Hamburg. Für Freitag hat Ver.di die Bodenverkehrsdienste zum Arbeitskampf aufgerufen. Der Airport will den Betrieb aufrechterhalten. Die Lage.

Der Flughafen Hamburg ist auch am Freitag von einem Warnstreik betroffen. Nachdem am Donnerstag die Sicherheitskontrolleure die Arbeit ganztägig niedergelegt hatten und alle Abflüge mit Passagieren sowie Dutzende Ankünfte gestrichen wurden, hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di eine zweite Berufsgruppe zum Ausstand aufgerufen.

Die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienstleister Groundstars, Stars und Cats sollten beginnend mit der Frühschicht ab 3 Uhr bis 23.59 Uhr in den Warnstreik treten. Sie sind unter anderem für die Be- und Entladung sowie die Enteisung und den Pushback der Flugzeuge zuständig, stellen technische Geräte bereit, befördern Crew und Passagiere, fertigen das Gepäck ab und machen die Flugzeuge von innen sauber.

Flughafen Hamburg: Streiktag zwei – aber „Notbetrieb“ am Airport läuft recht rund

Die Folgen für Passagiere sollten sich nach Angaben des Flughafens aber in Grenzen halten. Gegen Mittag zeigte die Homepage einen weitgehend stabilen Flugbetrieb an. Die Flieger starteten und landeten überwiegend pünktlich. Mit Abstand der größte Ausreißer war eine Condor-Maschine nach Lanzarote, die mit knapp zweieinhalb Stunden Verspätung abhob.

Als gestrichen wurde jeweils ein Eurowings-Flug nach Stuttgart, Köln/Bonn und München angezeigt sowie zwei Landungen der Lufthansa-Tochter aus Stuttgart und München. Zudem fielen jeweils zwei Ankünfte und Abflüge von Finnair nach Helsinki aus. Das hängt allerdings mit dem massiven Streikaufruf in Finnland zusammen. Am Hamburg Airport waren für Freitag 135 Abflüge und 132 Ankünfte mit mehr als 37.000 Passagieren geplant.

Flughafen Hamburg – dank dieser Maßnahmen funktioniert der „Notbetrieb“

Bei einem Warnstreik der Bodenverkehrsdienstleister Anfang 2019 war noch ein Großteil der Flüge ausgefallen. Dieses Mal ist das offenbar anders. Was hat den relativ stabilen Flugbetrieb ermöglicht? Das sei eine Mischung aus verschiedenen Faktoren, sagte Airport-Sprecherin Janet Niemeyer auf Anfrage: „Wir haben alle Dienstleistungen in dem Bereich auf ein Minimum reduziert.“

So dürfen die Fluggesellschaften derzeit keine Fracht mitbringen und transportieren. Die Anzahl der Sperrgepäckschalter wurde halbiert, dieser ist nur in Terminal 1 geöffnet. Es gibt keinen Vorabend-Check-in am Freitagabend für die Flüge, die bis Sonnabendmittag starten. Statt zwei Treppen wird nur eine an ein Flugzeug gefahren. Es gibt nur eine Basisreinigung.

Flughafen Hamburg: Führungskräfte packen nun mit an

Auf diese Art und Weise könne man Personal sparen, das aufgrund seiner „multifunktionalen Ausbildung“ flexibel eingesetzt werden könne. Das Personal übt also grundsätzlich verschiedene Tätigkeiten aus, was im jetzigen „Notbetrieb“ zugutekommt.

„Und die Führungskräfte packen jetzt voll mit an“, sagte Niemeyer. „Sie haben sich in Schichten aufgeteilt, sodass wir davon ausgehen, dass wir den Normalbetrieb weiter aufrechterhalten können.“ Zudem sei eine Reihe von Beschäftigten trotz des Streikaufrufs zur Arbeit erschienen. In Einzelfällen könnten auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen, die früher für die Bodenverkehrsdienste gearbeitet haben, aushelfen.

Mehr Handgepäck – auch die Passagiere helfen mit

Zudem würden die Passagiere gut mithelfen, indem sie mit wenig aufzugebenden und mehr Handgepäck reisen würden. Das sorgte am Freitag allerdings mitunter für etwas längere Wartezeiten an der Sicherheitskontrolle. An normalen Tagen ist das Reisen mit viel Bordgepäck nicht erwünscht, weil es den Sicherheitscheck in die Länge zieht.

Die Fluggäste würden dennoch gebeten, sich laufend über ihren aktuellen Flugstatus zu informieren, da eventuelle Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden können. Grundsätzlich sei man aber optimistisch, den Flugbetrieb den ganzen Tag über aufrechterhalten zu können. Zudem sollten Fluggäste ausreichend Zeit einplanen und mindestens zwei Stunden vor Abflug in den Terminals sein.

