Hamburg. Mehr als 30 Landungen am Donnerstag betroffen, alle Abflüge fallen aus. Diese Rechte haben betroffene Passagiere.
In der laufenden Tarifrunde für die Luftsicherheitskräfte ist bisher dreimal verhandelt worden. Einen Durchbruch gab es nicht. Im Gegenteil: Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat für diesen Donnerstag sogar einen ganztägigen Warnstreik angekündigt.
Die bundesweit rund 25.000 Beschäftigten der Sicherheitskontrollen sollen an den Flughäfen Hamburg, Bremen, Hannover, Berlin, Köln, Düsseldorf, Leipzig, Dresden, Erfurt, Frankfurt/Main und Stuttgart die Arbeit niederlegen. Ausgenommen von dem Arbeitskampf ist der Flughafen München, weil die Beschäftigten dort dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes unterliegen.
Flughafen Hamburg: Warnstreik bei Sicherheitskräften – auch mehr als 30 Ankünfte fallen aus
Am Flughafen Hamburg bleibt die Zentrale Sicherheitskontrolle von Mittwoch 22 Uhr bis Donnerstag 22 Uhr geschlossen. Alle 126 Abflüge sind gestrichen oder finden ohne Passagiere statt. „Aufgrund des Ver.di-Streiks kann die dafür notwendige Passagierkontrollstelle nicht geöffnet werden“, sagte Hamburg-Airport-Sprecherin Janet Niemeyer.
Am Mittwochmittag waren von den Fluglinien von den 127 geplanten Ankünften schon mehr als 30 gestrichen worden. Zu den betroffenen Zielen gehören Stuttgart, München, Zürich, Wien, Istanbul, Mailand, Amsterdam und Helsinki. In Finnland gibt es wegen eines großen eigenen Streiks ohnehin Schwierigkeiten.
Bei stattfindenden Landungen muss mit Verspätungen gerechnet werden
Bei stattfindenden Flügen muss mit Verspätungen gerechnet werden. „Viele Fluggesellschaften überarbeiten zurzeit noch ihre Flugpläne“, sagte Niemeyer am Mittwochmittag: „Wir rechnen damit, dass die Fluggesellschaften auch zahlreiche Ankünfte streichen werden, da viele Flughäfen in Deutschland bestreikt werden und dadurch das gesamte Luftverkehrsnetz betroffen ist.“
Der Airport rechnete insgesamt mit rund 30.000 Passagieren am Donnerstag. Betroffene Fluggäste werden gebeten, sich mit ihren Fluglinien oder Reiseveranstaltern in Verbindung zu setzen und nicht zum Flughafen zu reisen.
Flughafen Hamburg erwartet am Freitag eine hohe Auslastung der Maschinen
Um die ausgefallenen Flüge zu kompensieren, sei mit zahlreichen Umbuchungen auf diesen Freitag und die nachfolgenden Tage zu rechnen. Ursprünglich hatten die Fluggesellschaften für Freitag 129 Starts und 127 Landungen am Hamburg Airport geplant. Die Flüge würden stark ausgelastet sein, hieß es.
Die Luftsicherheitskräfte sind Angestellte von privaten Unternehmen – in Hamburg von FraSec – und erledigen die Checks im Auftrag der Bundespolizei. Zuletzt war es im April 2023 zu einem 48-stündigen Warnstreik in Hamburg gekommen. Auch damals fielen alle Abflüge aus, auch viele Ankünfte waren betroffen.
Ver.di fordert bis zu 20 Prozent mehr Geld für die Sicherheitskontrolleure
Ende vergangenen Jahres war der Tarifvertrag ausgelaufen. Bereits Mitte Dezember hatten sich Gewerkschaftsvertreter von Ver.di sowie der dbb Tarifunion mit Vertretern des Bundesverbandes der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) zu einem ersten Austausch getroffen.
Ver.di fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten eine Lohnerhöhung für alle Entgeltgruppen um 2,80 Euro pro Stunde. Die Spannweite reicht derzeit von 13,83 Euro bis 20,60 Euro. Das Plus liegt rechnerisch also bei bis zu etwa 20 Prozent. Zudem solle aber der erste Überstunde, die in der Branche fast schon „normal“ sind, ein Zuschlag von 30 Prozent bezahlt werden.
