Hamburg. Festgeld, Einzelaktien, ETFs? Die Auswahl interessanter Anlageprodukte ist wieder größer geworden. Was man unbedingt beachten sollte.
Die Auswahl renditestarker Geldanlagen ist größer geworden. Der Grund: Auch Sparprodukte werfen wieder höhere Zinsen ab. In den vergangenen Jahren waren Aktienalternativen wegen der niedrigen Verzinsung keine empfehlenswerte Wahl. Jetzt sind die Möglichkeiten mit Tagesgeld, Festgeld und festverzinslichen Wertpapieren, die Zinsen zwischen drei und gut vier Prozent versprechen, deutlich größer. Wie lassen sich aktuell 50.000 Euro optimal anlegen? Hamburger Experten geben Tipps.
Der Spareifer der Deutschen ist ungebrochen. „Das betrifft die Sparquote, die mit rund zehn Prozent angesichts der Unsicherheiten durch Energiewende, Inflation und militärische Konflikte immer noch überdurchschnittlich hoch ausfällt“, sagt Sören Hettler von der DZ Bank, dem Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken.
Finanzen: So legen Sie 50.000 Euro richtig an
Er rechnet damit, dass das private Geldvermögen in Deutschland bis Ende des Jahres mit mehr als sechs Prozent auf 7,9 Billionen Euro wachsen wird. Allein auf den Konten liegen rund 3,2 Billionen Euro.
Viele Hamburger hatten ihr Geld bisher auf dem Girokontodeponiert, weil es keine Zinsen auf Sparprodukte gab. Das hat sich nun geändert. Schon eine ein- oder zweijährige Anlage bringt jetzt rund vier Prozent Zinsen. 53 Prozent der Hamburger planen, ihr Sparverhalten aktuell zu verändern, wie eine repräsentative Befragung der Hamburger Sparkasse (Haspa) ergab. Aber wie sollte man dabei vorgehen?
Geldanlage: Zuerst Zeithorizont und Risikobereitschaft bestimmen
„Zunächst sollte man sich überlegen, wie lange man das Geld entbehren kann“, sagt Sandra Klug, Anlageexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Denn auch eine Festzinsanlage bindet das Kapital über Jahre. „Wenn man das Geld jederzeit einsetzen möchte, bleibt nur ein Tagesgeldkonto“, so die Verbraucherschützerin. Für solche Anlagen bieten Geldinstitute in der Spitze bereits hohe Zinsen, etwa die J & T Direktbank (3,70 Prozent) oder die DKB (3,50 Prozent).
„Wer in Aktien investieren möchte, muss einen langen Anlagehorizont haben“, sagt Klug. Sieben bis zehn Jahre sollten es mindestens sein. „Und dann muss man sich auch noch mit seiner eigenen Risikobereitschaft beschäftigen“, sagt die Verbraucherschützerin. Denn wer in Aktien investiert, muss Kursschwankungen aushalten können.
Geldanlage: Sparzinsen schlagen bereits die Inflation
Dabei geht es nicht nur um das kleine Auf und Ab von wenigen Prozentpunkten an der Börse in normalen Zeiten. Der Anleger muss auch aushalten können, dass ein Aktienindex womöglich an nur einem Tag knapp zehn Prozent an Wert verliert; zum Beispiel als der Deutsche Aktienindex (DAX) am 19. August 1991 nach dem Sturz des sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow 9,4 Prozent einbüßte.
Also sollte man nur sichere Anlagen wählen? Das ist zumindest wieder möglich, ohne dass man durch die Inflation Geld verliert. Die Inflationsrate in Deutschland liegt bei 3,8 Prozent, Tendenz weiter sinkend. Mit Festzinsanlagen sind bereits mehr als vier Prozent Zinsen möglich. „Sparerinnen und Sparer können der Inflation jetzt nicht mehr nur entgegenwirken, sondern sie sogar schlagen“, sagt Katharina Lüth, Finanzexpertin der Spar- und Anlageplattform Weltsparen. Der Zeitpunkt für eine mehrjährige Festgeldanlage ist günstig. „Die Top-Zinsen für langfristige Festgelder bewegen sich kaum noch. Ob und um wie viele Prozentpunkte sie noch steigen, ist fraglich“, sagt Lüth.
Mehr Flexibilität: 50.000 Euro in verschieden lange Anlagezeiträume aufteilen
Wie kann man also 50.000 Euro anlegen? Wer dafür nur Festgelder nutzen möchte, sollte dennoch mit Blick auf die Laufzeit nicht alles auf eine Karte setzen. „Es kann immer Situationen geben, in denen man zumindest Teile des Geldes überraschend benötigt“, sagt Verbraucherschützerin Klug. Man sollte das Geld also mit unterschiedlich langen Bindungen anlegen.
So könnten 20.000 Euro fünf Jahre und jeweils 10.000 Euro vier, drei und zwei Jahre lang gebunden werden. Nach zwei Jahren wären dann 10.000 Euro für eine erneute Anlage verfügbar oder für eine dann anstehende Anschaffung. Allerdings kann es sein, dass die Zinsen bis dahin wieder gesunken sind.
Geldanlage von 50.000 Euro: Zinseinnahmen von 10.500 Euro über fünf Jahre
Wer es bequem haben möchte, sucht sich eine Bank, die über viele verschiedene Laufzeiten attraktive Zinsen bietet. Ein Beispiel ist die französische Bank Crédit Agricole, die im Anlagezeitraum von einem bis zu sieben Jahren jeweils eine Verzinsung von 4,2 Prozent offeriert. Bei 50.000 Euro und einem Anlagezeitraum von fünf Jahren bekommt man ohne Wiederanlage der frei werdenden Gelder und vor Steuern innerhalb von fünf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 10.500 Euro.
