Hamburg. Senat und Schweizer Reederei verfügen über 92,3 Prozent der HHLA. Was das für die übrigen Aktionäre bedeutet.
Der Hamburger Senat und die Schweizer Reederei MSC sind bei der geplanten Neuordnung des Hamburger Hafenkonzerns HHLA ein gutes Stück vorangekommen. Die Großreederei und die Stadt verfügen inzwischen über 92,3 Prozent der Hamburger Hafen und Logistik AG. Das gab MSC am Dienstag nach dem endgültigen Ablauf des Übernahmeangebots an die HHLA-Aktionäre in einer Pflichtmitteilung bekannt.
Demnach wurden der Schweizer Reederei im Laufe der rund sechswöchigen Annahmefrist 9,74 Prozent der HHLA-Anteile von Aktionären angedient. Nach dem Zukauf von HHLA-Aktien auf dem freien Markt verfügt MSC zudem über weitere 12,21 Prozent der HHLA-Anteile. Hinzu kommen rund 70,35 Prozent, die bislang im Besitz der Hansestadt Hamburg sind.
HHLA: Teilverkauf des Hamburger Hafens an MSC auf der Zielgeraden
Insgesamt verfügen die Stadt und MSC damit über 69,43 Millionen HHLA-Aktien. „Dies entspricht insgesamt einem Anteil von circa 92,30 Prozent des zum Meldestichtag bestehenden Grundkapitals und der zum Meldestichtag bestehenden Stimmrechte der Gesellschaft“, heißt es in der MSC-Pflichtmitteilung.
Wie berichtet, wollen die Stadt und MSC die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen führen, an dem MSC maximal 49,9 Prozent und die Stadt 50,1 Prozent halten soll. Mit dem nun erreichten Anteil von 92,3 Prozent sind im Gegenzug nur noch 7,7 Prozent in der Hand anderer Aktionäre – viel zu wenig, um wichtige Unternehmensentscheidungen mit der sogenannten Sperrminorität zu blockieren.
Senat und MSC können HHLA-Aktionäre aus dem Unternehmen drängen
Zudem übersteigen die beiden Partner die wichtige Schwelle von 90 Prozent. Denn nun können die Stadt und MSC die verbliebenen Aktionäre auch gegen deren Willen zur Übertragung ihrer Aktien zwingen, „Squeeze-out“ genannt.
Ob die beiden Partner den Zwang ausüben werden, ließen sie am Dienstag offen. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) sprach am Dienstag von einem wichtigen Zwischenschritt: „Um die HHLA weiterzuentwickeln, gehen wir eine strategische Partnerschaft mit der Mediterranean Shipping Company ein. Die weltgrößte Reederei bindet sich damit fest und langfristig an den Hamburger Hafen – die Einbindung in ein weiteres globales Netzwerk wird zusätzlichen Umschlag bringen und auch einen Beitrag für die Entwicklung des Hafens leisten. Das heutige Ergebnis bringt uns auf diesem Weg einen wichtigen Schritt weiter.“
MSC: „Wir planen Wachstum für die HHLA“
MSC sprach von einem starken Ergebnis des Übernahmeangebots. „Wir haben uns über drei Viertel der im Streubesitz befindlichen HHLA-Aktien gesichert und werden damit nach Abschluss der Transaktion gemeinsam mit der Stadt über mehr als 92 Prozent der HHLA-Stimmrechte verfügen. Damit sind wir in einer sehr guten Position, um unsere gemeinsamen Pläne weiter voranzutreiben“, sagte Søren Toft, Vorstandschef der MSC Mediterranean Shipping Company. „Das Ziel ist klar: Wir planen Wachstum für die HHLA und wollen damit auch dazu beitragen, dass der Hamburger Hafen eine noch wichtigere Rolle im Konzert der Welthäfen einnimmt.“
So erwartbar, wie sich Senat und MSC über das Ergebnis des Übernahmeangebots freuten, reagierten die Oppositionsparteien, die den Deal ablehnen, negativ. „An den Grundsatzfragen der strategischen Partnerschaft ändert das nichts“, sagte Norbert Hackbusch, Hafenexperte der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Er verwies darauf, dass vieles nicht geklärt sei. Alle diese Fragen seien weiter unbeantwortet. „Die konkreten Verträge sind weiterhin geheim, Staatseigentum wird weit unter Wert verscherbelt, eine Strategie ist nicht zu erkennen.“
Senat geht laut AfD hohes Risiko mit MSC ein
„Rot-Grün geht mit dem Aktienkauf von MSC ein hohes Risiko ein“, ergänzte der hafenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Krzysztof Walczak. „Der Senat wirft sich einem einzigen Unternehmen an den Hals, dem wir uns damit auf Gedeih und Verderb ausliefern, ohne alle infrage kommenden Alternativen ernsthaft geprüft zu haben.“ Wie berichtet, hatte auch Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd Pläne für ein Zusammengehen mit der HHLA entworfen. Der Senat hatte diese aber mit der Begründung zurückgewiesen, dass Hapag-Lloyd die Mehrheit an der HHLA zu kaufen beabsichtigte, die der Senat wiederum nicht abgeben wollte.
Nachdem Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA selbst ihren Aktionären geraten hatten, das Übernahmeangebot anzunehmen, äußerte sich auch die Vorstandschefin des Hafenkonzerns. „Nach dem Ablauf der Annahmefrist für die freien Aktionäre liegt für uns als Vorstand nun der Fokus auf der Finalisierung der Zusammenschlussvereinbarung zwischen der Stadt Hamburg, MSC und der HHLA“, sagte Angela Titzrath. Sie sei zuversichtlich, dass noch nicht abschließend geregelte Punkte in den nächsten Wochen ausgearbeitet würden. Zuvor hatte die HHLA-Führung in einem Vorvertrag zwischen Senat und MSC einige Zusagen für die Beschäftigten erreicht. So werden etwa betriebsbedingte Kündigungen für mindestens fünf Jahre ausgeschlossen.
Hafenarbeiter verbrennt aus Protest SPD-Parteibuch
Keine Reaktionen gab es am Dienstag erstaunlicherweise von den HHLA-Beschäftigten und der Gewerkschaft Ver.di: Sie hatten in der Vergangenheit massive Kritik an dem MSC-Deal geäußert. Mehrere Hafenarbeiter hatten sogar angekündigt, ihr SPD-Parteibuch zurückgeben zu wollen. Einer hat seines sogar verbrannt.
Wie geht es nun weiter? Als nächster Schritt steht maßgeblich die Freigabe durch die Kartellbehörde an, mit der „aufgrund gründlicher rechtlicher Prüfung im Vorfeld“ fest gerechnet werde, teilte die Wirtschaftsbehörde mit. Und auch die Hamburgische Bürgerschaft soll voraussichtlich ab Anfang 2024 zu dem Thema tagen.
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Mit dem Abschluss der Transaktion wird aber erst im weiteren Jahresverlauf 2024 gerechnet. Gleichwohl gelte bereits für die kommende Hauptversammlung der HHLA, dass Hamburg und MSC gemeinsam über die gestaltungsfähige Mehrheit verfügten und die vereinbarten Schritte, darunter die Kapitalerhöhung, angehen könnten, so Leonhard. MSC und die Stadt hatten zugesagt, das Eigenkapital der HHLA um insgesamt 450 Millionen Euro zu stärken.