Hamburg. Der Hafenkonzern HHLA geht innovative Wege. Wie die neue Idee bereits im Detail umgesetzt wird und welches Potenzial sie hat.

Ein Kurier soll nur ein Paket mit ein paar Schrauben zu einem Handwerksbetrieb bringen und steht dafür stundenlang im Stau. Dies oder Ähnliches geschieht täglich auf deutschen Straßen, vor allem in Nordrhein-Westfalen, wo es derzeit besonders viele Baustellen gibt. So ist es kein Zufall, dass dort jetzt ein Projekt gestartet ist, dass den Kurierdienst revolutioniert: Innerstädtische Lieferung aus der Luft. Die Technik dazu kommt aus Hamburg – vom Hafenkonzern HHLA.

Die Lüdenscheider Firma Koerschulte Group hat am Mittwoch den bundesweit ersten kommerziellen Linienflugbetrieb einer vollautomatisierten Drohnenflotte gestartet. Koerschulte beliefert Handwerks- und Industriebetriebe mit Werkzeugen und kleinen Ersatzteilen. Bis zu 80 Pakete am Tag lässt das Unternehmen nun per Luftfracht in Lüdenscheid und Umgebung austragen. Die eingesetzte Transportdrohne schafft ein Lastgewicht von bis zu 6,5 Kilogramm.

HHLA: Werkzeuge kommen per Drohne – Hamburger machen es möglich

Anstatt aber wie bisher im Handbetrieb, bei dem ein Pilot per Fernsteuerung eine Drohne bedient, geschieht alles vollautomatisch, über ein Kontrollzentrum, das die HHLA entwickelt hat. Viereinhalb Jahre lang haben die rund 30 Mitarbeiter der Konzerntochter HHLA Sky für die Entwicklung benötigt. Herausgekommen ist ein System, das einen vom Luftfahrtbundesamt genehmigten Linienflugbetrieb ermöglicht.

Ein Pilot sitzt in einem Leitstand vor  Bildschirmen, über die Lieferdrohnenflüge gestartet und überwacht werden. Eine voll automatisierte Drohnen-Flotte beliefert Unternehmen mit Ersatzteilen. Die Technik dazu hat die HHLA-Tochter HHLA Sky entwickelt.
Ein Pilot sitzt in einem Leitstand vor Bildschirmen, über die Lieferdrohnenflüge gestartet und überwacht werden. Eine voll automatisierte Drohnen-Flotte beliefert Unternehmen mit Ersatzteilen. Die Technik dazu hat die HHLA-Tochter HHLA Sky entwickelt. © DPA Images | Christoph Reichwein

„Unser Kontrollsystem garantiert viel mehr als nur die Überwachung des Fluges. Es übernimmt die Flugvorbereitung, die Planung, den Start, die Steuerung und Überwachung während des Fluges, die Landung und die Nachbereitung inklusive des Flugtagebuchs vollautomatisch“, sagt Matthias Gronstedt, Geschäftsführer von HHLA Sky.

Hamburger Drohnenleitstand interagiert mit Rettungshubschraubern

Mittels der HHLA-Software wird die Drohne für ihren Flug programmiert. Im Leitstand bei Koerschulte sitzt zwar noch ein Pilot, aber der muss nur bei plötzlichen Abweichungen eingreifen. Und statt nur eine Drohne zu beobachten, kann er per Monitor den Flug von einem Dutzend Drohnen gleichzeitig steuern.

Der Containerterminal Burchardkai im Hamburger Hafen gehört der HHLA. Das Unternehmen war ein reiner Hafenbetrieb, hat sich aber mit HHLA Sky auch ein Standbein im Lufttransport aufgebaut.
Der Containerterminal Burchardkai im Hamburger Hafen gehört der HHLA. Das Unternehmen war ein reiner Hafenbetrieb, hat sich aber mit HHLA Sky auch ein Standbein im Lufttransport aufgebaut. © Andreas Laible | Andreas Laible

„Das Besondere an dem Kontrollcenter ist, dass man damit von einer zentralen Stelle aus Drohnenflüge in ganz Deutschland überwachen und durchführen kann“, so Gronstedt. „Nicht nur die unbemannte, auch die bemannte Luftfahrt wird dem System angezeigt. Nun fliegen die Drohnen in maximal 120 Meter Höhe, da gibt es kaum Flugzeuge. Aber Rettungshubschrauber fliegen beispielsweise manchmal auch tief. Der Pilot im Kontrollcenter erkennt diese und reagiert darauf.“

Flotte der Drohnen-Airline wird ausgebaut

Zudem steht das System von HHLA Sky universell zur Verfügung. Gronstedt: „Nicht nur fliegende Roboter lassen sich damit steuern, auch fahrende oder schwimmende Roboter sind darüber einsetzbar.“

Bei Koerschulte klingelt seit Mittwoch pausenlos das Telefon. Das Unternehmen will seine Drohnen-Airline nicht nur für die Auslieferung eigener Produkte nutzen, sondern als grundsätzliche Logistikplattform, welche auch anderen Firmen offensteht. „Wir haben eine Resonanz, die wir uns nicht hätten träumen lassen, sagt Geschäftsführer Norman Koerschulte. „Nicht nur aus der Industrie, auch aus der Medizin haben wir Anfragen, ob man das System nutzen kann.“ Wenn aus jeder dieser Anfragen eine Bestellung herauskomme, könne er rund 20 weitere Drohnen bestellen. Die kosten laut Listenpreis rund 60.000 Euro.“

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Die Hamburger HHLA Sky könnte ihr System jedenfalls sofort weiterverkaufen. „Wenn Sie es schnell benötigen, können wir es heute Nachmittag liefern. Unser Full-Service-Drohnen-System haben wir innerhalb der HHLA fertig und einsatzfähig entwickelt. Damit ist die HHLA Sky in Europa in wichtigen Bereichen Marktführer“, sagt Gronstedt.