Hamburg. Hamburger Konzern vermeldet beim Umsatz Höchstwert für 2023. Doch nun könnte das Geschäft komplizierter werden. Der Aktienkurs fällt.

Im modischen Dreiteiler trat Beiersdorf-Chef Vincent Warnery am Donnerstagvormittag vor die Presse. Allerdings begrüßte der Franzose seine Gäste zur Bilanzvorlage nicht – wie noch im vergangenen Jahr – persönlich und direkt vor Ort, sondern ließ sich gemeinsam mit Finanzchefin Astrid Hermann digital aus der Konzernzentrale von Beiersdorf in Hamburg zuschalten. Zudem gab es nicht – wie sonst üblich – eine separate Analystenkonferenz, stattdessen waren die Börsenexperten gleichzeitig mit den Medienvertretern zugeschaltet, sie alle hörten sich die englischen Ausführungen von Warnery und Hermann via Laptop, Smartphone oder über den Computerbildschirm an. Das Unternehmen folge mit diesem neuen Format „dem Trend der Zeit“, sagte ein Beiersdorf-Sprecher auf Abendblatt-Nachfrage.

Warnery sprach zu Beginn seiner Rede von einem „hervorragenden“ Jahr 2023 mit „großen Herausforderungen“ und meinte damit unter anderem die hohen Inflationsraten in Europa und die insgesamt eher zurückhaltende Konsumneigung vieler Verbraucher. Beiersdorf habe dennoch eine starke Performance vorzuweisen und sei der am schnellsten wachsende Beauty-Konzern weltweit gewesen. So vermeldeten die Hamburger für 2023 mit 9,5 Milliarden Euro den höchsten Umsatz ihrer Geschichte – ein Plus von 10,8 Prozent zum Vorjahr.

Nivea-Hersteller Beiersdorf: Nach Rekordumsatz folgt schwächeres Wachstum

Besonders erfolgreich waren dabei wieder einmal die sogenannte Derma-Sparte (Eucerin, Aquaphor) mit einem Wachstum von 24 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro und die Marke Nivea mit einem Umsatzplus von 16,2 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro. Besonders nachgefragt bei den Eucerin-Produkten waren Sonnenschutzmittel, deren Umsatz um 58 Prozent zulegte. Schaut man auf die von Beiersdorf gerne als „Ikone“ bezeichnete Marke Nivea, so sticht vor allem das Wachstum bei den Gesichtscremes mit 18 Prozent hervor. Als „sehr erfolgreich“ habe sich hier die neue Luminous-Serie erwiesen. Mit den Produkten verspricht Beiersdorf eine Reduzierung von Pigmentflecken auf der Haut.

Die sogenannte Healthcare-Sparte (Hansaplast, Elastoplast) legte beim Umsatz um 4,2 Prozent auf 267 Millionen Euro zu. Vor allem Großpflaster zur Wundversorgung nach Operationen waren gefragt. Schwach entwickelte sich weiterhin das Geschäft mit den vor allem in Fernost verkauften Luxus-Hautcremes von La Prairie und Chantecaille, hier gingen die Erlöse um 15,4 Prozent bzw. 18,4 Prozent zurück. Beiersdorf spricht von einem „schwierigen Marktumfeld im Reiseeinzelhandel und auf dem chinesischen Festland“. Der Konzern will aber bereits 2024 mit beiden Marken wieder wachsen. Um dies zu erreichen, sollen unter anderem bestehende Lagerbestände abgebaut werden und Produktinnovationen auf den Markt kommen.

Beiersdorf hat weiterhin Probleme mit Luxuscremes

Die Klebesparte mit der Tochter Tesa steigerte den Umsatz um eher bescheidene 3,2 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Dabei konnte der Industriebereich – vor allem mit Produkten für Autohersteller – stärker wachsen als der Konsumentenbereich mit den klassischen Tesafilm-Produkten. Für dieses Segment spricht Beiersdorf selbst von einem „herausfordernden Marktumfeld in Europa und Lateinamerika“.

