Hamburg. Gründerin Anne Gliemer sendet dramatischen Post auf Facebook. „Kann mir diese Manufaktur nicht mehr leisten.“ So läuft das Ende.
Mit feinen Pralinen und Schokoladen aus naturbelassenen Zutaten hat sich die Hamburger Naturpatisserie Gleem einen Namen über die Stadtgrenzen Hamburgs hinaus gemacht. Jetzt steht das Start-up vor dem Aus. „Wie ich es auch rechne – ich kann mir diese Manufaktur nicht mehr leisten“, hat Gründerin Anne Gliemer in einem emotionalen Post auf Facebook erklärt.
Nach zehn Jahren schließt die 34-Jährige den Betrieb. Am Gründonnerstag vor Ostern ist der letzte Produktionstag in den Räumen in einem Gewerbebau auf der Peute auf der Veddel geplant. Der Pop-up-Shop an der Eppendorfer Landstraße ist noch bis Ende Februar geöffnet.
Naturpatisserie Gleem schließt nach zehn Jahren
Steigende Kosten, vor allem aber die sinkenden Umsätze machen Gliemer massiv zu schaffen. Schon vor knapp einem Jahr hatte die studierte Betriebswirtin deshalb eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Bis März waren mehr als 36.000 Euro von knapp 400 Unterstützern zusammengekommen. Mit dem Geld starteten Gliemer und ihr Team noch mal richtig durch und fuhren die Herstellung von Pralinen & Co. hoch.
Die Produkte von Gleem, nach eigenen Angaben Deutschlands erste Natur-Patisserie, sind glutenfrei, ohne Zuckerzusatz und weitgehend vegan. Es gibt Pralinen mit weißer Minze, Honigschokolade, Kaffee-Karamell-Petit-Fours und Biomohnrolle, insgesamt umfasst das Sortiment etwa 35 Sorten und wird online sowie in ausgewählten Läden verkauft. Im Oktober hatte Anna Gliemer zudem einen Pop-up-Shop in den Räumen der Hamburger Eisdiele Luicella‘s an der Eppendorfer Landstraße 10 eröffnet (Öffnungszeiten Donnerstag bis Sonntag 12 bis 18 Uhr), die in den Wintermonaten geschlossen hat.
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„Ich bin froh, dass ich den Laden mieten konnte“, sagt die Gründerin. „Wir konnten so mehr Kunden ansprechen.“ Trotzdem reichten die Umsätze nicht. Zwar konnte sie bis Dezember auch durch den Verkauf von Adventskalendern die Erlöse ankurbeln, aber im Vergleich zu 2021 lag das Minus weiterhin bei etwa 60 Prozent. Das Geschäft ließ sich nicht wirtschaftlich betreiben. „Für mich ist es keine Option, an unseren Zutaten für die Pralinen oder an den Kosten für mein wertvolles Team zu sparen“, sagt die Gründerin.
Um Gleem zu retten, hatte Anne Gliemer zwischenzeitlich schon freiberuflich Jobs in der Gastronomie angenommen. Zuletzt hatte sie sogar ihre Wohnung für einige Zeit untervermietet, um die Gehälter ihrer Beschäftigten zu bezahlen. Inzwischen hat sie die Mitarbeiterzahl auf zwei runtergefahren. Mitte Dezember habe sie die Entscheidung getroffen, die Manufaktur zu schließen, sagt die Unternehmerin. „Es ist sehr schade, aber ich kann nicht mehr.“
Natur-Patisserie Gleem vor dem Aus
Die Produktionsräume sind inzwischen gekündigt, auch ihre Angestellten haben ihre Kündigung erhalten. Was Anne Gliemer, die parallel an der privaten IU Internationalen Hochschule als Dozentin tätig ist, danach macht, weiß sie noch nicht. Es gebe Anfragen von Süßwarenunternehmen, die sich für ihr besonderes Fachwissen rund um Naturpatisserie interessierten. Für alle Liebhaber von Gleem: Nach der letzten Produktion kurz vor Ostern gibt es noch so lange Pralinen, bis sie ausverkauft sind. Danach ist Schluss.