Ver.di: Kräftige Lohnerhöhung soll Kaufkraftverlust ausgleichen
„Unser Ziel ist es, den Kaufkraftverlust der Beschäftigten nachhaltig auszugleichen“, sagte Ver.di-Verhandlungsführer Wolfgang Pieper. Die Arbeit der Luftsicherheitskräfte müsse finanziell attraktiv bleiben, damit die dringend benötigten Fachkräfte gewonnen und gehalten werden könnten.
Nach den hohen Preissteigerungen der vergangenen beiden Jahre fordere man „einen realen Lohnzuwachs“, so Pieper: „Schon jetzt gibt es einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, die bereit sind, rund um die Uhr, an Wochenenden und an Feiertagen äußerst flexibel an den Flughäfen zu arbeiten – die Sicherheit im Luftverkehr ist nicht zum Nulltarif zu haben.“
Arbeitgeber bieten sieben Prozent mehr Lohn für zwei Jahre an
Der BDLS hat nach eigenen Angaben in der dritten Verhandlungsrunde einen 25-prozentigen Mehrarbeitszuschlag angeboten, den die Beschäftigten deutlich früher als bisher erhalten sollen. Zudem habe man im Bereich der Tabellenentgelte vier Prozent mehr Geld für das laufende Jahr und weitere drei Prozent für 2025 angeboten.
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Ver.di-Verhandlungsführer Pieper hält das Angebot für „völlig unzureichend, da es in keiner Weise die hohe Inflation der letzten beiden Jahre aufgreift“. Zudem würden die Arbeitgeber die Bezahlung der Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde ablehnen.
Vertreter des Branchenverbandes BDL findet Warnstreik „unangemessen“
Nach den Gesprächen am vergangenen Freitag setzten die Arbeitgeber beim nächsten Treffen am 6. Februar in Berlin auf einen Durchbruch. „Ich hoffe, dass wir an diesem Tag einer Einigung näherkommen“, sagte damals Frank Haindl, Leiter der Tarifkommission des BDLS. Zusätzlich strebt der Verband an, „mit den Gewerkschaften bis Ende Februar 2024 verbindliche Eckpunkte für eine möglicherweise notwendig werdende Tarifschlichtung zu vereinbaren“, so Haindl.
Der Bundesverband der Deutschen Verkehrswirtschaft kritisierte den geplanten Ausstand. „Das Lahmlegen des Luftverkehrs in Deutschland durch einen Warnstreik der Luftsicherheitskräfte ist unangemessen“, sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow. „Es sollte stattdessen alles unternommen werden, um eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden oder im Wege einer Schlichtung.“
126 Abflüge in Hamburg gestrichen – diese Rechte haben Passagiere
Tausende Passagiere dürften sich am Donnerstag nicht nur über den Flugausfall ärgern. Sie haben laut dem Fluggastrechteportal AirHelp auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung.
„Für gestrichene oder stark verspätete Flüge aufgrund des Streiks steht ihnen keine Entschädigungszahlung in Höhe von bis zu 600 Euro pro Person zu“, sagte die AirHelp-Expertin Nina Staub: „Bei vergleichbaren Streik-Aktionen des Airline-Personals sähe dies, ob angekündigt oder spontan, anders aus.”
Fluggastrechteportal: Alle Quittungen aufheben!
Die betroffenen Fluggäste hätten Anspruch auf eine alternative Beförderung (bei Inlandsflügen auch mit der Bahn) oder eine vollständige Erstattung des Flugpreises bei mehr als fünf Stunden Verspätung, so AirHelp. Um die Erstattung der Kosten zu gewährleisten, sollten betroffene Passagiere eventuelle Umbuchungen auf Bus, Bahn oder andere Flüge jedoch keinesfalls ohne Absprache mit der Airline durchführen.
Bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden muss die ausführende Airline den Passagieren am Flughafen Mahlzeiten und Getränke bereitstellen. Bei Bedarf müssten die Airlines auch eine Unterkunft suchen und die Beförderung dorthin ermöglichen. „Wir raten allen Fluggästen, jede Quittung aufzubewahren, um von den Fluggesellschaften eine Rückerstattung der Kosten für Essen, Erfrischungen, Ersatzreisen und Unterbringung erhalten zu können”, so Staub.