Hamburg. Der Franzose Vincent Warnery spricht über seine Wahlheimat, den Preispoker mit dem Handel und neue Akne-Produkte des Konzerns.
Hamburger Abendblatt: Monsieur Warnery, wie fühlen Sie sich als Franzose in Hamburg?
Vincent Warnery: Sehr gut. Es gibt viele Franzosen in der Stadt. Und die Kultur in Deutschland mit gutem Essen und netten Menschen kommt der französischen Kultur sehr nahe (lacht).
Was sind die größten Unterschiede in der Mentalität zwischen Franzosen und Deutschen?
Warnery: Die Deutschen mögen Kompromisse, die Franzosen gehen schneller auf Konfrontation, lieben den Streit. Ich mag dieses Aufeinandertreffen unterschiedlicher Mentalitäten. Die Deutschen können besser zuhören, gehen respektvoller miteinander um. Das zeigt sich auch in der Arbeit im Beiersdorf-Vorstand. Ich würde behaupten: Wir arbeiten sehr viel effizienter als das in den Vorstandsetagen vieler französischer Konzerne möglich ist.
Wie ist Ihre Beziehung zu Hamburg, wo Sie seit 2017 arbeiten?
Warnery: Eine tolle Stadt, ich wohne in der Nähe der Alster, unweit der Beiersdorf-Zentrale. Und ich fühle mich hier sehr wohl. Ich gehe gerne in die Elbphilharmonie, bin ein großer Opern-Fan. Und ich mag es, gut essen zu gehen. Hamburg ist dafür die ideale Stadt.
Wie ist Ihre private Beziehung zu Frankreich?
Warnery: Mein Vater lebt in Marseille, meine Söhne wohnen in Paris. Mein ältester Sohn hat sogar sein deutsches Abitur gemacht. Die Beziehung unserer Familie zu Deutschland war schon immer sehr eng.
Woran liegt das?
Warnery: Mein erster Job in Deutschland war für ein französisches Unternehmen in Düsseldorf. Zwei meiner Söhne waren damals noch klein, der dritte ist in Deutschland geboren. Wir haben immer ein deutsches Au-pair-Mädchen gehabt und darauf Wert gelegt, dass die Familie Deutsch lernt.
Sie sind nun seit Mai 2021 Vorstandschef von Beiersdorf. Was sind Ihre drei Hauptziele für das Unternehmen?
Warnery: Wir wollen das beste Hautpflege-Unternehmen in der Welt aufbauen.
Sind Sie das nicht schon?
Warnery: (lacht) Für mich geht es nicht nur um Größen wie Wachstum, Umsatz und Gewinn. Es geht mir um eine gemeinsame Kultur. Bei den Produkten, die wir anbieten, müssen wir künftig noch stärker auf Innovationen setzen. In diesem Punkt hatten wir in der Vergangenheit aus meiner Sicht etwas nachgelassen. Zudem liegt uns die Nachhaltigkeit sehr am Herzen. Dort haben wir in den vergangenen Jahren schon immense Fortschritte gemacht. Am Ende müssen wir aber als Unternehmen noch mehr CO2 einsparen und so die Umwelt schonen. Und schließlich geht es mir auch darum, über Zukäufe zu wachsen. Allerdings müssen die möglichen Unternehmen und Produkte zu uns und unserer Kultur passen.
Sie haben jüngst die Mehrheit an S-Biomedic erworben: ein Unternehmen, das vor allem in der Akne-Forschung aktiv ist. Wird das ein Zukunftsfeld für Beiersdorf werden?
Warnery: Ja, wir haben bisher exzellente Eucerin-Produkte für trockene Haut und Neurodermitis. Aber auch Produkte gegen Akne sind für mich ein Zukunftsmarkt. Und dort wollen wir ebenfalls mitmischen.
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Das vergangene Jahr war von sehr harten Preisverhandlungen zwischen dem Handel und Markenherstellern wie Beiersdorf geprägt. Wie haben Sie das erlebt und wie geht es in diesem Punkt weiter?
Warnery: Das war ein kompliziertes Jahr. Wir mussten die Preise wegen der stark gestiegenen Kosten zum Teil deutlich anheben. Und über diese Preiserhöhungen gab es selbstverständlich ein hartes Ringen mit dem Handel. Doch am Ende sind wir mit dem Ergebnis zufrieden.
Müssen sich die Kunden in Deutschland auch im laufenden Jahr auf weitere Preiserhöhungen einstellen?
Warnery: Mit Blick auf die immer noch steigenden Kosten wird sich das kaum vermeiden lassen. Aber die Preise werden mit Sicherheit nicht mehr so stark zulegen wie im vergangenen Jahr.