Hamburg. Billighändler im Non-Food-Bereich sind auf Expansionskurs und setzen Anbieter wie Lidl und Aldi unter Druck. Was dahintersteckt.
Dass Einzelhändler aufgeben und Geschäfte schließen, kommt auch in Hamburg zur Zeit immer häufiger vor. Die Branche ist im Umbruch. Ausnahme ist ein Bereich, der bislang meist unter dem Radar blieb: Discounter, die nicht vor allem Lebensmittel verkaufen, sondern Dinge des täglichen Bedarfs der Bratpfanne bis zur Luftmatratze und vor allem auch Kleidung zu sehr günstigen Preisen anbieten.
Bekannte Filialisten wie Woolworth, Tedi, EuroShop und Ernsting‘s Family, aber auch neue Anbieter wie Action aus den Niederlanden oder Pepco aus Polen sind auf Expansionskurs in Deutschland – und setzen nicht nur den etablierten Fachhandel, sondern auch große Discount-Unternehmen wie Aldi und Lidl mit ihren Non-Food-Sparten unter Druck. Im Discountland Deutschland übernehmen sie inzwischen vielerorts die Rolle des Nahversorgers.
Woolworth: Discounterkette eröffnet neue Filialen in Hamburg
Beispiel Woolworth: Das Unternehmen eröffnet immer mehr Läden. In Hamburg sind es aktuell 13 Standorte. Die nächsten Eröffnungen stehen bereits fest. „Ende März kommt eine Filiale im Nedderfeld-Center in Lokstedt dazu, Ende April eine weitere im Wandsbek“, sagte ein Firmensprecher auf Abendblatt-Anfrage. Damit hat der Filialist, der sich selbst als „Kleinkaufhaus im Discountbereich“ bezeichnet, binnen eines Jahres fünf neue Läden in der Hansestadt eröffnet. Bis 2026 sollen ein weiteres Dutzend dazukommen.
Deutschlandweit hat Woolworth die Marke von 650 Märkten geknackt und beschäftigt mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Für 2024 sind mindestens 100 weitere Neueröffnungen im Land geplant“, heißt es aus der Firmenzentrale in Unna. Ziel sind 1500 Geschäfte bundesweit. Im vergangenen Jahr hatte die Handelskette zudem mit ersten Standorten in Polen und Österreich den Sprung ins Ausland gemacht.
Woolworth plant 1500 Geschäfte in Deutschland
Auch dort laufen die Geschäfte für den Günstiganbieter bestens, der aus dem insolventen US-Traditionsunternehmen Woolworth hervorgegangenen ist und zur Firmengruppe von Tedi-Inhaber Stefan Heinig gehört. In Zeiten von Inflation und Preissteigerungen garantiert der Discounthändler ein Angebot von 6000 Artikeln unter 3 Euro. Textilien, Haushaltsartikel, Deko-Produkte, Spielzeug, Kleinelektronik und was man sonst noch zum Leben brauchen kann – über das Jahr sind 18.000 Artikel in einer Mischung aus Basissortiment und wechselnden Produkten in den Läden. Für das Geschäftsjahr 2022/23 erwartet Woolworth einen Umsatz von etwa 900 Millionen Euro.
Non-Food-Discounter machen Aldi und Lidl Druck
Auch wenn die Erlöse deutlich unter dem liegen, was zum Beispiel Lidl im Non-Food-Bereich erwirtschaftet. Mit der wachsenden Konkurrenz in dem Segment steigt auch der Druck bei den Branchengrößen und lässt die Alarmglocken schrillen. Denn: Das Geschäftsfeld gilt mit hohen Spannen als besonders profitabel.
Dabei steht besonders der niederländische Discounter Action im Fokus. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr den Nettoumsatz um knapp 30 Prozent auf 11,3 Milliarden Euro erhöht. Lidl kommt nach Angaben des Branchenblatts „Lebensmittelzeitung“ auf Non-Food-Erlöse von etwa zehn Milliarden Euro. Und das, obwohl Action aktuell in elf Ländern vertreten ist. Lidl hat dagegen Märkte in 31 Ländern.