Flughafen Hamburg: Das fordert Ver.di für die Bodenverkehrsdienste

Ver.di fordert im Kern für die nach Gewerkschaftsangaben etwa 900 Beschäftigten der in der HAM Ground Handling Gruppe zusammengefassten Unternehmen die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro. Zudem sollen die Tabellenlöhne um 200 Euro und 5,5 Prozent rückwirkend ab 1. Januar 2024 bei einer Laufzeit von zwölf Monaten angehoben werden.

Gewerkschafter: Arbeitgeber spielt auf Zeit – bisher kein Angebot

Der Arbeitgeber habe nach zwei Verhandlungsrunden bisher kein Angebot vorgelegt und spiele auf Zeit, hieß es. Daher rufe man zum Warnstreik auf. „Es ist nicht nachvollziehbar, wie Beschäftigte bei einem Einstiegsstundenlohn von 15 Euro die massive Anhebung der Verbraucherpreise bewältigen sollen“, sagte Ver.di-Gewerkschaftssekretär Lars Stubbe. Daher habe die Tarifkommission den Streikaufruf beschlossen.

„Die Stadt Hamburg als Gesellschafterin muss ihren Einfluss nutzen, um einer besseren Entlohnung zuzustimmen“, so Stubbe. „Die Zeiten, in denen die hart arbeitenden Beschäftigten das Ergebnis des Flughafens durch zu niedrige Abschlüsse sichern halfen, müssen ein für alle Mal vorbei sein.“ Der Flughafen Hamburg schaffte nach dreistelligen Millionenverlusten in den Corona-Jahren 2023 eine schwarze Null. Für dieses Jahr wird ein einstelliger Millionen-Euro-Gewinn angestrebt.

Flughafen Hamburg ist „fassungslos“ über den nächsten Streik

Das Unternehmen reagierte mit scharfer Kritik auf den erneuten Aufruf zur Arbeitsniederlegung. „Wir sind fassungslos, dass Ver.di Streik an Streik reiht“, sagte Kommunikationsleiterin Katja Bromm. Auch zum Ausstand der Luftsicherheitskräfte am Donnerstag hatte Ver.di aufgerufen. Der Streik der Bodenverkehrsdienste trifft neben den Geschäftsreisenden „wieder ganz massiv die Hamburger Familien, da viele den schulfreien Zeugnistag am morgigen Freitag für eine Reise nutzen wollten“, so Bromm.

„Besonders erschreckend ist, dass Ver.di einen ganztägigen Warnstreik so kurzfristig ankündigt – das ist völlig unverhältnismäßig. Ver.di nimmt ganz bewusst in Kauf, dass Tausende Unbeteiligte kaum noch eine Chance haben, ihre Reisen umzuplanen“, sagte Bromm. Das dürfte auch für viele Passagiere gelten, die eigentlich am Donnerstag fliegen wollten. Der Airport rechnete mit vielen Umbuchungen auf den Freitag.

Hamburger Flughafentochter verweist auf bevorstehenden Branchentarifvertrag

Bei den Bodenverkehrsdiensten ist die Lage kompliziert. HAM Ground Handling befindet sich derzeit mit Ver.di in laufenden Tarifverhandlungen in Hamburg. Parallel dazu liegt laut Unternehmen auf Bundesebene ein abgestimmter Entwurf für einen bundesweit geltenden Branchentarifvertrag vor, der die lokalen Tarifverträge voraussichtlich noch in diesem Jahr ablösen soll.

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„Dieser Streikaufruf ist eine bodenlose Frechheit der Hamburger Ver.di“, sagte HAM-Ground-Handling-Geschäftsführer Christian Noack, der auch Arbeitgebervertreter im Rahmen der Verhandlungen um den Branchentarifvertrag ist. Nach sechs Jahren mit Verhandlungen läge auf Bundesebene ein endverhandelter, erstmals einzuführender Branchentarifvertrag vor.

Nächster Verhandlungstermin ist für Mitte Februar angesetzt

Er könne zum Juli in Kraft treten und sehe weitere deutliche Verbesserungen für die Beschäftigten vor, so Noack: „Dazu zählen eine Arbeitszeitreduzierung von 39- auf eine 37,5-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sowie zusätzliche Urlaubstage und Gehaltserhöhungen. Unser Ziel war und ist es, mit der Hamburger Ver.di konkrete Überleitungen zu erarbeiten, und zwar bei der bereits terminierten Verhandlungsrunde Mitte Februar.“

Bereits im vergangenen Jahr hätten die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste in Hamburg eine Lohnerhöhung von rund 20 Prozent erhalten – und zwar ohne Streiks, so das Unternehmen. Das Einstiegsgehalt für ungelernte Beschäftigte bei dieser gewerblichen Tätigkeit liege bei mindestens 3000 Euro brutto pro Monat im Durchschnitt. Der nächste Verhandlungstermin ist für den 19. Februar angesetzt.