Hamburg. Dem Mitarbeiter von Lufthansa Technik gelang eine erstaunlich exakte Prognose für den Jahresendstand 2023. Was er für 2024 erwartet.

Mehr als 16.000 Punkte traute Anfang vergangenen Jahres keine der namhaften Banken dem Deutschen Aktienindex (DAX) zum Jahresende 2023 zu. Tatsächlich erreichte er 16.751,64 Zähler. Einem Privatanleger aus Hamburg gelang eine erstaunlich treffsichere Prognose: In einem von dem Anlageroboter-Betreiber Growney (eine Tochter der Hamburger Investmentgesellschaft Laiqon) ausgerichteten Wettbewerb tippte Tobias Fischer aus Alsterdorf auf 16.751 Punkte. Das entsprach damals immerhin einem erwarteten Kursplus von rund zwölf Prozent.

Fischers Erklärung, wie er auf die „krumme“ Zahl gekommen ist: „Ich habe den DAX-Verlauf des Jahres 2021 mittels einer Parallelverschiebung auf 2023 hochgerechnet. Da war natürlich auch Hoffnung dabei, aber die Rechnung ist dann erstaunlich gut aufgegangen.“ Sein persönlicher Hintergrund erklärt ein Stück weit Fischers für Aktienmarktprognosen eher ungewöhnliche Methode: Der 44-Jährige ist ein Maschinenbau-Ingenieur, der als Teamleiter in der Triebwerksinstandhaltung bei Lufthansa Technik arbeitet. Auch wenn er als Ingenieur durchaus gut mit statistischen Verfahren vertraut ist, steht er der Charttechnik als Prognoseinstrument für Kurse eigentlich eher skeptisch gegenüber.

„Mit der Börse beschäftige ich mich privat schon seit einigen Jahren“, sagt Fischer. „Ich hatte die Möglichkeit, Boni in Form von Lufthansa-Aktien zu bekommen – so fing es an.“ Jedenfalls gilt das für „echte“ Aktien. Denn an einem Börsenspiel hatte der Ingenieur schon im Studium einmal teilgenommen.

An Einzeltitel hat sich Fischer in mehreren Schritten angenähert

Nach dem Berufseinstieg parkte Fischer seine Ersparnisse zunächst auf Tages- und Festgeldkonten – genau wie die meisten Deutschen, die im internationalen Vergleich als besonders sicherheitsorientiert bekannt sind. Doch später folgte er dem Rat vieler Experten, bei der Geldanlage stärker zu streuen und für Teilbeträge ein gewisses Risiko zuzulassen, um auch die Chance auf höhere Renditen wahrnehmen zu können.

„Zu Anfang habe ich mich über einen teilspekulativen Fonds an Aktieninvestments angenähert, erst später kamen – neben den Lufthansa-Titeln – weitere Einzelwerte hinzu.“ Bei dem Fonds handelt es sich um einen sogenannten ETF mit einem Aktienanteil von 70 Prozent. Was die Einzeltitel angeht, war Fischer nach eigenen Worten „ziemlich konservativ unterwegs“, er beschränkte sich auf wenige deutsche Standardwerte aus dem DAX.

Denn er informiere sich zwar mittels einer Finanz-App über die generelle Börsenentwicklung und blicke ab und zu auch auf den New Yorker Dow-Jones-Index oder den Goldpreis. Aber er finde „nur begrenzt Zeit, mich detailliert mit Unternehmensnachrichten und den Bedingungen spezieller Märkte zu befassen“, wie er erklärt.

„Außerdem betrachte ich Aktien als ein längerfristiges Investment und nicht als Spekulationsobjekt“ so Fischer. Manche Freunde, mit denen er sich über Geldanlage-Themen austauscht, seien deutlich risikofreundlicher orientiert und hätten zum Beispiel auch Bitcoin-Bestände im Portfolio. „Krypto-Währungen sind bei mir aber bisher ein weißer Fleck auf der Anlage-Landkarte“, sagt Fischer.

Bisher hat er unter dem Strich eine positive Rendite erzielt

Trotz der eher vorsichtigen Einstellung gab es auch für ihn „Momente, die nicht so schön waren“. Das betrifft nicht zuletzt die Anfangsphase der Corona-Pandemie, als auch seine Investments litten. „Ich war aber nicht im Panik-Modus, weil ich glaube, dass man Aktien eben Zeit geben muss.“ Dennoch hat er die Einzeltitel zuletzt nach und nach verkauft – bis auf die Lufthansa-Papiere. Unter dem Strich habe er mit seinen Investments bisher eine positive Rendite erzielt, sagt Fischer. „Aber Millionär bin ich damit nicht geworden“, fügt er lachend an.

Im Verlauf des vergangenen Jahres hat er den im Januar abgegebenen DAX-Tipp „völlig aus den Augen verloren“. Ohnehin war er davon ausgegangen, dass viele andere Teilnehmer des Growney-Wettbewerbs viel professioneller als er selbst an die Sache herangehen. Zudem hat er die exakte Zahl, die er eingereicht hatte, bis zum Jahresende schon wieder vergessen. „Darum war es eine große Überraschung für mich, als ich die Nachricht erhielt, mein Tipp habe gewonnen“, sagt Fischer.

Für den Tipp des Jahresendstands 2024 konnte Fischer nicht erst rechnen

Bei dieser Gelegenheit fragte man ihn nach seiner Einschätzung für den DAX-Jahresendstand 2024. Seine Prognose dafür lautet: 17.599 Punkte, was ein leichtes Plus von rund vier Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau bedeuten würde. „Diesmal hatte ich keine Zeit für eine Rechnung“, sagt er, „denn ich habe die Frage nicht erwartet und musste daher ganz spontan antworten“.

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Allerdings hatte er sich in der Vergangenheit schon einmal mit Freunden darüber unterhalten, ob es sinnvoll ist, auf „gerade“ Zahlen zu tippen: „Das tun natürlich die meisten Menschen – man teilt sich einen eventuellen Gewinn also mit vielen anderen“. Fischer gibt mit Blick auf die „krumme“ Zahl aber zu: „Ein bisschen Humor war auch dabei.“

Ihm ist sehr deutlich bewusst, dass abermals nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Faktoren auf die Börse einwirken dürften. Ungewiss ist zum Beispiel, wie sich die mögliche Wiederwahl des früheren US-Präsidenten Donald Trump im Herbst auf die Märkte auswirken würde. Die Aussicht auf eine neue Welle von Protektionismus erfüllt Fischer mit Sorge, nicht zuletzt mit Blick auf seinen Arbeitgeber: „Der Luftverkehr lebt von der Offenheit, denn er verbindet Kulturen und Menschen.“