Discounter Action will weiter wachsen
Action eröffnet seit einigen Jahren auch in Deutschland laufend neue Filialen. In Hamburg ist der Billighändler aktuell mit fünf Standorten vertreten. Im unmittelbaren Umland gibt es noch mal so viele, etwa in Schwarzenbek, Norderstedt oder Henstedt-Ulzburg. Insgesamt betreibt Action nach eigenen Angaben europaweit 2579 Märkte. Hierzulande sind es inzwischen 527, mit 12.800 Beschäftigten. Das Unternehmen rühmt sich damit, dass mindestens 1500 Produkte unter 1 Euro kosten.
„Auch 2024 wollen wir das aktuelle Entwicklungstempo beibehalten, um der wachsenden Kundennachfrage gerecht zu werden, indem wir weitere neue Märkte an attraktiven Standorten eröffnen“, heißt es aus der Deutschlandzentrale in Düsseldorf. Angaben zu Plänen für Hamburg werden nicht gemacht. Nur so viel: „In allen Ländern hat sich Action in jeder Art von Einzelhandelsumgebung bewährt, sei es in Einkaufszentren, Einzelhandelspassagen, einem Einzelhandelspark oder an eigenständigen Standorten. Dies macht uns flexibel.“
Kampf um Marktanteile: Newcomer Pepco, Platzhirsch Tedi
Auch andere Non-Food-Discounter sind weiter auf Wachstumskurs und treffen mit ihren Konzepten und niedrigen Preisen den Nerv der Verbraucher. Pepco mit Wurzeln in Polen und Unternehmenssitz in London hatte im vergangenen Jahr Hamburg-Premiere und betreibt aktuell zwei Filialen in der Hansestadt (Billstedt Center, Phoenix-Center) sowie eine in Norderstedt (HeroldCenter). Dahinter steckt ein Deal mit der ECE-Gruppe, die bundesweit 17 langfristige Mietverträge mit Pepco in ihren Shoppingcentern unter Dach und Fach gebracht hatte.
„Wir sind sehr zufrieden und freuen uns jeden Tag über mehr Kunden“, hießt es aus der Deutschlandzentrale. Langfristig sieht Pepco Potenzial für 2000 Standorte in Deutschland. In Hamburg sind bis zum Ende des Geschäftsjahrs im September keine neuen Geschäfte geplant. Was danach kommt, ist offen.
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Marktführer unter den Discounterketten in Deutschland ist weiterhin Tedi. Das Unternehmen betreibt mittlerweile mehr als 3000 Filialen in 15 Ländern, mit mehr als 1900 Märkten den weitaus größten Teil davon in Deutschland. In Hamburg sind es aktuell 20 Standorte quer durch die Stadt. Zuletzt waren im Sommer 2022 zwei Tedi-Märkte in Harburg und in Bergedorf eröffnet worden. „Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine weiteren Eröffnungen in Hamburg geplant“, heißt es aus der Zentrale. „Wir sind jedoch immer auf der Suche nach geeigneten Flächen, um unser Filialnetz weiter auszubauen.“
Non-Food-Discounter: Lidl und Aldi suchen neue Strategie
Experten sehen allerdings angesichts des wachsenden Konkurrenzdrucks untereinander und der steigenden Kosten inzwischen einen Scheitelpunkt bei der Expansion der Billigheimer erreicht. So hat Pepco hat in Österreich gerade Insolvenz angemeldet. 73 Filialen mit 680 Mitarbeitern sind landesweit betroffen. Ob das eine Trendwende ist, lässt sich noch nicht absehen. Klar ist aber, dass die großen Platzhirsche in Deutschland, Lidl und Aldi, sich das gute Geschäft mit den Non-Food-Discountprodukten nicht einfach abnehmen lassen wollen und inzwischen an neuen Strategien arbeiten, sich ihren Anteil zurückzuholen.