Hamburg. Fluggeräte sind bis zu 120 km/h schnell. Einsätze auch bei Katastrophen möglich – jedoch gibt es rechtliche Hürden.
Wie von Geisterhand setzen sich die Rotoren der Drohne in Bewegung, das Surren wird lauter, Sekunden später hebt das Fluggerät ab und entschwindet am Himmel über Francop. Der grasbewachsene Hügel aus ehemaligem Elbschlick ist ein guter Platz für diesen Testflug: Das Gelände ist überschaubar, es gibt keine Hindernisse in Flughöhe, und der Grund und Boden gehört im großen Umkreis zur Hafenbehörde HPA, in deren Auftrag die mit Flügeln ausgestattete Drohne unterwegs ist.
Das Besondere an diesem Flug: Gestartet, gelandet und in der Luft navigiert wird der bis zu 120 Kilometer pro Stunde schnelle und mit mehreren Kameras ausgestattete Miniflieger aus einer eher unscheinbaren Baracke, die am Fuß des Hügels steht. Dort hat das „Portwings“ (Hafenflügel) genannte Drohnenprogramm der Hamburg Port Authority ihren Leitstand eingerichtet. „Wir gehen hier ganz neue Wege und glauben, dass ein solcher Leitstand aktuell einzigartig ist“, sagt HPA-Chef Jens Meier.
HPA verfügt mittlerweile über eine recht stattliche Flotte
Die Hafenbehörde erprobt schon seit Längerem den Einsatz von ferngesteuerten und unbemannten Fahrzeugen für ihre Zwecke. So schipperte im vergangenen Jahr ein kleines Drohnenboot durch Hamburger Hafenbecken. Es kann die Wassertiefe genau ermitteln – selbst in Bereichen, die für ein herkömmliches Peilboot viel zu flach sind.
Auch fliegende Drohnen sind hier und da bereits zum Einsatz gekommen. „Unter anderem wurden Inspektionen der Köhlbrandbrücke mit Drohnen durchgeführt. So lässt sich sehr viel einfacher erkennen, ob es eventuell irgendwo Schäden gibt“, sagt Meier. Die HPA verfügt mittlerweile über eine recht stattliche Flotte von knapp einem halben Dutzend der Fluggeräte. Einige unterscheiden sich kaum von Drohnen, die sich jede Privatperson im Internet bestellen oder im Spielzeugladen kaufen kann. Der von Portwings weiterentwickelte sogenannte Flächen-Multicopter-Hybrid, der an diesem Tag am Schlickhügel aufsteigt, kann aber bis Windstärke acht in der Luft bleiben und ist so groß und schwer, dass ihn zwei Männer zum Startplatz schleppen müssen. „Das sind hier keine Spielzeuge“, betont Meier.
Vielzahl sinnvoller Anwendungen
Er kann sich eine Vielzahl anderer sinnvoller Anwendungen vorstellen. „Bei Hochwasser lässt sich mit Drohnen sehr viel schneller feststellen, ob alle Fluttore geschlossen sind. Das muss jetzt noch zeitaufwendig von unseren Mitarbeitern kontrolliert werden“, so der HPA-Chef. Erprobt wird derzeit bereits die Überprüfung von Rohrleitungen auf dem Gelände der Schlickbehandlungsanlage Metha in Francop aus der Luft. Für gewöhnlich müssen das zwei Mitarbeiter gemeinsam erledigen – auch an für Menschen schwer zugänglichen Stellen.
Und auch bei Unglücken oder Bränden auf Schiffen und im Hafen könnten Drohnen sehr viel einfacher und schneller ein Bild der Lage an die Einsatzkräfte übermitteln, ohne dass sich dafür ein Mensch in Gefahr begeben muss. Denkbar sei aber auch eine Liegeplatzüberwachung aus der Luft. Nicht jeder Binnenschiffer denkt daran, sein Schiff bei der Hafenbehörde anzumelden und das Hafenentgelt zu zahlen. Zurzeit fahren HPA-Mitarbeiter die Liegeplätze noch zeitaufwendig mit der Barkasse ab.
Rechtliche Hürden stehendem Drohnenflug im Weg
Der Drohneneinsatz hat derzeit allerdings noch sehr enge rechtliche Grenzen. Und: Eine ganze Reihe der aus Sicht der Hafenbehörde sinnvollen Einsatzszenarien lässt sich deshalb noch gar nicht realisieren. Die entscheidende Hürde: Der Pilot, der das Fluggerät vom Boden aus fernsteuert, muss die Drohne ständig im Auge behalten, um mögliche Kollisionen zu vermeiden. Bei Sturmflut ein aus einer Leitzentrale heraus gesteuertes Drohnengeschwader zur Kontrolle der Hamburger Fluttore ausschwärmen zu lassen wäre derzeit rein rechtlich also nicht erlaubt.
Im Portwings-Leitstand in der unscheinbaren Baracke am Fuße des Francoper Hügels, den die HPA zusammen mit dem Gemeinschaftsunternehmen Droniq von Telekom und Deutscher Flugsicherung betreibt, wird daran gearbeitet, dass so etwas eines Tages doch möglich wird. In den Rechnern der Zentrale laufen ständig Informationen aus den Towern des Hamburger Flughafens und des nahe gelegenen Airbus-Werks über den Flugverkehr ein.
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Das System weiß, welches Schiff sich gerade wo genau auf der Elbe befindet und wie hoch es ist. Sogenannte No-flight-Zonen, die nicht überflogen werden dürfen, sind ebenfalls erfasst. „In einem derart komplexen Umfeld wie einem Hafen, in dem ständig Verkehr ist und sich die Lage dauernd verändert, gibt es sehr viele Herausforderungen“, sagt Meier. Eine davon ist es, eine Kollision zwischen einem niedrig fliegenden Hubschrauber und einer Drohne zu vermeiden, die außer Sichtweite ihres Piloten unterwegs ist. Das Ziel des HPA-Chefs: „Wir wollen das Forschungsprojekt so lange weiterentwickeln, bis es rechtlich freigegeben ist.“
Eine andere Hürde aber wird absehbar bleiben: Außer im Not- oder Katastrophenfall dürfen die Drohnen nur über das zur HPA gehörende Gelände fliegen. Schon, wenn sie das Aluminiumwerk nahe des Francoper Hügels überqueren wollen, muss dessen Eigentümer vorher seine Zustimmung geben.