamtmarkt nach Branchenangaben im Jahr 2023 um 0,6 Prozent wuchs, konnte die Gruppe die Beitragseinnahmen um 2,8 Prozent steigern. „Damit ist es uns im vierten Jahr in Folge gelungen, Marktanteile hinzuzugewinnen“, so der Vorstandsvorsitzende. Das für 2023 angepeilte Ziel, erstmals mehr als sieben Milliarden Euro Beitragseinnahmen zu verbuchen, wurde allerdings knapp verfehlt. Das soll nun in diesem Jahr klappen.

Wie Leitermann außerdem berichtete, hat man mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, wonach betriebsbedingte Kündigungen aufgrund des Einsatzes Künstlicher Intelligenz (KI) für die nächsten fünf Jahre ausgeschlossen sind. Intern werden KI-Systeme bereits erprobt. Es geht dabei darum, komplexe Kundenanfragen zu Tarifdetails schneller beantworten zu können. Bisher könne es bis zu 15 Minuten dauern, die erforderlichen Angaben aus den Datenbanken herauszusuchen, sagte Leitermann. Die KI schaffe das in Sekundenbruchteilen. „Für uns ist die KI eine Antwort auf den Fachkräftemangel in einem wachsenden Unternehmen“, so der Signal-Iduna-Chef. In Hamburg blieb die Zahl der Beschäftigten im Jahr 2023 bei rund 3500 Personen konstant.