Wachstum ist das eine, doch Aktionäre und Analysten schauen vor allem auf den Gewinn, also das Geld, das am Ende eines Jahres übrig bleibt. Hier konnte Beiersdorf das Vorsteuerergebnis Ebit (ohne Sondereffekte) um immerhin knapp 9,5 Prozent auf rund 1,27 Milliarden Euro steigern. Dabei trug die Consumer-Sparte mit den Hautpflegeprodukten rund eine Milliarde Euro zum Ergebnis bei (plus 13,9 Prozent) bei. Dagegen reduzierte sich der Tesa-Gewinn um 4,3 Prozent auf 266 Millionen Euro. Laut Unternehmen ist dies vor allem auf Investitionen in nachhaltige und innovative Produkte zurückzuführen.

Aktionäre dürfen sich über eine deutlich höhere Dividende freuen

Die Aktionäre werden für 2023 großzügiger am Gewinn beteiligt. Bereits Anfang Februar hatten Vorstand und Aufsichtsrat wegen der positiven Geschäftsentwicklung in den vergangenen Jahren eine Erhöhung der Dividende vorgeschlagen. Ein Novum: Denn seit vielen Jahren galten 70 Cent als fest zementierte Ausschüttungshöhe. Eine Tatsache, die von vielen Aktionären kritisiert worden war. Nun soll es für 2023 pro Aktie einen Euro geben – eine Steigerung um knapp 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Warnery sagte dazu: „Die signifikante Erhöhung spiegelt unser Vertrauen in die nachhaltige Ertragskraft des Unternehmens wider.“ Er freue sich, die Aktionäre und Aktionärinnen noch stärker „am profitablen Wachstum von Beiersdorf“ zu beteiligen. Die Zustimmung der Hauptversammlung zu der Dividendenerhöhung soll am 18. April erfolgen. Trotz der deutlich höheren Ausschüttung an die Aktionäre bleibt die Dividendenrendite, also das Verhältnis der Dividende zum Aktienkurs, im internationalen Vergleich niedrig.

Weitere Wirtschaftsthemen

An der Börse kamen Warnerys Ausführungen am Donnerstag zunächst weniger gut an. Der Aktienkurs fiel bis zum Mittag in einem ansonsten positiven Börsenumfeld um knapp 3,5 Prozent auf 133 Euro. Damit war das Beiersdorf-Papier Schlusslicht der 40 Werte im Deutschen Aktienindex (DAX). Dabei kann es sich auch um Gewinnmitnahmen gehandelt haben, denn blickt man auf die Kursentwicklung der vergangenen zwölf Monate, so muss sich der Niveahersteller nicht verstecken. Seit Ende Februar 2023 konnten sich die Aktionäre über ein Kursplus von mehr als 21 Prozent freuen, hier befindet sich Beiersdorf unter den Top Ten im DAX.

Es kann aber auch durchaus sein, dass sich Aktionäre am Donnerstag von dem Papier trennten, weil ihnen die Geschäftsprognose für 2024 nicht euphorisch genug ist. Denn für das laufende Jahr erwartet Beiersdorf lediglich ein Umsatzplus im mittleren einstelligen Prozentbereich, das wäre weniger als 2023. Und bei der Gewinnmarge heißt es, sie solle nur „leicht“ zulegen. Die Analysten geben nach der Bilanzvorlage derweil unterschiedliche Prognosen für die Beiersdorf-Aktie ab. Die US-Bank JPMorgan rät zum „Übergewichten“ und hält ein Kursziel von 145 Euro für realistisch. Dagegen schreibt Bernstein-Analyst Bruno Monteyne am Donnerstag, die Zahlen für 2023 seien schwächer als erwartet ausgefallen und nennt als Kursziel 130 Euro. Analystin Emma Letheren von der kanadischen Bank RBC sieht sogar nur ein Kursziel von 113 Euro.