Wer sicher ist, dass er sein Geld vorher nicht benötigt, kann die 50.000 Euro als Einmalanlage auch länger festlegen. So gibt es bei der österreichischen Kommunalkredit Invest ab einem Anlagezeitraum von fünf Jahren 4,50 Prozent Zinsen. Jährlich kommen so 2250 Euro an Zinsen zusammen.
Geldanlage: Zinsen bei deutschen Banken sind etwas niedriger
Wer für seine Anlagen die deutsche Einlagensicherung bevorzugt, kann ein Konto bei der Aareal Bank eröffnen. Hier gibt es für zwei Jahre 4,10 Prozent, für drei Jahre 4,25 Prozent und für vier und fünf Jahre jeweils vier Prozent Zinsen.
Die Bank gehört außerdem zusätzlich der freiwilligen Einlagensicherung des Bundesverbandes deutscher Banken an. Ob deutsche oder ausländische Bank: In jedem Fall sind 100.000 Euro pro Anleger gesetzlich abgesichert. Wer sich eine größere Auswahl für seine Festgeldanlagen wünscht, kann bei Weltsparen ein Konto eröffnen. Dort kann er wie in einem Supermarkt aus vielen Festgeldanlagen in- und ausländischer Banken auswählen, ohne sich bei jeder Bank neu anzumelden und zu identifizieren.
50.000 Euro aufteilen: 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Zinsanlagen
Aber 50.000 Euro sind eine Summe, die sich auch aufteilen lässt, um in Festzinsanlagen und Aktien zu investieren. „Ich denke, dass vor allem Anleger, die nicht so risikobereit sind, mit einer Aufteilung von 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Zinsanlagen in der gegenwärtigen Phase gut aufgehoben sind“, sagt Bernd Schimmer, Wertpapierstratege der Haspa. Bei 50.000 Euro können also 30.000 Euro in Aktien investiert werden und 20.000 Euro in Zinsanlagen.
Allerdings ist das für Schimmer kein starrer Wert. „Wer jünger ist, sollte eine andere Aufteilung mit einer höheren Aktiengewichtung wählen, etwa 80 bis 90 Prozent Aktien und der Rest Zinsanlagen“, sagt der Experte. „Denn auch wenn sich die Aussichten für Aktien etwas eingetrübt haben, langfristig bringen sie eine höhere Rendite als Zinsanlagen und sind entscheidend für den Vermögensaufbau.“ Ideal sei in der aktuellen Phase, dass Anleger beides kombinieren könnten: die Kursgewinne und Dividenden der Aktien sowie die sicheren Zinseinnahmen von Anleihen. Das war viele Jahre nicht möglich.
Mit Anleihen kann man auch von sinkenden Zinsen profitieren
„Wir kaufen jetzt für unsere Kunden Aktien und Anleihen“, sagt Torsten Johannsen, Senior Berater der bankenunabhängigen Hamburger Vermögensverwaltung Capitell AG. „Ich denke, wir haben den Zinshöhepunkt erreicht und werden im nächsten Jahr Zinssenkungen der Notenbanken in den USA, aber auch in Europa sehen.“
Von einer Zinssenkung würden auch Anleihen profitieren. Der Einstiegspunkt in längere Laufzeiten dieser Wertpapiere ist jetzt günstig. „Denn der Zinskupon ist sicher und es kämen dann wegen der sinkenden Zinsen noch Kursgewinne hinzu“, sagt Johannsen. Gut vier Prozent Rendite sind mit deutschen Firmenanleihen von Unternehmen wie VW, RWE oder ThyssenKrupp möglich. Noch sicherer sind Pfandbriefe, die bei drei- bis vierjähriger Restlaufzeit eine Rendite von 3,5 Prozent bringen.
Eine breit gestreute Aktienanlage ist mit ETFs möglich
Bei Aktien setzt er auf Werte mit einer guten Dividendenrendite wie Allianz oder Coca-Cola. Auch Vonovia hält Johannsen für interessant. Das hoch verschuldete Wohnungsunternehmen würde von fallenden Zinsen und steigenden Mieten wegen der Wohnungsnot profitieren. Anlagestratege Schimmer empfiehlt derweil, sich bei Aktien sehr breit aufzustellen.
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Das lässt sich bei einer Anlagesumme von 30.000 Euro am kostengünstigsten mit einem weltweit anlegenden Indexfonds umsetzen. Diese Exchange Traded Funds (ETF) bilden zum Beispiel den weltweiten Aktienindex MSCI World ab, der in rund 1500 Unternehmen aus 23 Ländern investiert. Um Kursschwankungen auszugleichen, kann die Summe auch in Raten über mehrere Monate investiert werden. Selbst eine Kombination mehrerer ETFs ist möglich. Zum Beispiel kann die Anlage mit einem ETF zu Schwellenländern oder Dividendenaktien ergänzt werden.
Geldanlage: Festgelder sind für Kleinanleger die kostengünstigste Variante
„Festgeld bleibt aber für Kleinanleger die kostengünstigste Variante – und man kann die Zinserträge sicher kalkulieren“, sagt Verbraucherschützerin Klug. Einzelne Anleihen hätten den Vorteil, dass ein Ausstieg über die Börse auch während der Laufzeit möglich sei. Aber bei einer Anlagesumme von 20.000 Euro für Anleihen sei die Risikostreuung schwierig und bei Kauf und Verkauf entstünden zusätzliche Kosten. Doch auch für Anleihen gibt es ETFs, etwa für Staatsanleihen oder Firmenanleihen. Aber anders als bei einer Festzinsanlage lassen sich die Erträge nicht sicher kalkulieren und man muss Kursschwankungen und eventuell auch Verluste akzeptieren.